Politik durch die Windschutzscheibe

Für mehr und sicherere Fahrradwege in Nordneukölln

Wer mit dem Rad im Norden Neuköllns unterwegs ist, kann Geschichten erzählen: Von lebensbedrohlichen Verkehrssituationen in der Hermannstraße, von Kopfsteinpflaster mit unerwarteten Gemeinheiten, von Beschimpfungen aller anderen Verkehrsteilnehmer.

Grüne
Susanna Kahlefeld moderiert.                                                                                                                                             Foto: fh

»Wie kann Neukölln zum Fahrradbezirk werden?« fragten die Grünen am 11. Mai im Nachbarschaftstreff Schillerkiez. Auf dem Podium diskutierten Bernd Sczepanski, Bezirksstadtrat für Soziales, Ralf Tober vom ADFC (Allgemeinder deutscher Fahrradclub e.vV), Martin Kupfer (BBV Mitglied der Grünen) und Susanna Kahlefeld, Mitglied des Abgeordnetenhauses von den Grünen.Einigkeit herrschte darüber, dass in Neukölln Politik durch die Windschutzscheibe gemacht wird. Alles, was den Autofahrer beeinträchtigt, wird abgelehnt. Sczepanski stellte fest, dass die Unfälle bei Rentnern zunehmen. Immer mehr Menschen, auch ältere, nutzen das Fahrrad. Hinzu kommt, dass Räder immer schneller werden und sich E-Bikes immer weiter ausbreiten, die mit bis zu 25 Stundenkilometern flott unterwegs sind. Der Stadtrat beklagt auch, dass für Autos immer mehr gebaut wird, wie beispielsweise der Ausbau der A 100, dem wachsenden Fahrradverkehr jedoch nicht Rechnung getragen wird. Er fordert die Diskussion über innovative Verkehrskonzepte. »Was in anderen Bezirken geht, muss auch hier möglich sein«.
Daran knüpfte Jochen Biedermann, BVV Mitglied der Grünen an. Er will Fahrradstraßen fördern und hält die Weserstraße für geeignet. Er forderte auch einen Fahrradstreifen in der Hermannstraße. In der eindreiviertel breiten Straße quetschen sich Auto- und Fahrradfahrer im Verdrängungskampf. Das begrüßte auch Kupfer, der sich als Autofahrer seine eigene Spur wünscht und die Radler auf dem sicheren Streifen sieht. Damit höre dann die Drängelei auf.
Tober beklagte das Kopfsteinpflaster im Richardkiez, das zum Teil so heftig ist, dass durchaus von einem Fahrradkiller gesprochen werden kann. Hier wünscht er sich Teilasphaltierung. Positiv merkte er an, dass die Abstellanlagen für Fahrräder ausgebaut wurden, sie reichen jedoch nicht aus.
An dieser Stelle wies Biedermann die Aussage von Baustadtrat Thomas Blesing hin, dass jeder Neuköllner, der einen Fahrradständer auf öffentlichem Gelände haben will, sich an das Bezirksamt wenden kann. Das prüfe den Vorschlag und stelle dann die Fahrradständer auch auf.
Tober sprach noch von der Möglichkeit, Parkhäuser für Fahrräder zugänglich zu machen. Seine Forderung geht sogar noch einen Schritt weiter: Er fordert die Umwandlung von Autostellflächen in Fahrradparkplätze. ro