Zu Loretta oder nach Palermo?

Gepflegtes Trinken in zwei »neuen« Reuterkiezbars

Nachdem sich das Musiklokal »Lagari« aus seinen Standorten im Reuterkiez zurückzog (und Wirt Peter ins »Valentin Stüberl« weiterwanderte), klafften für Kneipenfreunde schmerzliche Lücken. Zum Glück fand sich in der Reuterstraße ein neuer, sehr freundlicher Betreiber, der um die Ecke wohnt und bereits bald 35 Jahre Gastroerfahrung, etwa aus Kreuzberger Lokalen wie dem »Intertank« oder »Sol y Sombra«, mitbringt. Mit seinem Team wurde im einstigen »Zum lustigen Alfons« aufgeräumt, gestrichen, dezenter illuminiert und doch der alte Charme des Lokals bewahrt.

NETTER trinken im »Loretta«.    Foto: hlb

Die »Loretta Bar«, benannt nach einer guten Freundin, soll eine günstige, gemütliche Kiezbar sein, die einfach »gute Sachen« flüssiger Art anbietet. In der Tat werden die Preise »am unteren Limit« gehalten, wenn auch die (all)gemeine Preisschraube bald 3,60 Euro für das 0,4er Helle oder »KöPi«vom Fass erforderlich machen wird. Dann halt mal auf einen soliden Longdrink mit ausgewählten Spirituosen oder Wein zurückgreifen oder eine Zigarette weniger rauchen.
Die Einrichtung nach dem Prinzip »Was rein passt, passt rein«, erfreut mit liebevollen Details, einem Pferdchen hier, einer alten Lampe da, und der alten grünen Alfons-Ente im Fenster. Besonders und für geistige Anregungen und Entdeckungen gut sind die vom Team zusammengetragenen und an die Wände collagierten Fotos, Magazinbilder, Comic­ausschnitte, Kunstabbildungen oder Landkarten. Ein familiärer »Runterkommort« in Grün und mit viel Holz für gute Gespräche bei ordentlichen Drinks und angenehmer Musik.
In der parallelen Nansenstraße entstand jüngst mit der »Bar Palermo« (nicht zu verwechseln mit der ähnlich gefährlich-gut klingenden, aber geschlossenen Hotel-«Palermo Bar« am Kudamm) eine ungezwungene Spätkneipe mit charmant gestyltem Wohnzimmerfeeling. Gelassener und flexibler Service, der die Gäste auch mal spontan den DJ machen lässt, und ausgelassenes, tendenziell eher jüngeres Publikum in Clublaune gibt altbewährter Berliner Lokalkultur hier einen frischen Twist. Denn letztlich möchte das Palermo-Team auch nur »ehrlich Bier verkaufen« (für noch 3,50 Euro/0,4 Liter Hauspils) – aber natürlich auch anständige Schnäpse, Cocktails und Weine.

GUT palavern im »Palermo«.   Foto: hlb

In der schwarz-rot dominierten Raucherbar (plus goldgestrichenen Kacheln auf dem Klo) treffen zum Wochenende unter der Discokugel bis in die Morgenstunden Spaß und lebendige Geselligkeit auf einen Hauch Coolness. Und der alte »Lagari«-Veranstaltungskeller treppab wird sicherlich auch bald wieder kreativ belebt und bespielt werden. Glauben wir dem Palermo-Chef gern, wenn er als Motto ausgibt: »Eine Legende ist geboren!«

hlb
Loretta Bar, Reuterstraße 45, Di – Sa ab 18 Uhr
Bar Palermo, Nansenstraße 31, Do 20 – 3, Fr/Sa 21 – 5 Uhr