Der Kampf hat gerade erst begonnen

Vernetzung gegen perfide Methoden von Hausbesitzern notwendig

Steigende Mieten und die damit verbundene Verdrängung der alteingesessenen Mieter sind aktuell in vielen Berliner Bezirken ein vieldiskutiertes Thema. In Nord-Neukölln hat sich der Prozess von Aufwertung und Wandel der Mieterstruktur in besonders rasantem Tempo vollzogen. Kein Kiez ist davon verschont geblieben. Die Brisanz des Problems wird auch an der Vielzahl von sozialen Trägern, die sich um Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohten kümmern, sowie den Kiez­initiativen, die sich zum Protest gegen diese bedrohliche Entwicklung formiert haben, deutlich sichtbar. Um die unterschiedlichen Gruppierungen mit Betroffenen an einen Tisch zu bringen, lud die »Stadteilgruppe44_Rund um die Hermannstraße« am 11. Dezember in die »Lange Nacht« zu einem gemeinsamen Gedankenaustausch ein.
In der Diskussion wurde deutlich, dass durch die steigenden Mieten immer mehr Anwohner gezwungen werden, zu tricksen und in illegalen Untermietverhältnissen zu leben. Die Methoden der Hauseigentümer, Mieter vor die Tür zu setzen, um Mietwohnungen in Eigentumswohnugen verwandeln zu können, werden immer bizarrer. So berichtet ein Bewohner der Fuldastraße 40, wie ihnen von dem Eigentümer unter fadenscheinigen Argumenten ein leichter kündbarer Gewerbemietvertrag untergeschoben und kurz darauf das Haus verkauft wurde. Der Nachfolger sprach sogleich allen Gewerbemietern die Kündigung aus. Der Fall wird aktuell vor dem Berliner Landgericht verhandelt.
Diesen perfiden Methoden muss auch ein dementsprechender Protest entgegengesetzt werden. Ziel der Veranstaltung war denn auch, eine bessere Vernetzung der verschiedenen Gruppen in Gang zu setzen sowie eine größere Mitwirkung an zukünftigen Aktionen zu erreichen. Denn mit rund 600 Teilnehmern fiel die Beteiligung an der »Lärmdemo gegen Verdrängung und steigende Mieten« vom 18. Oktober am Herrfurth­platz eher bescheiden aus. In der Diskussion wurde dann auch deutlich, dass sich viele Anwohner mit dem Motto der Demonstration »Zu viel Ärger, zu wenig Wut« nicht anfreunden konnten.
Als nächster notwendiger Schritt, den Protest zu kanalisieren, wurde die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle zum Austausch, zur Sammlung und Bewertung von Informationen angeregt. Eine Möglichkeit wäre, sich an die Mieterberatung im Nachbarschaftszentrum Mahlower Str. 27 anzuschließen und dort einen regelmäßigen monatlichen Treff einzurichten. Eine weitere Idee, mehr Öffentlichkeit zu erreichen, wäre die Anmietung eines Info-Stands auf dem Schillermarkt ab dem Frühjahr. Denn die Erfahrungen zeigen: Wenn der Protest auf die Strasse getragen wird, haben die Mieter eine Chance im ungleichen Kampf gegen die übermächtigen Eigentümer.

rb

Treffen der Stadtteilgruppe44: Jeden Dienstag um 20 Uhr im Nachbarschaftszentrum Mahlower Str. 27, E-Mail-Kontakt: vierundvierzig@riseup.net