Schönwetter-Integration bis zur Wahl

Ehrenamtliche überholen die Senatspolitik

»Wir wissen alle, dass Tempelhof kein Ort ist, an dem Flüchtlinge für viele Monate leben sollten«, und »die Realität zwingt dazu, Standards abzusenken, da für die Erstaufnahme eine große Notunterkunft (NUK) gebraucht wird«, erklärte Flüchtlings-Staatssekretär Dieter Glietsch schon am 21. Januar während der Bürgerversammlung in der ehemaligen Abfertigungshalle des Tempelhofer Flughafens.
Die niedrigeren Standards hatten etliche Bürger schon im letzten Oktober erkannt, sich zu »Openport Tempelhof« zusammengeschlossen, die »AG Village« gegründet und ein umfassendes Konzept zur menschenwürdigen Unterbringung der Zufluchtsuchenden erarbeitet. Gleichzeitig wurde zusammen mit vielen anderen Interessierten – Vereinen, Initiativen, Privatpersonen – begonnen, ein umfangreiches Integrationskonzept zu entwickeln.

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Multi-Kulti-Kick.                                                                                                                                                       Foto: (Archiv) mr

Daran zeigt inzwischen der Betreiber der NUK Tempelhof, die »tamaja GmbH«, starkes Interesse und hat sich zur AG hinzugesellt. Der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm), Abt. I, geht das Konzept entschieden zu weit. Sie akzeptiert lediglich Vorschläge für Aktivitäten, die zwischen Mai und September 2016 problemlos auf dem Tempelhofer Feld stattfinden können, wie Fussball spielen, Musizieren, Chor-Singen, Theater, Performance, Picknicks und eine Fahrradwerkstatt. Also alles Aktivitäten, die ohnehin stattfinden und kaum eines Konzeptes bedürfen. Ein Schelm, wem auffällt, dass der Zeitraum bis zur Neuwahl des Abgeordnetenhauses begrenzt ist.Nichtsdestotrotz beauftragte SenStadtUm eine Stadtentwicklungsgesellschaft, die zwischen Mitte Februar und Ende April ein Integrationskonzept erstellen soll. Dazu soll in sieben Quartieren rund um das Tempelhofer Feld in Unterkünften für Zufluchtsuchende, Initiativen und Vereinen abgefragt werden, was in puncto Integration schon erfolgt ist und was noch benötigt wird.
Auf dieses Ergebnis sind alle gespannt, da die Berliner in ehrenamtlicher Eigenregie und ohne auf den Senat zu warten schon längst integrative Aktivitäten und Projekte auf die Beine gestellt haben, die bestens funktionieren. Mit der Unterstützung von »Salam e.V.« wird derzeit zusammengestellt, welche Höflichkeitsformeln und Verhaltensweisen in den verschiedenen Kulturen von Bedeutung sind, damit das wechselseitige Verständnis gefördert wird. Da Integration in jedem Fall bei der Sprache beginnt, hat »German Now!« hunderte ehrenamtliche Helfer organisiert, die in den Hangaren, Räumlichkeiten in der Nähe und anderen Unterkünften Deutsch unterrichten.
bs / sm
thf.openport.berlin, salamkulturclub.de, germannow.de, neukoellnhilft.de, berlin-hilft.com