Fruchtig-feine Geister für die Seele

Fräulein Brösel brennt für den sanften Schwipsgenuss

Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps – und Schnaps macht Arbeit. Wenn man ihn ernst nimmt und liebt wie die österreichischen und fränkischen Brenner, die die Elixiere herstellen, die von Fräulein Brösel seit 2013 in der Laden- und guten Gastronomieszene inzwischen diverser deutscher Städte vertrieben werden. Das Hauptquartier ihres »Schnapserwachens« ist seit einer Weile in der Friedelstraße. Dort werden gerade mal fünf Brände in drei Flaschengrößen verkauft, alle natürlich vorkostbar.

Fünf Fräuleins sollt ihr sein.                                                                                                                                                 Foto: hlb

Haselnuss, Mandel, Marille, Johannis- und Vogelbeere werden sorgfältig mit Alkohol zu milden Tröpfchen vergoren und destilliert, die (nicht nur) damenkompatibel weniger Prozente und feinere Noten haben als manch in Hals und Gaumen brennender Fusel, der sich Brand nennt. Die Haselnuss aus fränkischen und türkischen Nüssen schmeckt satt nach Nugat, die Mandel (demnächst aus mallorcinischen Mandeln) ist ein marzipaniger Gruß, die Aprikose aus der Wachau ein dezent süßer Digestif, die Johannisbeere hat cassisfruchtigen Ausdruck, und die Vogelbeere aus ebenfalls in Franken geernteten Ebereschenfrüchten überzeugt mit kräuter- und tresterartiger (H)ehrlichkeit.Das »Schnapserwachen« von Fräulein Brösel alias Stefanie Drobits (der Nachname bedeutet im Slowenischen Brösel), die in einem Dorf im Burgenland aufwuchs, ist also kein böses – allenfalls für die Geldbörse, sind die Zaubertränke mit 62 Euro pro Liter doch angemessen hochpreisig. Als Einstieg und/oder Geschenk empfiehlt sich das Probierpaket mit fünf 0,04 Liter-Fläschchen. Stefanie wählt die zu verarbeitenden Früchte persönlich aus, ist auch beim Brennen vor Ort und bürgt so für die Bröselqualität.
Die Illustratorin Annika Metze, die den morbid-verträumten Firmenauftritt samt Website/Onlineshop (wo sich auch die hübsche Geschichte des zierlichen Mädchens aus dem Wald findet, das für die alte Oma auf die Suche nach einem den Geist erfüllenden Elixier geht) und die märchenhaft beschwingten Flaschenbedruckungen entwarf, und Fotokünstlerin Kathrin Schiebler begleiten ästhetisch die geschmackvoll einfache, sich an lebensfrohe Genusstrinker wendende Geschäftsidee.
Einige handverlesene Weine ergänzen das in dem noch unscheinbaren, überschaubar kargen Ladenlokal platzierte Angebot und Erlebnis und leiten zum »Weinerwachen« über. Seit 2010 vertreibt Stefanie nämlich schon von ihr kuratierte Rebensäfte an die Gastronomie.
Ein waches, zeitgemäßes und zu Recht erfolgreiches Feinkostkonzept im Kiez. 

hlb
Fräulein Brösels Schnapserwachen, Friedelstr. 29, Mo 14 – 19, Di – Fr 11:30 – 19, Sa 12 – 19 Uhr, www.schnapserwachen.com, www.weinerwachen.com