Über Neuwahlen und Rassismusmotive

Misstrauische Anfragen in der Oktober-BVV

Nicht nur die Berliner Schulkinder haben Probleme mit der Mathematik, auch bei den Neuköllner Linken ist da noch Luft nach oben. Diesen Eindruck macht zumindest ihre mündliche Anfrage in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 19. Oktober, in der nach dem »miserablen Ergebnis« eines elfstündigen Verbundeinsatzes von Polizei, Zoll und Ordnungsamt am 14. Oktober, an dem 100 Einsatzkräfte beteiligt waren, gefragt wird. »66.000 Einsatzstunden für 85 Anzeigen« heißt es in der Überschrift.

Einsatz.      Foto: mr

Bei dieser Stundenanzahl hätten die Einsatzkräfte 27,5 Tage ohne Pause arbeiten müssen, meinte Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) – in seinem früheren Leben Mathelehrer – etwas süffisant. Zudem sei das Ergebnis nicht miserabel, sondern es sei »ernüchternd und besorgniserregend«, dass derartig viele »Verstöße gegen die geltende Rechtsordnung« festgestellt werden mussten.
Welche Unregelmäßigkeiten es bei der letzten Wahl gegeben habe und wie der Stand der Vorbereitungen für eine mögliche Neuwahl sei, wollte die AfD in einer Großen Anfrage wissen.
Insgesamt habe es 14 Vorfälle gegeben, zehn davon betrafen Wahllokale, die nach 18 Uhr schlossen, woraus aber nicht abgeleitet werden könne, dass die Wahlen in Neukölln nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden, antwortete Martin Hikel. Für den Fall einer kompletten Wiederholungswahl werde das Bezirksamt erneut 194 Urnen- und 152 Briefwahllokale einrichten. Die dafür notwendigen Materialien können aber erst bestellt werden, wenn die Senatsverwaltung grünes Licht gibt. Das gelte auch für die Anwerbung der rund 3.000 Wahlhelfer.
Die CDU-Fraktion brachte einen Missbilligungsantrag gegen Gesundheitsstadträtin Mirjam Blumenthal (SPD) ein, weil sie ihr vorwirft, die BVV belogen zu haben. Blumenthal soll den Leiter des Gesundheitsamtes aufgefordert haben, ein Werbevideo, in dem Jugendliche über Corona informiert wurden zu löschen, weil der daran beteiligte Rapper ein Mitglied eines Neuköllner Clans sei. Auf die Frage von Elfriede Manteuffel (CDU) in der Mai-BVV, ob diese Verwandtschaft Grund für die Löschung des Videos sei, antwortete sie jedoch kurz und bündig mit »Nein«. Eine glatte Lüge, erklärte CDU-Fraktionschef Gerrit Kringel. Zudem sei diese Vorgehensweise »stigmatisierend und rassistisch«.
»Wenn jemand wegen seiner Verwandtschaft zu jemandem ausgeschlossen wird, dann ist das Sippenhaft. Wer mit dem »Clan«-Begriff hantiert, schürt Rassismus«, sagte Ahmed Abed (Die Linke). »Aber der Antrag der Neuköllner CDU ist an Heuchelei nicht zu überbieten«, führte er weiter aus und holte zu einem Rundumschlag gegen den früheren Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) und Bezirksbürgermeister Martin Hikel aus, deren Politik er ebenfalls als rassistisch brandmarkte. Da er sich trotz mehrfacher Ermahnung weigerte, zur Sache zu reden, entzog ihm der BVV-Vorsitzende Lars Oeverdieck schlussendlich das Wort.
SPD und Grüne wiesen den Vorwurf zurück. Sie sehe darin eine Kampagne der CDU, den Ruf der Stadträtin zu beschädigen, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Cordula Klein. »Dass ausgerechnet die CDU Neukölln einer so profilierten Kämpferin gegen Faschismus und Menschenfeindlichkeit rassistische Motive unterstellt, ist absurd.«
Mit den Stimmen der SPD und Grünen wurde der Antrag abgelehnt. CDU und AfD stimmten dafür, die FDP enthielt sich, die Linke nahm an der Abstimmung nicht teil.

mr