Rostige Autos und sibirischer Schnee

Kunstverein Neukölln zeigt »Die Ästhetik der Dystopie«

In die Dystopie Ästhetik zu bringen ist eine große künstlerische Herausforderung. Chris Bierl und Friederike Hammann ist es mit den Mitteln der bildenden Kunst und Fotografie gelungen, die »Ästhetik der Dystopie« eindrucksvoll zu zeigen. Sie stellen gemeinsam im Kunstverein Neukölln aus. Ihre Werke mit unterschiedlichen Ansätzen füllen beide Räume.

Chris Bierl, Redeem And Save I, 2020/2021

Friederike Hammann stellt das Auto in den Mittelpunkt eines Werkzyklus. Chris Bierl fokussiert sich auf die sibirische Uralregion.In der hellen Stille der Ausstellungsräume entstehen nachhaltige Eindrücke. In diesem Sinne kommt es zu einer tiefen Reflexion, gleichwohl zu einem Ruhepol. Im Ausstellungskonzept wird als Ziel die »ästhetische Vermittlung gesellschaftlicher Prozesse und Zusammenhänge« betont.
Friedrike Hamann entwickelt eine beinahe abstrakte Bildsprache des »technischen Bildes«, heißt es treffend. Das Auto als »Ikone und Mythos des kapitalistisch geprägten Westens« taucht in einem kompletten Zyklus auf. Ihre Bilder sind gerastert, die Autos sind erkennbar und gehen dennoch schemenhaft unter und wirken wie verbrannt in einer Farbwelt, die an Rost und Feuer zugleich erinnert.

Einladungskarte, Motive: Friedericke Hamman, Chris Bierl.      Grafik: René Moritz

Chris Bierl zeigt Landschaftsaufnahmen. Schon zu sowjetischen Zeiten wurde massiver Raubbau an der Natur getrieben, Sperrzonen eingerichtet, in denen auch atomare Anlagen betrieben wurden. Was bleibt ist eine weite Landschaft, die sich die Natur Stück für Stück zurückerobert. In den Bildern ist sie schneebedeckt und menschenleer. In den Städten sind Menschen aus der Arbeiterklasse geblieben, die in Armut leben und dabei versuchen, so gut durchzukommen wie möglich. Autos sind nicht viele zu sehen. Im englischen Text- und Bildband, der Teil der Ausstellung ist, kommt dies deutlich und einfühlsam zum Ausdruck.
Insgesamt greifen die unterschiedlichen Motive im Zusammenwirken sehr gut ineinander und erzeugen beim Besucher bleibende Emotionen, da »Die Ästhetik der Dystopie« spürbar wird.

th
Kunstverein Neukölln, Mainzer Straße 57, noch bis 14. Januar 2024, Mittwoch bis Sonntag 14:00 bis 20:00, www.kunstverein-neukoelln.de/
Chris Bierl, A One Storied Country, Bestellverlag The Velvett Cell, https://www.thevelvetcell.com/