Abholzung gegen den Willen des Bezirks

Senat zieht Entscheidung über Bebauung des Emmauswaldes an sich

2019 hat der Berliner Senat eine »Klimanotlage« ausgerufen. Bis Ende des Jahrhunderts prognostizieren Klimaforscher eine Erwärmung der Stadt Berlin um bis zu vier Grad.
Neubauprojekte auf Kosten bestehenden Stadtgrüns sind daher in der Stadtgesellschaft besonders umstritten. Das gilt auch für die geplante Bebauung des stillgelegten Teils des früheren Emmaus-Kirchhofs südlich der Berliner Ringbahn, gegen die die Anwohner seit Monaten kämpfen.

Noch Wald, bald Beton?.      Foto: Initiative Emmauswald bleibt

441 Eigentumswohnungen will das private Wohnungsbauunternehmen »Buwog«, ein Tochterunternehmen der »Vonovia«, auf dem 3,9 Hektar großen Gelände errichten, mitsamt Tiefgaragen und befestigter Durchwegung. Dafür müsste ein Großteil der Bäume und Vegetation gerodet werden. Auf der dem Wald vorgelagerten Brache sollen zudem rund zweihundert geförderte Mietwohnungen entstehen.
Inzwischen haben die Berliner Forstbetriebe festgestellt: Das, was hier wächst, ist ein Wald, der größte Neuköllns, bestehend aus Linden, Eichen, Ahorn und Kastanien, darunter eine Reihe besonders wertvoller und prägender Bestandsbäume, die als erhaltenswert eingestuft wurden.
Und da Neukölln im Berliner Vergleich als ausgesprochen arm an Waldflächen anzusehen sei, würde sich der Verlust dieser Waldfläche voraussichtlich besonders negativ auf das Stadtklima auswirken, heißt es im Gutachten der Forstbetriebe.
Diese Ansicht vertritt auch die Initiative »Emmauswald bleibt«. »Wir sind nicht gegen den Bau von Wohnungen, sondern nur gegen den Bau unbezahlbarer Eigentumswohnungen auf dem Emmauswaldgelände«, sagt Judith, eine der Aktivistinnen, und weist auf den Leerstand in der benachbarten Wohnanlage hin. Außerdem gebe es für die Brache, die für den Mietwohnungsbau vorgesehen sei, bereits Baurecht. Aber die »Buwog« bestehe darauf, das komplette Gelände zu bebauen.
Ein Mittel, das den Bezirken bleibt, um solche Biotope zu schützen ist, sich zu entscheiden, keinen Bebauungsplan aufzustellen. Genau das hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) getan und der Bebauung nicht zugestimmt.
Auf Drängen der »Buwog« hat der Berliner Senat mittlerweile das Verfahren dem Bezirk entzogen, um den Bebauungsplan schnellstmöglich abzuschließen und den Wald zu roden. Die Realisierung des Projektes liege im Gesamtinteresse des Landes Berlin, heißt es seitens der Senatsverwaltung. »Der B-Plan wird also im Abgeordnetenhaus verhandelt, dem Bezirk ist damit ein unmittelbarer Einfluss auf das Verfahren entzogen. Er kann sich lediglich im Rahmen eines erneuten Beteiligungsverfahrens zur Planung äußern und Stellung dazu nehmen«, sagte Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) in seiner Antwort auf eine mündliche Anfrage von Georg Frankl (Linke) in der BVV am 20. September.
Biedermann hält das Verfahren für einen Fehler. »Das Ringen um die richtigen Entscheidungen gerade in stadtplanerischen Fragen mag aufgrund der Vielfalt der Interessen mitunter zäh und langwierig sein, es muss aber meiner Meinung nach vor Ort in den Bezirken verhandelt werden. Durch das Ansichziehen des Senates wird weder die Akzeptanz für Neubau noch für demokratische Prozesse gestärkt.«

mr