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Bebauungsplan für Karstadt am Hermannplatz

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan soll ein Investorenprojekt realisieren. Die beabsichtigte Nachbildung des kriegszerstörten Monumentalbaues als neue »Ikone« ist eines der Großprojekte des »Signa«-Konzerns. Aber Architektur und Nutzung müssen den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechen und sich stadtplanerisch einordnen.

Herausforderung am Hermannplatz.     Foto: Marlis Fuhrman

Im laufenden Verfahren nehmen das »Beteiligungsgremium Karl-Marx-Straße«, bezirkliche Fachverwaltungen und andere kritisch Stellung.
Aus einem übergeordneten Masterplan muss zunächst hervorgehen, ob ein Großprojekt in den gesamtstädtischen Zusammenhang passt oder nicht.
In der Darstellung der Grundlagenermittlung fehlt der nachhaltige Ansatz zu einem Umbau in der Kubatur des Bestandsgebäudes ohne weitgehenden Abriss. Vorgeschlagen wird ein städtebaulicher Wettbewerb für das Gesamtvorhaben (und nicht nur für den Hof).
Die behauptete Planerfordernis einer Neuordnung des Karstadt-Grundstückes besteht nicht. Stattdessen sei dem Kaufhaus bei entsprechender Geschäftsführung sowie baulicher Modernisierung die Wirtschaftlichkeit als Bestandsgebäude und Kaufhausbetrieb zuzusprechen.
Die beim Neubauprojekt anvisierten Nutzungen sind unklar. Ein Kaufhaus ist in UG, EG und 1. OG vorgesehen (etwa 20 Prozent der Fläche), bereits für das 2. und 3. OG nur noch Gewerbe. Die für das Bauvolumen verantwortliche überdimensionierte Büronutzung (etwa 40 Prozent) erscheint in der Zentrumslage unangebracht. Wohnen und soziale Infrastruktur sind mit zusammen etwa zehn Prozent gering angesetzt.
Die Darstellung des mutmaßlich zunehmenden Kunden- und Lieferverkehrs (bei Aufgabe des Parkhauses) ist ungenügend. Dies gilt auch für eine mögliche Beeinträchtigung beziehungsweise Gefährdung des ÖPNV durch ein Großbauvorhaben.
Städtebauliche Instrumente wie das Zentrenkonzept befürworten eine stabile Ankernutzung. Jedoch bei partnerschaftlicher Entwicklung: Ohne eine Kaufkraft abziehende und Mieten erhöhende Dominanz. Die Bemühungen aus Sanierungsverfahren, Milieuschutz und Quartiersmanagement dürfen nicht gefährdet werden.
Die geplante Bebauung erscheint unmaßstäblich in Bauvolumen und Höhe gegenüber dem umliegenden Gründerzeitbestand. Sie wurde seit 2017 trotz massiver fachlicher Einsprüche nicht reduziert. Wohnungen im Hof wären durch das Hochhaus verschattet, die Degradierung des zentralen Hermannplatzes zum Vorplatz unangemessen.
Rechtlich ist zweifelhaft, ob für einen zugesagten temporären Kaufhausbetrieb Baurecht geschaffen werden darf. Zumal ein Verkauf der Immobilie erwartet wird.

Marlis Fuhrman