»Überleben in Neukölln«

Ein Neuköllner Juwel.                                                                                                                                   Foto:pr

Neuer Film von Rosa von Praunheim

Ist Neukölln wie New York, als es noch bezahlbar war? Der Film von Rosa von Praunheim »Überleben in Neukölln« lässt das vermuten. Hier mischt sich alles: Künstler, Einwanderer, Studenten, Menschen verschiedener Identitäten und Hintergründe. Und es scheint zu funktionieren. Man lebt zusammen, ohne sich die Köpfe einzuschlagen, es entsteht sogar ein einzigartiger Raum, in dem alle leben, wie sie möchten (mehr oder weniger) und sich entfalten können (mehr oder weniger).
Praunheim zeigt in seinem Film die, die es trotz mancher Hindernisse geschafft haben, sich zu entfalten. Der Blick der Protagonisten auf Neukölln ist ein liebevoller, aber trotzdem kritischer. In »Überleben in Neukölln« lernt man Menschen kennen, die faszinierend, eigensinnig und Neuköllnerinnen und Neuköllner wie Du und ich sind.Da ist zum Beispiel Jo aus dem Reuterkiez, die 89-jährige, die nach ihrer Scheidung nach Berlin zog und hier die Frau ihres Lebens traf. Oder der russische Künstler, der ein Jahr lang jeden Tag mit einem anderen Mann schläft. Das Thema dieser Kunstaktion: Einsamkeit. Und dann sind da noch bekannte Gesichter wie das Streikfahrrad oder die Polittunte Patsy l‘Amour la Love.
Den ganzen Film über geht es um Liebe, Sexualität, Freiräume und Politik im Kiez. Alle haben Bedürfnisse und Wünsche, die ihre Berechtigung haben.
Die  Hauptfigur in dem bunten Dokumentarfilm ist Juwelia. Juwelia alias Stefan Stricker macht »Bourlesque Tittitanz« und singt: »Neukölln, Neukölln, was für ein ordinärer Trip. Früher war Bratwurst, heute ist Champagner«. Wie recht sie hat. Juwelia fährt irgendwann nach New York, wo eine Galerie ihre Bilder ausstellt. Aber New York gefällt ihr gar nicht: zu laut, zu teuer, nicht glamourös. Das schließt den Bogen zum Anfang des Films. Eine New Yorker Künstlerin, die in Neukölln lebt, sagt: »das Überleben in Neukölln ist so viel einfacher als in New York!«
Trotzdem schwebt über allem die Frage: Wie lange geht es noch so weiter? Wird die regenbogenfarbene Seifenblase irgendwann zerplatzen, wenn alles und alle weggentrifiziert sind?
Rosa von Praunheims Film ist eine Hommage an den interessantesten aller Berliner Bezirke. Es ist ein gutes Gefühl, sich vorzustellen, einer dieser Menschen zu sein, die so gerne in Neukölln überleben.

jt
Samstag, 25.11 um 20 Uhr im Wolf-Kino. Wildenbruch-/Ecke Weserstr mit Geburtstagsfeier von Rosa von Praumheim