Hermannplatz: Eine Hassliebe

HERMANNPLATZZeichnung: Josephine Raab

Ein Knotenpunkt im Wandel

Für die Anwohner Neuköllns und Kreuzbergs ist der Hermannplatz von zentraler Bedeutung, ob für Nahversorgung, Dienstleistungen und Kundgebungen oder als Treff- und Verkehrsknotenpunkt.
Auf dem Platz spiegelt sich daher auch die breite Diversität der Bevölkerung der benachbarten Bezirke wider: Menschen aus verschiedensten Gesellschaftsschichten, Kulturen und Diaspora Communitys mit deren Vielfalt an Bedürfnissen, ob nach öffentlichem Aufenthaltsraum oder einem breiten Angebot an Einkaufsmöglichkeiten, um nur einige zu nennen.
Der Platz spielt auch gesamtstädtisch eine sehr wichtige Rolle mit seinen zwei U-Bahn- und sieben Buslinien – und künftig auch der Endhaltestelle der Verlängerung der M10-Tramlinie – sowie regem Fahrrad-, Fußgänger- und motorisiertem Individualverkehr.
Stadtplanerisch gesehen ist der Hermannplatz – zusammen mit den umliegenden Hauptstraßen – eines von sechs sogenannten Hauptzentren der Stadt, die laut dem »Stadtentwicklungsplan Zentren 2030« zu stärken und zu qualifizieren sind.
Mit der Erfüllung so vieler diverser Aufgaben und Interessen sind Konflikte und unterschiedliche Meinungen natürlich schon programmiert. Wie kann der Hermannplatz umgestaltet werden, um allen Benutzern besser gerecht zu werden, und gerüstet zu sein für die Herausforderungen von morgen? Eine Frage, die jetzt an Bedeutung gewinnt, weil die österreichische »Signa Holding GmbH«, Eigentümerin des Karstadt-Gebäudes, sich wünscht bald damit zu beginnen, das Gebäude und Warenhauskonzept neu zu gestalten.
Die Frage, wie genau das aussehen soll, bleibt noch weitgehend offen. Um das zu entscheiden, erfolgt daher demnächst ein Masterplanverfahren, das nach geltenden Richtlinien von Beteiligungsmöglichkeiten begleitet werden soll. Dazu gehört ein Grundlagen­ermittlungsverfahren, das als Basis für die Gestaltung des Masterplanverfahrens dient.
In diesem Kontext fanden in November vier Zielgruppenwerkstätten statt zu Themen, die widerspiegeln, wie komplex die Aufgaben sind: »Gesellschaft und Soziales«, »Verkehr, Umwelt und Klima«, »Wirtschaft und Gewerbe« und »Städtebau, Architektur und Denkmalschutz« – mit einer Werkstatt zur Beteiligung am 2. Dezember. Die Ergebnisse aller Werkstätten werden dann am 22. Dezember online auf «mein.Berlin.de« präsentiert.
Zu den Teilnehmern gehörten Vertreter der Stadt- und Bezirksverwaltungen, Interessenverbände, Vereine und Initiativen sowie der Eigentümer. Bis jetzt jedoch leider nicht vertreten war die idealerweise gesamte Diversität der Anwohnerschaft, Gewerbetreibenden und anderen Interessierten, für die der Umbau im Rahmen des Masterplans weitgehende Veränderungen mit sich bringen wird.
Zwei wesentliche Gedanken sind ganz oft in den Dialogen aufgekommen: keine Verdrängung und kein Luxus. Dazu zwei kritische Fragen: Ist es nicht sowieso ein Luxus, tagsüber Zeit zu finden, um an diesem Verfahren teilzunehmen? Und: Wie neutral kann dieses Verfahren tatsächlich sein, wenn der Investor, der natürlich Gespräche mit verschiedensten Behörden führt, schon so eine starke Stimme in der Ermittlung der Grundlagen hat?
Um zuzusichern, dass der Hermannplatz von morgen der hier vorhandenen breiten Diversität an Menschen, deren Interessen und Bedürfnissen gerecht wird, müssen wir uns daher an diesem Verfahren aktiv beteiligen! Nur so können wir beeinflussen, wie »unserer Platz« künftig aussehen wird.

Amy Klement