Vier und mehr Ecken für den Jieper

Imbissen von Biospargelpizza bis Ananasburger am Böhmischen Platz

Pizza geht immer – daher scheinen neue Pizzerien gerade wieder im Kiez wie Pizze aus dem Boden zu schießen. Mal mit eher liefer­orientiertem Standardprogramm wie in »Luigis Pizzeria« in der Kienitzer Straße 92, mal mit ganz auf ausgewählte Fladen fokussierter Vor-Ort-Gastro­nomie wie im »Gran Casino«, das den traurigen Leerstand nach dem »Pizza a Pezzi« am sonnigsten Eck des Reuterplatzes vor kurzem endlich beendete. Mit rund zehn Pizzen in fluffiger neapolitanischer Backweise, auch vegan, mit Friacelli-Stängelkohl und/oder reichlich Büffelmozzarella, sowie lokalen Craftbieren (Weddinger Eschenbräu-IPA!) vom Fass und Antipastiauswahl bringt sich das »Casino« in eine klare Position.

Vier Ecken.    Foto: hlb

In der Sanderstraße 5 überrascht und mitkonkurriert das kleinere »Caputo« mit Trattoriaoptik und durchaus stattlichem italienischem Feinkostgeschäftangebot. Dass es hier – wie auch bei »Luigi« – zwar einen Steinofen, aber nichts Schweinefleischiges und keinen Alkohol gibt, relativiert die Authentizität, doch mit Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, Portafogli (gefalteten Pizzataschen) und üppigen Pastagerichten könnte das »Caputo« sich behaupten.
Am Böhmischen Platz allerdings geht es für Pizzaphile deutlich zeitgemäßer und mit besserem Karma zu. Seit einem Jahr fabriziert und verkauft hier das »Vier Ecken« (natürlich eckige) Pizza und -stücke im römischen Stil, aus (wie beim Dinkel- 24 Stunden) lang geruhtem und dann mehrfach gebackenem Teig. Auf den knusprigen Boden kommen frische, möglichst regionale, saisonale und durchweg vegetarische Bioprodukte – zur Zeit natürlich auch Spargel – die nicht nur optisch geschmackvoll kombiniert werden. Ob als Mittagstisch, ins »Rotbart« gegenüber geliefert oder direkt im Laden vom Brett gegessen (Müllvermeidung liegt hier auch am Herzen) und vielleicht noch mit einem der selbstangesetzten Öle verfeinert – das »Vier Ecken« macht Pizza von heute. Und zum Mitnehmen übrigens Tiramisu im Glas.

POMMES – immer seasonal und vegetarisch.     Foto: hlb

Ein für uns Ältere nostalgisches Imbisserlebnis bewahrt wenig weiter der »Schudomaer Grill Imbiss«. Hier gibt es sie, die deftige Sättigung bundesdeutscher und Berliner Schule seit der letzten Nachkriegszeit: Currywurst mit/ohne (Darm), aber natürlich mit Pommes oder wahlweise Kartoffel-/Nudel-/Bohnen-/Gurkensalat, Buletten, Fleischspieße und halbe Hähnchen. Gebrutzelt, um aus der Küchendurchreiche direkt für den Verzehr an der schmalen Stehbank innen oder im TV-Hinterzimmer, an den Plastiktischchen draußen oder daheim gereicht zu werden, wird aber auch Internationales wie Cevapcici oder »Chinesische Bratnudeln mit Hühnerfleisch«. Noch mehr Exotik bringt der Hamburger mit Ananas an möglichst schon hawaiitoasterfahrene Gaumen, Tagesgerichte wie Leberkäse oder Kohlroulade bringen da wieder kalorienreiche heimische Erdung. Der Kenner empfiehlt Bier dazu, von dem es hier auch kräftige polnische Varianten gibt. Mit seiner Deko aus Imbisswerbetafeln, fast vergessen geglaubten Beispielen einstiger Speisefotografie und nachbarschaftlichen Liebesbriefen von Stammgästen an den Wänden wirkt der »Schudomaer« fast wie aus der Zeit gefallen. Möge er aber noch lange seine kleinen Sünden brutzeln.

hlb
Vier Ecken – Seasonal Pizza, Böhmische Str. 14, Di – Fr 12 – 22, Sa/So 18 – 22 Uhr, www.vier-ecken.de
Schudomaer Grill Imbiss, Schudomastraße 9, tgl. 11 bis 21:30 Uhr, sonntags ab 14 Uhr, Tel. 6855214