Mit voller Härte durch die Pandemie

Ein Gastbeitrag von Maria Glänzel

Berlin war von je her ein raues Pflaster, und Obdachlose hatten es nie leicht, sich über Wasser zu halten.
Zu Pandemiezeiten treten die politischen Versäumnisse der letzten Jahrzehnte zu Tage und es trifft die Menschen ohne ein Dach über dem Kopf mit voller Härte.

Kein »weiter so«!       Foto: Sonja Lawin

Neulich hatte ich mich mit einem jungen Mann in der S-Bahn unterhalten und ihm ein ausrangiertes Portemonnaie geschenkt. Er kramte prompt in seiner Hosentasche und zog seinen Impfnachweis raus, welcher in einer extra Schutzhülle vor Nässe gesichert wurde. Er meinte, dass er nun einen sichereren Ort dafür habe und erzählte mir kurz, wie sich die Bedingungen seit Corona für ihn verändert hatten.
Zum einem gingen die Menschen von sich aus mehr auf Abstand und geben weniger ab, zum anderen wird der Umgang der Sicherheitskräfte gegenüber Obdachlosen in den öffentlichen Verkehrsmitteln konsequenter und mutet immer diskriminierender an.
An der nächsten Station musste er raus und zog weiter.
Mir ist es selbst aufgefallen, dass seit zwei Jahren gezielt Obdachlose aus den Abteilen der öffentlichen Verkehrsmittel verwiesen werden, wenn sie im Warmen versuchen, ein bisschen zu ruhen und sich aufzuwärmen. Dabei scheinen die meisten Obdachlosen sich in den öffentlichen Verkehrsmitteln trotz sehr beschränkter Mittel bemühter an den Infektionsschutz zu halten als andere Leute. Hingegen habe ich es seit zwei Jahren nicht erlebt, dass Menschen, die provokant ohne Maske Bahn fahren, durch das Sicherheitspersonal verwiesen wurden.
Berlins neue Sozialsenatorin Katja Kipping (Die Linke) hat die Beseitigung der Obdachlosigkeit zu hoher Priorität erhoben. Die neue Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), hob das in ihrer ersten Regierungserklärung hervor und betonte, der Senat arbeite ressortübergreifend. Dann ist es also jetzt an der neuen Verkehrssenatorin Bettina Jarrasch (Bündnis 90/ Die Grünen), Diskriminierung von Obdachlosen in den Öffentlichen Verkehrsmitteln aufzuheben.
Sehr zu Recht sieht die Berliner Obdachlosenhilfe e.V. Mobilität als Grundrecht an und setzt sich für die kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ein.
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