Politiker zur Wahl

Zu viel Wasser und zu viele Pendler

Wahlkreis 6 im Überblick

Zum Wahlkreis 6 gehören Rudow, das südliche Blumenviertel und ein Zipfelchen vom Süden der Gropiusstadt.

Die Gropiusstadt war von Walter Gropius ganz anders geplant. Von seinem Konzept blieb eigentlich nur noch sein Name. Trotz seiner Strukturprobleme wird das Gebiet aktuell weiter verdichtet. Im südlichen Blumenviertel gehen derzeit rund 4.000 Eigenheime buchstäblich baden. Von 1901 bis 1989 sorgten Pumpen dort immer für niedrige Grundwasserstände, so dass viele normal isolierte Häuser errichtet wurden, was das Bauamt Neukölln auch so genehmig­te. Lange schon gefährdet steigendes Grundwasser diese Gebäude, weil seitdem zu wenig Wasser gefördert wird. Aus Kostengründen werden die Berliner Wasserwerke Ende 2021 den Pumpenbetrieb dort völlig einstellen, es sei denn, die Bewohner übernehmen die Kosten des Weiterbetriebs. Falls der runde Wassertisch das nicht ändert, wird der Verein »Siedlungsverträgliches Grundwasser« (SVG) vor Gericht gehen.
Rudow hat weiterhin jedoch andere Sorgen. Trotz eines königlichen Jagdschlosses, eines Neubaugebiets mit ausschließlich weiblichen Straßennamen und, typisch für ein ehemaliges Dorf, einer hoch effizienten Freiwilligen Feuerwehr, einem Landgasthaus (von 1375) und einem Schützenverein ist diese Idylle lange schon durch die täglich vielen tausend Pendler bedroht, die hier durch müssen.

Zum alten Krug in Rudow.      Foto: rr

Dazu kommt bald noch der Verkehrsstrom vom oder zum Flughafen BER. Bis dato existiert nämlich, auch nach zehnjähriger Verzögerung seiner Inbetriebnahme, keine befriedigende Verkehrsinfrastruktur. Nicht nur Gutachter erwarten hier den Kollaps, falls, sollte der Flughafen wirklich einmal voll arbeiten, Reisende und Pendler von der heute schon fast täglich blockierten Stadtautobahn zusammen durch Rudow gezwungen werden.

rr

Was die Neuköllner wissen sollten

1. Wie unterstützen Sie eine Verwaltungsreform, um die Bezirksämter zu stärken und um eine klare Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Senatsverwaltung und Bezirken zu erreichen?
2. Was möchten Sie im Bereich Verkehr verbessern, um die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer zu erreichen? Wie stehen Sie zum Weiterbau der U7 zum BER?
3. Wie wollen Sie mit der Wasserproblematik in Ihrem Wahlkreis umgehen?
4. Wie berücksichtigen Sie die Bedürfnisse von Minderheiten in Ihrem Wahlprogramm?
5. Wie soll die Sicherheit vor Kriminalität gewährleistet werden?
6. Wie wollen Sie nach der Coronakrise den wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau ankurbeln?
7. Wie sollen Schulen in die Lage versetzt werden, zukünftig die neuen Technologien besser einzusetzen?
8. Was ist in Ihrem Wahlkreis aus Ihrer Sicht am wichtigsten?
9. Zusatzfrage an die Kandidaten, die bereits im Abgeordnetenhaus sitzen:
Was haben Sie in Ihrer Amtsperiode für Neukölln erreicht?

Olaf Schenk – CDU

Foto: Patricia Kalisch, www.patriciakalisch.de

2. Der Weiterbau der U7 zum BER mit Zwischenstopp am Liselotte-Berger-Platz muss allerhöchste Priorität haben. Sobald der Flughafen wieder im Normalbetrieb ist, wird Rudow die Verkehrsströme nicht mehr aufnehmen können. Es ist mir nicht zu erklären, warum ein Antrag der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus zum Weiterbau der U7 von den Koalitionsparteien abgelehnt wurde.
Es muss ein guter Verkehrsmix für alle Teilnehmer geschaffen werden. Der Radverkehr muss in ein Verkehrskonzept integriert werden, um ein sicheres Radfahren zu ermöglichen. Ein schnelles Erstellen von Pop-up-Radwegen ist für mich keine sinnvolle Lösung.
3. Die Grundwasserproblematik im Rudower Blumenviertel muss endlich gelöst werden. Die Bewohner des Blumenviertels dürfen nicht vom Senat im Stich gelassen werden. Ein Abschalten der Brunnengalerie ab dem Jahr 2022 würde langfristig ein ganzes Viertel unbewohnbar machen. Den Anwohnern wurden Baugenehmigungen ohne Auflagen erteilt, das war ein Fehler der Behörden, da sie die Grundwasserproblematik kannten. Im Übrigen würde auch die Vegetation Schaden nehmen, da bei einem Grundwasseranstieg in vielen Gebieten die Baumwurzeln im Wasser stehen und verfaulen werden.
5. Die Sicherheit vor Kriminalität muss in erster Linie durch mehr Polizei und bessere Ausstattung der Polizei geschaffen werden. Ich befürworte ebenfalls eine Videoüberwachung an besonderen Hotspots.
6. Die Coronakrise und ihre Folgen werden uns noch lange begleiten. Es ist noch nicht abzuschätzen, wie die Restaurants und Kultureinrichtungen aus dieser Krise herauskommen. Die Restaurants in meinem Wahlkreis sind zu großen Teilen zufrieden mit der Hilfe des Bundes und haben die Zeit genutzt, die Läden zu renovieren, auch dafür wurden Hilfen gezahlt. Ich denke, dass in der Bevölkerung ein großer Nachholbedarf nach Kultur und Restaurantbesuchen da ist.
8. Das wichtigste Thema in meinem Wahlkreis ist für mich die endgültige Lösung der Grundwasserproblematik, Sie bereitet tausenden Rudowern schlaflose Nächte.

