Miniheim statt Brücke

Wohnboxen bieten Obdachlosen Unterkunft

Sechs kleine weißgestrichene Hütten aus Holz stehen seit Anfang des Jahres auf dem Grundstück Hertzbergstraße 9. Die rund drei Quadratmeter großen abschließbaren Mini-Häuser sollen einen Schutzraum für Menschen bieten, die kein eigenes Zuhause haben.

Klein aber sicher.   Foto: mr

Es handelt sich dabei um obdachlose Personen, die nicht in einer Notunterkunft untergebracht werden wollen, sei es weil sie sich nicht von ihrem Haustier trennen wollen oder weil sie Angst vor Gewalt oder Diebstahl haben.
Die Wohnboxen dienen als temporäre Unterkunft und bieten ein Mindestmaß an Privatsphäre. Ausgestattet sind sie mit einem Bett, Regalen und den nötigsten Einrichtungsgegenständen. Kleine Solaranlagen auf den Dächern erzeugen Strom für Licht und eine USB-Ladestelle. Die Wände sind isoliert, damit sie dem Bewohner Schutz vor der Kälte geben. Auf dem durch einen Zaun gesicherten Gelände befindet sich außerdem eine mobile Toilette, und es besteht die Möglichkeit, Müll zu entsorgen.
»Die Wohnboxen sind kein Ersatz für eine echte Wohnung, aber sie können ein Weg dahin sein«, sagte Stadtrat Hannes Rehfeld (CDU) bei der Vorstellung des Projekts am 22. Januar. Für manche Menschen sei das eine Chance, sie zurück in die Regelsysteme der sozialen Sicherung zu führen und damit eine soziale Stabilisierung zu erreichen.

Nur das Nötigste.   Foto: mr

Dabei soll eine regelmäßige Betreuung durch aufsuchende Sozialarbeit helfen, die von »My Way Soziale Dienste gGmbH« angeboten wird. Geschäftsführer Marco Schulze erklärte, obdachlose Menschen würden von den üblichen Hilfssystemen meist nicht mehr erreicht. »Wer einmal auf der Straße angekommen ist, hat keine Ressourcen mehr, sich mit Behörden auseinanderzusetzen. Der hat keine Kraft mehr, an sich selbst zu glauben. Die Hütten können ein Rettungsreifen sein, um Menschen ohne Druck zur Ruhe kommen zu lassen.«
Dadurch fällt die tägliche Suche nach einem Schlafplatz weg, und auch die eigenen Besitztümer sind geschützt. Auf dieser Basis lassen sich Behördengänge sowie die Arbeits- und Wohnungssuche viel leichter bewältigen. Zudem soll die niedrigschwellige Betreuung die Menschen gesundheitlich, psychosozial und emotional stabilisieren und sie darin stärken, ihr Recht auf Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um so die Möglichkeit einer Integration in die Regelsysteme der sozialen Sicherung zu schaffen.
Die Anforderungen, um für eine Wohnbox infrage zu kommen, sind der Wille zur Veränderung, das Verständnis, dass dort fünf weitere Personen leben und die Berechtigung, Hilfe vom Staat zu erhalten. Haustiere sind erlaubt.
Mit dem Bewohner wird ein auf drei Monate befristeter Vertrag abgeschlossen, der bei günstiger Prognose auch verlängert werden kann.
Direkt neben dem Grundstück liegt der Garten der »Kontakt- und Beratungsstelle Terra« des Unionhilfswerks, deren vielfältige Angebote von der Gartengruppe über den offenen Treff bis hin zur psychosozialen Beratung auch den Nutzern der Wohnboxen offen stehen.
Mehr als sechs dieser Minihäuser soll es hier nicht geben, zu groß sei das Risiko einer »Schwerpunktbildung«, sagte Rehfeld. Sollten sich im Bezirk weitere geeignete Grundstücke finden, würde er das Projekt aber gerne erweitern.

mr