Petras Tagebuch

Der Götterbote Hermes

Manchmal, und das sehr ungerne, lasse ich mich doch von der Bequemlichkeit verleiten und bestelle online. Ich habe es in dem Moment bereits bereut, als die Bestellung versendet war.
Da ist dieses nicht enden wollende Ärgernis mit der Paketzustellung. Zu oft geisterten Pakete an mich durch deutsche Lande, blieben in Rüdersdorf hängen und wurden dann wieder an den Absender zurückgesendet. Oder das Paket kam in Berlin an, aber nicht bei mir und selbstverständlich ohne Paketkarte. Wer im dritten Stock wohnt, darf nicht erwarten, dass der Paketdienst die vielen Treppenstufen läuft. Es passierte auch mal, dass ich wusste, welcher Nachbar das Paket angenommen hat, nur traf ich ihn nicht an. Das konnte sich schon mal über zwei Wochen hinziehen, bis ich das Glück hatte, einen jungen Mann zu früher Morgenstunde aus dem Bett zu klingeln. Da hatte sich die Warterei gelohnt.Diesmal jedoch sollte alles anders kommen. Immerhin war nach fünf Tagen das Paket bereits in Berlin, das nach versprochenen zwei Tagen hier sein sollte. Ich hatte die Redaktionsadresse angegeben, weil ich mir die Hoffnung machte, dass die Ebenerdigkeit die Chance auf Zustellung erhöht.
Ich befand mich nachmittags in meiner Wohnung und das Telefon klingelte: Ich stehe vor der Schillerpromenade 31, will ein Paket abgeben, aber es ist keiner da«, sagte eine Stimme. Ich war überrascht: Geben Sie es doch bitte bei den Nachbarn ab oder in der Kneipe nebenan«. Der Paketbote bedankte und verabschiedete sich.
Am Abend war ich zum Essen verabredet. Es war bereits 21 Uhr, als mein Mobiltelefon klingelte. Es war wieder der Paketbote: »Ich stehe vor Ihrer Tür und will Ihnen Ihr Paket bringen, aber Sie öffnen mir nicht.« Ich erklärte dem Mann, dass ich beim Griechen in der Emser Straße sei, das sei aber gar nicht weit weg, ob er mir das Paket nicht bringen könne? Ich teilte ihm die Adresse mit.
Nach weiteren fünf Minuten erschien der Paketdienst von »Hermes« beim Griechen, fand mich und überreichte mir das Paket.
»Sie sind der Götterbote Hermes?« fragte ich ihn. »Leider nur der Paketzusteller. Mir war es dann doch lieber, Ihnen das Paket persönlich zu überreichen.« Die Einladung zu einem Glas Wein schlug er aus, aber über das Trinkgeld freute er sich.