Schwarzfahrer gehören nicht in den Knast

Ein Gastbeitrag von Maria Glänze

Die Aktion »Freiheitsfonds – Raus aus der JVA« hat es geschafft, bis Weihnachten 113 Menschen vor einer Haftstrafe zu bewahren, die sie wegen Fahrens ohne Fahrschein hätten ableisten müssen.
Fahren ohne Fahrschein gilt in Deutschland als Erschleichen von Leistungen nach Paragraph 265a StGB und wird mit bis zu einem Jahr Haft geahndet.

Schwedische Gardinen.    Foto: mr

Dieses Gesetz wurde 1935 beschlossen, um die Gesetzeslücke für »Betrug am Automaten« zu schließen und die Interessen der privaten Automatenbetreiber gegenüber denen der Bevölkerung zu schützen.
Damals wie heute sind Haftstrafen für kleine Vergehen absurd und kosten den Staat Unmengen an Steuergel­dern, zudem befinden sich die Verurteilten in einer weiteren sozialen Abwärtsspirale, aus der sie nur schwer alleine entkommen können.
87 Prozent der so genannten Täter sind arbeitslos, hinzu kommen häufig Obdachlosigkeit und psychiatrische Erkrankungen.
Wenn man sich keinen Fahrschein leisten kann oder psychisch nicht in der Lage dazu ist und dennoch Termine wahrnehmen muss, um nicht weiter durch das soziale Netz zu fallen, nimmt man dieses Risiko in Kauf. Es ist ein Abwägen, vielleicht erwischt zu werden oder, wenn man Termine nicht wahrnimmt, auf jeden Fall Leistungen gekürzt zu bekommen.
Mit einer Geldstrafe, die viele erst recht nicht bezahlen können, häufen sich Gerichtsverfahren und irgendwann Haftstrafen an. Mit einer Haftstrafe wird es im Anschluss extrem schwierig, eine Anstellung zu finden. Der Kreislauf wiederholt sich.
Den Berliner Senat kostet ein Hafttag 150 Euro pro Person, die Verfahrenskosten sind exklusive. Die Gefängnisse sind überfüllt und die Gerichte überlastet. Private Unternehmen tragen zu dieser Überlastung bei, weil sie auf die drei Euro für einen Fahrschein bestehen. Soziale Verantwortung scheint ein Fremdwort zu sein.
Durch »Freiheitsfonds« wurden dem Staat in kürzester Zeit durch Spendengelder 1,4 Millionen Euro eingespart.
Anstatt dieses Spiel der Verurteilungen weiter mitzuspielen, könnte der Berliner Senat beispielhaft vorangehen und das Sozialticket kostenfrei abgeben. Gleichzeitig ist es in seiner Verantwortung, sich für die Abschaffung eines menschenunwürdigen Paragraphen aus der Zeit des Nationalsozialismus auf Bundesebene einzusetzen.

www.freiheitsfonds.de
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