Verbotenes Lesen und Schuhplattler

Trinken und Denken im »Laidak«

Seit 2012 gibt es die Schankwirtschaft »Laidak« am Boddinplatz. Das Wort Laidak kommt aus dem Slawischen und bedeutet so viel wie Taugenichts. Doch das Lokal taugt was. Als rustikale Kiezneipe bietet sie täglich von mittags bis in die Nacht ein extrem breites Angebot an Getränken zu fairen Preisen, aber auch Quiches und Kuchen. Fünf Biere vom Hahn (die Halbe ab 3,20 Euro), Weine, Cocktails, eine große Auswahl an Spirituosen, etwa Kurze aus der »Bayerwald«-Brennerei, Obstschnäpse oder hauseigener Mexikaner, aber auch Kaffee und reichlich Alkoholfreies wie Ingwerdrinks oder selbstgemachter Eistee lassen keine Wünsche offen.

Tresen frei für Thesen.    Foto: hlb

Gemütlich und ein bisschen chaotisch, mit abgerocktem Mobiliar und regalweise Büchern und Spielen (Schach!) schafft das »Laidak« eine wohnzimmerlich rumpelige Umgebung zum Abhängen, Lesen, Arbeiten, Rauchen und für angeregten Austausch. Letzteres etwa über die spannenden regelmäßigen Veranstaltungen: Konzerte, Partys, vor allem aber Lesungen, Informationsabende, Diskussionen und Filme zu politisch-gesellschaftlichen Themen wie der neuen Rechten, Antisemitismus, Militarismus, Ideologiekritik oder die Erkenntnisse von Adorno oder Marx.
Als klassische linke Kneipe sieht der oberpfalzstämmige Mitbetreiber, Politwissenschaftler, Dichter und Autor Bernd Volkert das »Laidak« allerdings nicht, und auch andere wissen die politische Ausrichtung nicht recht einzuordnen. Manchen bereitet eine proisraelische beziehungsweise islamkritische Haltung Stirnrunzeln, andere beargwöhnen, dass sich hier sogenannte »Antideutsche« treffen. Das mit dem Antideutschen wird gar nicht geleugnet; auch Anarchismus und Kommunismus treibt die Betreiber um. Letztlich geht es programmlich aber wohl um freies und kritisches Denken und Sprechen über den Tellerrand gängigen Konsenses und die Vorgaben des Herrschaftsbetriebes hinaus. Mit der sensiblen Problematik heutiger Grenzen und Tabus beschäftigt sich zum Beispiel die monatliche Reihe »Holy Cows«, wo »verbotene« Texte gelesen und besprochen werden können.
Es kann aber auch zünftig, lustvoll und ganz deutsch zugehen. So trat vor einigen Wochen eine mittelfränkische Schuhplattlergruppe auf und sorgte mit Akkordeon, Damen in Dirndln und begleitender Weißwurstvesper für stundenlange, ausgelassene Kirchweihstimmung. Das »Laidak« ist also immer für eine Überraschung gut – für gepflegtes Trinken aber eine verlässlich gute Institution im Boddinkiez.

hlb
Schankwirtschaft Laidak, Boddinstr. 42, Mo – Sa 14 – 1 Uhr, So ab 10 Uhr, laidak.net