Frantz Fanon als grundlegender Denker der Dekolonisation
Eine Gesellschaft ist entweder rassistisch oder sie ist es nicht. Ich kann sagen, Frankreich ist rassistisch, ich kann sagen, Europa ist rassistisch.
Aktuell kraftvolle Worte, die Frantz Fanon zur Zeit des aktiven französischen Kolonialismus zur Sprache bringt. Frankreich hatte Kolonien in der Karibik, in Afrika, in »Indochina«. Rund um die Welt ging der weiße Kolonialismus. Bis der harte bewaffnete Befreiungskampf Unabhängigkeit durchsetzte, und leider dann die neuen kolonialen Strukturen von Nord nach Süd entstanden.
Frantz Fanon ist weit mehr als ein Rechtfertiger von gewaltsamem Widerstand gegen koloniale Gewalt. Er war Arzt und als Psychologe tätig. So durchleuchtet er von allen Seiten den Zusammenhang von wirtschaftlichen Verhältnissen und den durchdringenden Auswirkungen auf die kolonisierten Menschen und die weißen Kolonisatoren. Das geht bis in die Sprache hinein, die Fanon genau unter die Lupe nimmt, um Rassismus aufzuzeigen.
Seine ökonomische Analyse ist von der marxistischen Durchdringung der kapitalistischen Ausbeutung geprägt, die zur Entfremdung der Menschen von ihrer Arbeit führt. Der Kolonialismus führt darüber hinaus zu einer Entfremdung der Menschen in den (heutigen Post-) Kolonien von ihren Lebensweisen.
Sein Hauptwerk schrieb er in Tunesien. Er mußte zuvor aus Algerien fliehen, weil er den dortigen Befreiungskampf von der französischen Herrschaft unterstützte. Er schrieb voller Kraft gegen den nahenden Tod durch Tuberkulose an.
Das Werk heißt »Die Verdammten dieser Erde«. Keine Frage, er bezieht sich auf das berühmte Lied der weißen Arbeitenden, die »Internationale«.
Fanon sagt eindeutig, dass er sich an die Menschen in der sogenannten »Dritten Welt« wendet. In einer Zeit, in der der bewaffnete Kampf gegen die europäische Übermacht stattfand, sagte er den weißen europäischen Menschen, ihr könnt euch nur selbst befreien, wir machen es euch vor.
Kolonialismus und Rassismus gehen Hand in Hand und wurzeln tief. Rassismus wurzelt auch im Bewußtsein der Menschen, die ihm ausgesetzt sind. Fanon sieht nur einen Ausweg. Zusammenschluss aller von Rassismus und Ausbeutung betroffenen Menschen.
In seiner Kritik des Rassismus bezog er den Antisemitismus analytisch ein. Sein herzlicher Ausgangspunk lautet, «Ich traf mich mit den Juden, Brüder im Unglück«, zur damaligen Zeit des Kolonialismus
Phillipp Dorstal ist es gelungen, in konkreter Weise das Gesamtwerk von Frantz Fanon in seiner Vielfalt und zahlreichen Bezügen zu anderen denkenden und handelnden Menschen zu analysieren. »Die Verdammten dieser Erde« ist ein aktuelles Manifest des Aufwachens und der Emanzipation.
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Philipp Dorestal, Denker der Dekolonisation, Zur Aktualität von Franz Fanon, Dietz Berlin 2025,183 Seiten.