Petras Tagebuch

Fragen an die »BSR«

Die Berliner Kranoldplätze in Neukölln und Lichterfelde-Ost sind historisch interessante Orte.
Während der Amtszeit von Viktor Ferdinand Kranold (1838 – 1922) als Präsident der Eisenbahndirektion Berlin wurden die Eisenbahnstrecke nach Lichterfelde-Ost sowie der Bahnhof Hermannstraße in Neukölln gebaut. Ihm zu Ehren erhielten die Plätze ihren Namen.
Über Lichterfelde-Ost kann ich mich nicht äußern, aber den Neuköllner Kranoldplatz besuche ich häufiger. Er sieht schon ein wenig heruntergekommen aus: Die Bäume behaupten sich halblebig zwischen den Pflastersteinen und versuchen zu überleben. In den Baumscheiben finden sich wenige Gräser, die sich stolz, aber kränkelnd über Hundekacke, leere Schnaps- und Bierflaschen, benutzte Windeln und coffee-to-go-Bechern erheben. Die Wall-Toilette ist seit Monaten kaputt und fügt sich somit gut in das morbide Ensemble. Dabei war auf dem Platz vor vielen Jahren ein durchaus lebendiger Markt, der sich bis in die Seitenstraßen zog. Heute ist dort wieder ein Markt: DIE DICKE LINDA. Klein und fein versucht er, die Morbidität zu übertünchen.
Dort traf ich an einem Sonnabend, dem Markttag, auf einen Mitarbeiter der »Berliner Stadtreinigung«. Er saß auf einer Baumscheibe und ruhte sich aus.
Immer wenn ein neuer Marktstand auf den Platz fuhr, erkundigte er sich, welches Produkt denn dort verkauft werden sollte. »Oh, Sie verkaufen Kaffee! Das passt gut, ich trinke gern Kaffee«. Oder: »Ach, Käse verkaufen Sie, da kann ich nicht nein sagen« und genoss die vom Himmel scheinende Sonne.
Ich konnte es mir nicht verkneifen zu fragen, ob er für die Sauberkeit des Platzes zuständig sei. Volltreffer! Er bestätigte meine Vermutung und klärte mich gleich auf, dass er nur für den neuen Müll, der locker herumliege, zuständig sei. Ich fragte nach: »Sind damit auch die Baumscheiben gemeint?« Auch die waren gemeint, und ich bat ihn, sich zu erheben, um mit mir einen Rundgang über den Marktplatz zu machen. Dort zeigte ich ihm jede Menge Müll und stellte überrascht fest, dass er begann, den Müll zu entfernen.
Kurze Zeit später kam er und bedankte sich bei mir, denn sein Chef sei gerade eingetroffen, um ihn zu kontrollieren und hat ihn beim Arbeiten gesehen. »Puh, das war knapp.«