Reserva statt funky Adventure

Chilenischer Spaß im Glas in der »Lola Weinbar«

Seit April findet sich in der Pannierstraße, wo zuvor die »Jane Doe Bar« und davor das »Cafe Futuro« und das »Rita« waren, die Weinbar »Lola«. Noch eine Weinbar im Kiez? »The Rad«, »Mosto«, »Le Balto«, »Vin Aqua Vin«, »Motif Wein«, »jaja«, »Sacrebleu!«, »TREAT«, »Liesl« – die Liste an kultivierten, gut kuratierten Neuköllner Weinläden mit Gastronomiebetrieb lässt sich munter fortsetzen. Hinzu kommen noch die zahlreichen guten Weinhandlungen.

KATZE lässt das Saufen nicht.    Foto: hlb

So hat seit Oktober der Onlineshop »MORE Natural Wine«, gegründet von Anika und Chris, den einstigen Machern der »Oooh, Berlin!«-Kiezführer, sein festes Verkaufsgeschäft in der Flughafenstraße und bietet eine Auswahl seines immensen Sortiments von fast 1.000 Naturweinen an, bezogen von diversesten Produzenten, Lieferanten und Weinexperten und subjektiv eingeteilt in die Kategorien »Fun«, »Adventure« und »Nerd«.
Ebenfalls im Oktober 2022 eröffnete die »Bar Sway«, die europäische Naturweine, Snacks wie gegrillte Käsesandwiches, Dosen-Sardinen oder Salami sowie Mucke vom Plattenspieler bietet. Die befreundeten Gründer, aus der DJ-, Musiker- oder Modewelt kommend, schufen ein wohnzimmerartiges und doch designbewusstes Lokal für ihr kreatives internationales Umfeld. Alle Weine, einige auch glasweise bestellbar, sind Zero-Zero: Naturweine aus biologischem Anbau ohne Zusatzstoffe und von Winzern jenseits des Mainstreams.
Nun also auch noch das »Lola«, benannt nach der geliebten Katze des freundlichen Inhabers Nadim, verewigt auch im Ladenlogo. Nadim ist allerdings kein großer Fan des Zero-Hypes mit seinen teuren »funky Weinen in Pumuckl-Gläschen«, bei ihm kommen neben ein paar Naturweinen vornehmlich traditionell ausgebaute Tropfen in die Gläser, 0,2 Liter für ab sechs Euro. Der Fokus liegt dabei auf deutschen Klassikern wie Rieslingen von der Mosel, vor allem aber chilenischen Weinen, angeregt durch Nadims Freund Dirk, Weinhändler und Halbchilene. Chile könne sich von Terroir und Gewächsen und damit von der Qualität her durchaus mit den europäischen Weinländern messen, ist Nadim überzeugt.
Gut je ein Dutzend rote und weiße Weine werden offen angeboten, in der Flasche sind rund 90 Posten (ab 20 Euro) erhältlich, an die 130 sollen es noch werden. Diese lassen sich in gemütlich-ungekünstelter Atmosphäre im liebevoll mit altem Holzmobiliar eingerichteten Gastraum bei Kerzenlicht und zu entspannter Songwriter-Musik genießen – oder im Sommer draußen auf der Straße, mit Sonnenuntergangsblick auf die Laubenpieper-Kolonie »Freie Stunde« gegenüber. Da das »Lola« auch Weinhandel ist, lässt sich einfach auch mal eine Flasche mitnehmen.
Diese Lola ist nicht überambitioniert, rennt keinem Trend hinterher und setzt dennoch seine eigene, südamerikanisch gefärbte Fahne in die hiesige Weintrinklandschaft.

hlb
Lola Weinbar und Weinhandel, Pannierstr. 12, Mi – Sa ab 16, So ab 15 Uhr, Instagram: lola_weinbar