Petras Tagebuch

Begegnungen auf dem Fußweg

Ich könnte das Tagebuch wie im letzten Monat beginnen: »Mein Fahrrad ist geklaut worden. Das ist eine Ungeheuerlichkeit« … Und so ist es passiert. Vor Karstadt am Hermannplatz suchte ich in meiner Handtasche nach meinem Fahrradschlüssel für mein neues, es war nicht unbedingt mein Traumrad.
Als ich aufschaute, weil mir einfiel, dass ich den Schlüssel in meinem Schloss stecken ließ, war das Fahrrad weg. Gut, es scheint so, dass ich mit Fahrrädern gerade Pech habe.
Auf jeden Fall musste wieder ein neues Fahrrad her. In Anbetracht des Kontostandes wurde es ein gebrauchtes Rad.Naja, die Krönung ist es nicht, aber es fährt. Und es führte mich jüngst durch die Karl-Marx-Straße, die Richtung Süden für Fahrradfahrer bei »Kräuter Kühne« endet und zwingend das Schieben auf dem Bürgersteig bis zur Thomasstraße vorschreibt. Ich lasse mich nicht zwingen und bin natürlich auf dem Fußweg mit dem Rad gefahren.
Nach mehreren gelungenen Überholmanövern von Fußgängern, Kinderwagen und Rollstuhlfahrern erreichte ich eine Gruppe von drei pubertierenden Migranten. Die unterhielten sich lautstark über das Ordnungsamt. Ich hatte sie gar nicht verstanden, hörte immer wieder nur Ordnungsamt, Ordnungsamt und noch mal Ordnungsamt. In diesem Moment sah ich das Ordnungsamt, nämlich wie dessen Mitarbeiter in einer Diskussion mit einem Caféinhaber war und, dem Himmel sei Dank, mit dem Rücken zu mir stand.
Ich sprang mit einem Satz von meinem Drahtesel runter und wandte mich an die drei Jünglinge: »Vielen Dank für den Tipp, ohne eure Bemerkung hätte das teuer ausgehen können.«
Sie verstanden mich nicht richtig und meinten wohl, dass ich mit ihnen schimpfe. Sie plusterten sich auf und ich sah mich einem Redeschwall ausgesetzt, dem ich nur entnehmen konnte, dass sie wohl ziemlich sauer auf mich waren. Wiederholenswert sind diese Worte nicht.
Nachdem ich das Missverständnis aufklären konnte, freuten sich die drei impulsiven jungen Herren. Gemeinsam schlenderten wir am Ordnungsamt vorbei und sie verabschiedeten sich mit den Worten: »Jetzt kannst du fahren, wir lassen den nicht durch.«