Vorstudie zum Milieuschutz beginnt

Befragung jedes dritten Haushalts in drei Neuköllner Gebieten

Aller Anfang ist mühselig. So auch die Überprüfung von Gebieten auf die Voraussetzungen für Milieuschutz. Nachdem die Gebiete Reuterplatz und Schillerpromenade im letzten Jahr bereits zu den Voraussetzungen des Milieuschutzes untersucht wurden, soll dies nun auch in den Quartieren Flughafenstraße/Donaustraße, Rixdorf und Rollberg/Körnerpark geschehen. Aktuell wird dazu eine äußerst wichtige Haushaltsbefragung vorbereitet, die ab Ende Februar stattfinden soll. Dazu werden insgesamt 17.000 Fragebögen an die Haus- halte versendet. Das entspricht in etwa einem Fragebogen für jeden dritten Haushalt. Das Ausfüllen des Fragebogens ist freiwillig.

Der Neuköllner Baustadtrat Thomas Blesing bittet die Anwohner um ihre Mitarbeit, denn nur so sei es möglich, umfangreiche Informationen zur Wohnsituation im jeweiligen Quartier zu erheben. Im Frage- bogen, der von der »Landesweiten Planungsgesellschaft« (LPG mbH) entwickelt wurde, wird beispielsweise nach Wohndauer, der Miet- höhe, nach durchgeführten Modernisierungen an den Gebäuden und in den Wohnungen sowie nach der örtlichen Infrastruktur gefragt. Die Befragung ist anonym und wird nach der Rücksendung an die »LPG mbH« ausgewertet und anschließend vernichtet.
Hintergrund ist die Ermittlung der Veränderungen hinsichtlich der Infrastruktur, der Bevölkerung und des Wohnraumangebots. Es wird untersucht, ob die angestammte Bevölkerungsstruktur vor Verdrän- gungsprozessen, die durch bestimmte bauliche Modernisierungsmaßnahmen an Wohngebäuden und Wohnungen verursacht werden können, geschützt werden soll und kann. 
Für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung ist zu verdeutlichen, dass die ansässige Wohnbevölkerung zum einen unter Verdrängungsdruck steht und zum anderen auf die Wohnungen und die Infrastruktur im Quartier angewiesen ist. Mit der Verordnung sollen negative städtebauliche Folgeprobleme abgewendet werden, die durch eine Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung entstehen, zum Beispiel durch eine geänderte Nachfrage nach öffentlicher Infrastruktur, wie Kindertagesstätten oder Schulen oder Probleme bei der Wohnraumversorgung.
Milieuschutz ist ein städtebauliches Instrument, mit dem Modernisierungen sozial verträglich und behutsam umgesetzt werden sollen, um die Wohnbevölkerung im jeweiligen Quartier vor Verdrängungs-prozessen zu schützen. Dazu können Prüfkriterien vom Bezirksamt festgelegt werden. Prüfkriterien können beispielsweise sein: Wohnungszusammenlegungen oder -teilungen, die Umnutzung von Wohnungen in Gewerbe oder Ferienwohnungen oder auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, sowie der Abriss von Häusern oder Luxussanierungen. Kriterien werden derzeit vom Neuköllner Bezirks­amt und der Bezirksverordnetenversammlung diskutiert.
Auf die allgemeine Mietenentwicklung hat der Milieuschutz jedoch keine Auswirkungen. Verhindert wird lediglich eine Mieterhöhung aufgrund von Maßnahmen, die ohne Prüfkriterien stattgefunden hätte. Die Hauseigentümer sind ab Inkrafttreten der Milieuschutzverordnung verpflichtet, bauliche Vorhaben beim Bezirksamt zu beantragen. Maßnahmen, die unter die Prüfkriterien fallen würden, dürfen dann nicht umgesetzt werden.
Auch wenn der Milieuschutz in den genannten Gebieten umgesetzt würde, so schützt er nicht vor der Willkür frecher Hausbesitzer, die, ungeachtet aller Bestimmungen, Veränderungen an ihren Häusern durchführen möchten. An dieser Stelle sind die aufmerksamen Mieter gefragt, die die Möglichkeit haben, sich bei der kostenlosen Mieter- beratung, die eigens für die Milieuschutzgebiete eingerichtet wird, nach der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens zu erkundigen. Von alledem ist Neukölln noch weit entfernt, denn das notwendige Personal ist noch nicht eingestellt und erst nach der Veröffentlichung der Verordnung im Gesetz und Verordnungsblatt tritt der Milieu-schutz in Kraft. 

ro