Kaffee, Kunst und Down-under-Cookies

»Tischendorf« – Kekse für die kreative Neuneuköllner Szene

Man spricht englisch. Die obere Friedelstraße zwischen Pflügerstraße und Maybachufer ist seit Jahren schon eine der Speerspitzen des sich gentrifizierenden Nordneuköllns. Touristen wie aus aller Herren Länder Zugezogene schätzen das internationale, immer noch leicht ungeschliffene Flair dieser Meile.

»We are open« – so steht es vor dem Ende Juni eröffneten Café »Tischen-dorf« von Jutta Tischen-dorf, einer 36jährigen gelernten Architektin, die vier Jahre in Australien lebte. Sie verliebte sich dabei in die dortige Kaffeekultur, die sie nun in ihrem entspannt-atmosphärischen Laden in den ehemaligen Räumen des Dessouslabels »fishbelly« zelebriert.

FLAT white and banana bread, please …Foto: Tischendorf
FLAT white and banana bread, please …
Foto: Tischendorf

Mit ihrem »Ruby Rabbit«-Stand auf dem Neuköllner Stoffmarkt am Maybachufer kann sie seit 2010 schon mit ihren Backkünsten und Kaffeekreationen, hergestellt aus Bio-Fairtrade-Bohnen der Friedrichshainer Rösterei »Blaue Bohnen«, überzeugen. Vor allem der samtige »Flat white« mit feinem Mikromilchschaum zieht besonders Mitglieder der im Kiez rasant wachsenden australischen Community an.

In ihrem Café, dessen Schaufenster das Tischendorf’sche Familienwappen ziert und das sie mit teils ebenfalls australischen Mitarbeitern betreibt, demonstriert sie zudem ihr Händchen für »Interiors« und geschmackvolle, detailverliebte Einrichtung. In dem schönen Stuckraum mit seinen knarzigen Dielen, seinem Mobiliarsammelsurium, den auch käuflich zu erwerbenden Bildern zehn befreundeter Künstler und der Fernweh erzeugenden Landschaftsfototapete hat sie einen gemütlichen »Hang-out« zwischen Omas Wohnzimmer und Privatgalerie geschaffen, der so auch in den Szenegegenden Londons oder Melbournes sein könnte.

In der alten Kuchenvitrine werden  selbst gebackene Carrot, Cheese oder Banana Cakes, Brownies, Chocolate Biscuits oder Anzac Cookies, uraustralische »Soldatenkekse« mit Kokos und Haferflocken, feilgeboten.                 Deftigeres lässt sich etwa mit Zwiebelkuchen, Rührei mit Lachs oder pochierten Eiern mit Röstgemüse zum Latte, Cappuccino, Bier oder Wein bestellen. Dazu klingen Indierock und Popklassiker aus den Boxen, sodass viele Gäste gern die Zeit über ihren Wi-Fi-befeuerten Notebooks vergessen.

Auch wenn manch nicht so polyglotter Kiezbewohner sich hier etwas fremd vorkommen mag – this is today’s Neukölln, too!       hlb