Petras Tagebuch

Glanz und Glimmer

Für mich war es das erste Mal, dass ich einen Opernball besucht habe. In der »Neuköllner Oper« treffen sich einmal im Jahr die Tanzwütigen bei Glanz und Glimmer. In dieser dunklen Winterzeit ist das eine erfrischende Abwechslung. Hier hat jedermann Zugang, er muss nur rechtzeitig Karten reservieren.
Entsprechend war auch das Publikum. Da waren die Schönen und Profis auf der Tanzfläche, aber auch die einfachen Leute, die im Ambiente der 20er Jahre etwas tanzen wollten. Die Gäste saßen auf Bierbänken, die komfortabel mit Sitzkissen ausgestattet waren. Das Orchester der »Neuköllner Oper« setzte zum ersten Wiener Walzer an, sofort war die Tanzfläche voll.
Völlig undiszipliniert tanzten die Paare durch den Raum. Karambolagen waren unvermeidlich. Verletzte gab es zum Glück keine, dafür massenhaft blaue Flecken. Im Laufe des Abends gelangten dann doch einige Paare zu der Erkenntnis, lieber erst nochmal einen Tanzkurs zu besuchen.Unerbittlich hingegen war ein Tanzpärchen, das offensichtlich mit den Eltern den Ball besuchte. Sie schickten das Paar immer wieder auf die Tanzfläche, wenn Walzertöne erklangen. Beide machten brav den Grundschritt. die Musik war für sie völlig überflüssig, denn Takt war nicht ihre Sache. Und so standen sie hilflos und stocksteif auf der Tanzfläche und übten, während die anderen Tanzenden an ihnen vorbei flogen.
Und ein Pärchen, das sich im Foxtrott erprobte: Sie zählte dem Partner »1, 2, 3, 4« vor. Ich rief ihnen zu: »Versucht es doch mal mit Cola, Fanta, Tick-Tack.« Danach ging es schon besser.
Wie es sich für einen Ball gehört, gab es gegen Ende des Ereignisses eine Tombola. Ich saß mit dem Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) W. an einem Tisch. Er wollte früher nach Hause, aber trotzdem an der Tombola teilnehmen, also bat er mich, den Hauptpreis für ihn zu gewinnen. Ich versprach, mein Bestes zu geben.
Ich gab mein Bestes und W. gewann aus den vielen Requisiten, die die »Neuköllner Oper« verloste, den Hauptpreis. Es war das Maskottchen des Hauses, die Hexe Hillary, eine Handpuppe für Bauchredner, die sich nun in W.‘s Besitz befindet und hoffentlich einem ehrenvollen Einsatz entgegensehen darf, sei es bei den BVV-Sitzungen oder wo auch immer.