Ketchup-Effekt ohne Krönung

Torflaute beendet – Punkte gab es dafür aber wieder nicht

Es lief die 53. Spielminute – der »imaginäre Zeitmesser« aber hatte längst die Zehn-Stunden-Marke überschritten: So lange war der »SV Tasmania« in der Regionalliga Nordost ohne eigenen Torerfolg geblieben. Mit all den damit verbundenen Nebengeräuschen – heißt: Gewinnen ist erst mal nicht, und zumindest einen Punkt gibt’s eben auch nur, wenn die Abwehr hinten dicht hält. Schwer genug für den Aufsteiger: So sollten am Ende nur zwei Pünktchen aus den letzten sieben Spielen des Jahres 2021 gelingen.

Der Kampf ums Tor.      Foto:Hagen Nickelé

Auch zum Abschluss bei der zweiten Mannschaft von »Hertha BSC« sprach nichts dafür, dass »Tas« wenigstens den Torfluch würde beenden können. Die Gastgeber führten nach nicht mal einer Viertelstunde bereits 2:0 – und auf der anderen Seite hatte der mutterseelenallein auf den gegnerischen Torwart zulaufende Nigel Bier den zwischenzeitlich möglichen Ausgleich verpasst. Aber: aufgeben ist nicht. So versuchte die Mannschaft von Abu Njie auch im zweiten Durchgang ihr Glück nach vorne gegen die defensiv wahrlich nicht starke Hertha-Reserve – und siehe da: Pass in den Strafraum, und der freie Bier versenkte die Kugel zum Anschlusstor im Netz. Der zahlreich erschienene Tasmania-Anhang im Olympiapark feierte den Treffer mit »Auswärtstor!«-Rufen. Kaum waren diese verhallt, folgte die nächste Eingabe diesmal von rechts in den Strafraum, wo Thomas Brechler sie mit der Hacke (!) zum 2:2 im Tor unterbrachte. Plötzlich ging alles: Nachdem ein Verteidiger den Ball gegen Biers Rücken geschossen hatte, senkte sich die Kugel von dort über den verdutzten Torwart zum 2:3 in die Maschen. Kollektive Ekstase: nach 620 Minuten ohne Tor gleich drei innerhalb von 420 – Sekunden!
Es war also ein wenig so, wie der schwedische Stürmer Rade Prica (u. a. Hansa Rostock) einmal seine Erfolglosigkeit beschrieb: »Ich bin wie eine Flasche Ketchup: Erst kommt gar nichts, und dann alles auf einmal« (sprach’s, und traf viermal in drei Spielen). Im aktuellen Fall blieb das komplette Happy-End allerdings aus: Hertha II gewann letztlich noch mit 5:3. So muss Tasmania beim nächsten Spiel zuhause gegen »Chemie Leipzig« (30.01.) erneut einen Anlauf nehmen. Die Fans aber brachten an jenem Freitagabend noch live ein Ständchen via Handy in der »Saturday Morning Sport Show«– für »ABC Radio Tasmania«, auf der anderen Seite der Welt.

Hagen Nickelé