Licht in die Muster des Nazikomplexes bringen

Untersuchungsausschuss geht mit scharfer Lupe vor

André Schulze, Bündnis 90 Die Grünen, fasst es so zusammen: »Von einem Polizeikomplex können wir zumindest noch nicht reden. Wir brauchen dazu mehr Akteneinsicht. Außer Frage steht, dass es einen Nazikomplex gibt, und der beschränkt sich nicht auf Neukölln.« Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses ist zur Zeit bereits viel weiter gekommen, als sonstige polizeiliche Ermittlungen bisher ergeben haben.

Konsequenzen gefordert.     Foto: pm

»Wir haben die vom Naziterror Betroffenen eingeladen, außerdem externe Expertinnen und Experten. Die Muster sind ans Licht gekommen.« »Die Nazis verfolgen eine Nadelstichtaktik. Immer wieder schlagen sie gezielt zu, und sie fühlen sich von den Strafverfolgungsbehörden offenbar recht unbehelligt. Sie greifen Menschen in ihrem Wohnumfeld an«, hebt Schulze hervor. Die Experten und Expertinnen der »Mobilen Beratung gegen Rechts« und des »Berliner Registers« unterstreichen das. Kati Becker erklärte dem Ausschuss: »Die Menschen wurden angegriffen, weil es leicht war, das zu tun«, sagte Becker.
Zu den Opfern gehört Feret Koçak (Die Linke). Sein Auto wurde in Brand gesteckt, vor dem Haus, in der er mit seiner Familie lebt.
Da er rechtzeitig nach Hause kam, konnte verhindert werden, dass der Brand auf das Haus übergriff. Die Sicherheitsbehörden hatten ihn zuvor nicht gewarnt, dass er bereits von Neonazis ausgespäht wurde. Anne Helm (Die Linke) geriet ebenfalls ins Visier und wurde mit Mord bedroht. Sie stellte fest: »Die Neonazis versuchen, wie weit sie in einem multikulturellem Bezirk wie Neukölln gehen können.«
»Die externen Expertinnen und Experten haben deutlich gemacht, dass sich der Naziterror nicht auf Neukölln beschränkt, sondern ein größeres Ausmaß hat. Das »Berliner Register« hat die Straftaten in Verbindung gebracht. Die Quelle liegt in Oberschöneweide und wurde von der Kneipe »Zum Henker« aus angestoßen. Bei der Polizei sind immer unterschiedliche Ermittlungsteams tätig, es gibt für die Opfer also wechselnde Ansprechpersonen. Einen größeren Zusammenhang haben die Strafverfolgungsbehörden bislang nicht hergestellt, auch nicht das Landeskriminalamt, soweit wir das bisher sagen können, das leisten die zivilgesellschaftlich aktiven Menschen. Ihre Berichte haben uns einen großen Schritt weiter gebracht«, sagt André Schulze.
Der Untersuchungsausschuss hat bisher seitens der Innen- und Justizverwaltung des Senats nur eine mangelhafte Akteneinsicht mit vielen Schwärzungen erhalten. »Im Januar treffen wir uns daher mit entscheidenden Leuten aus der Verwaltung, damit das besser wird«, so Schulze. Der Ausschussvorsitzende Florian Dörstelmann (SPD) setzt auf diese Gespräche große Hoffnung. »Unsere bisherigen Ermittlungen haben die Muster deutlich gemacht, jetzt brauchen wir weitere Informationen.« André Schulze ergänzt: »Wir wollen auf parlamentarischem Weg erreichen, dass sich alle bisherigen Pannen der Ermittlungsbehörden nicht wiederholen und für die demokratisch aktiven Menschen mehr Sicherheit geboten wird. Der Freispruch von Tilo P. vor Gericht ist ein Rückschlag.«

th