ENDE NEU und Good ended happily

»KINDL« auf hohem Niveau

Foto: Jens Ziehe

Eigentlich destruktive Ausstellungsstücke, die von Zerstörung oder »Gefahr« sprechen – denen jedoch ein sehr filigraner, ästhetischer Moment innewohnt, damit beschäftigt sich die Gruppenausstellung ENDE NEU im Maschinenhaus 1. Die acht internationalen Künstler untersuchen Zerstörung auf poetische und oftmals auch humorvolle Weise.
Schon im Fahrstuhl wird der Besucher mit einer Arbeit von Soshi Matsunobe, einer gesummten Melodie, die auch ein wenig nervig ist, begrüßt. Die erste Arbeit im Ausstellungsraum, die Videoarbeit »Tränen« von Michael Sailstorfer, zeigt ein Haus im ländlichen Raum, das von Abrissbirnen demoliert wird, allerdings auf melancholisch poetische Art. Eine weitere Installation von Sailstorfer bohrt sich förmlich durch die Wand, eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinder als Bohraufsatz, schraubt sich langsam aber sicher in die Wand und hindurch. Der Titel »I want you« ist angelehnt an eine Rekrutierungskampagne der U.S. Army. In einem weiteren Raum hängen drei große Glaskugeln von der Decke, gefüllt mit den Bestandteilen von Nitroglycerin – eine Vermischung hätte eine Detonation zur Folge, Katja Auflegers »NEWTON‘S CRADLE« – die scheinbar leichten Glaskugeln schweben sanft im Raum, dennoch gefüllt mit Gefahr.
Angela de la Cruz türmt zertrümmerte Teile von Kleiderschränken filigran balancierend aufeinander, so daß ein kleiner Stoß alles einstürzen ließe. Einem Tutorial anmutend zeigt Bastian Hoffmann eine filmische Anleitung zur Herstellung von Papier aus einem Schreibtisch mit Stuhl und allem was darauf liegt und führt so Inhalte und Selbst­inszenierungen aus dem Internet ins Absurde. Daneben eine Mauer, die verdreht ist, sich beinahe hinlegt. Die Tapete als Massenprodukt und Zeitzeugnis spielt bei Renaud Regnery die zentrale Rolle. Sie wird überdruckt, fragmentiert, zum Teil bemalt und vergrößert, die großformatigen Bilder vereinen Bewahren und Zerstören. Nicola Samorì malt im Stil des italienischen Barock, bricht sie auf, im wahrsten Sinne des Wortes, in dem er eben die Werke im Bildmittelpunkt zerkratzt, aufschneidet, zerätzt.
Eine leisere, aber nicht weniger intensive Arbeit ist die Soundinstallation von Caterina Gobbi, die Aufnahmen vom schmelzenden Gletscher am Mont Blanc hörbar macht. Die Komposition aus tropfenden Eiszapfen, Knarren des Eises und dem Schmelz­wasser erzählt vom Klimawandel, zugleich auch von Liebe, auf die das Edelweiß auf den Resonanzkörpern hinweist und die auf eine Erzählung einer italienischen Legendensammlung zurückgeht. Im Videospace des M1 ist eine Arbeit von Basir Mahmood zu sehen – »Good ended happily«, deren Ausgangspunkt das Interesse des Künstlers an den Arbeitsprozessen der Filmindustrie ist. Die Produktion des 13 minütigen Videos überließ er einer Filmcrew aus Lollywood in Lahore. Einzige Vorgabe: Der Film sollte sich mit den Ereignissen um den Tod Osama bin Ladens beschäftigen. Mahmood lässt die Regieanweisungen im Film, so das der Zuschauer hört, wenn einer der Darsteller sich bereit machen soll, tot zu sein und oder gleich loszurennen. Das Ergebnis ist zwischen lustig, absurd und unheilvoll.
Die Sicht auf Zerstörung und Gefahr dreht sich um in diesen Räumen zu Schönheit und Poesie und ist zugleich auch eine Warnung.

jr
»Ende neu«
bis 6. Februar 2022
Öffnungszeiten:
Mi 12:00 – 20:00
Do – So 12:00 – 18:00
Bitte beachten Sie beim Besuch unserer Ausstellungen die geltenden Hygieneregeln.
Eintritt 5 / 3 €
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren Eintritt frei
Jeden ersten Sonntag im Monat Eintritt frei
KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst
Am Sudhaus 3