Niklas Schrader – Die Linke

DIE LINKE. Neukölln

2. Für eine echte Mobilitätswende brauchen wir attraktive Alternativen zum Auto, insbesondere durch den beschleunigten Ausbau von Bus- und Straßenbahnlinien in den Außenbezirken sowie von sicheren Radwegen. Auch ein punktueller Ausbau der U-Bahn wie zum BER kann dazugehören. Der Umstieg auf Busse und Bahnen nützt allen und darf nicht vom Geldbeutel abhängen, daher trete ich für einen fahrscheinlosen, solidarisch aus Steuermitteln finanzierten ÖPNV ein.
4. Wir setzen uns für gleichberechtigte Teilhabe von allen Menschen ein. Dafür streiten wir in allen Lebensbereichen, etwa für einen besseren Zugang für Geflüchtete zu Bildung und Arbeitsmarkt, ein Partizipationsgesetz, das den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst steigert, oder ein inklusives Schulsystem, das allen Kindern das gemeinsame Lernen ermöglicht.
5. Immer neue Überwachungbefugnisse gaukeln Sicherheit nur vor. Ich bin dafür, die demokratische Kontrolle der Sicherheitsbehörden zu stärken, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Prävention auszubauen und soziale Ursachen von Kriminalität zu bekämpfen. So schafft man Sicherheit und schützt die Grundrechte.
6. Für den Aufbau nach der Krise braucht es umfassende Investitionen. Wir treten für eine Finanzierung ein, die die Reichen in die Verantwortung nimmt. Ich finde, die öffentliche Infrastruktur muss krisenresistenter werden. Der freie Markt regelt das nicht! Insbesondere das Gesundheitswesen muss frei von Profitstreben arbeiten können.
7. Alle Schüler:innen brauchen digitale Endgeräte, sie sind Teil des Existenzminimums und müssen, wenn nötig, als Transferleistung finanziert werden. Das Lehrpersonal muss endlich eine datenschutzkonforme IT-Ausstattung erhalten. Gleichzeitig müssen wir die Digitalkompetenzen in der Aus- und Fortbildung von Pädagog:innen sowie im Unterricht stärken.

Florian Kluckert – FDP

1. Die Berliner Verwaltung wird viel zu oft durch Doppelzuständigkeiten gelähmt. Wir wollen eine klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem Bezirk und dem Land. Für eine Dienstleistung soll nur noch eine Ebene zuständig sein – entweder die Landes- oder die Bezirks­ebene.
2. Die Verkehrsinfrastruktur soll grundlegend modernisiert und Mobilität neu gedacht werden. Dabei stehen wir für pragmatische Lösungen, die die Daseinsberechtigung jedes Verkehrsmittels anerkennen, egal ob man Auto fährt, mit dem Fahrrad oder zu Fuß geht. Wir wollen die Konflikte im Verkehr auflösen und das von Rot-Rot-Grün geschaffene Gegeneinander im Straßenverkehr wieder zu einem Miteinander führen. Selbstverständlich muss die U7 zum BER ausgebaut werden.
3. Für das Rudower Blumenviertel unterstützen wir den Weg, eine lokale Lösung herbeizuführen. Deshalb muss die für Wasserwirtschaft zuständige Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz die dringend notwendigen Investitionskosten zur Erneuerung der Pumpen- und Brunnenanlage übernehmen. Für die Betriebs- und Instandhaltungskosten brauchen wir eine einvernehmliche Lösung gemeinsam mit den Bewohnern des Blumenviertels.
8. Die größte Herausforderung in Neukölln ist die Bewältigung steigender Mieten und Kaufpreise für Wohnraum. Diesen Trend wollen wir durchbrechen, damit Neukölln zukünftig allen Menschen, die zu uns kommen oder einfach eine andere Wohnung suchen, ein Zuhause bieten kann. Enteignungsphantasien sind ein Irrweg, sie schaffen keinen zusätzlichen Wohnraum, da durch Entschädigungszahlungen das Geld zum Neubau fehlt. Neue Quartiere und Wohnungen mit günstigeren Mieten werden aber in Neukölln nur Wirklichkeit, wenn mit voller E­nergie gebaut wird.
9. Gesundheit darf nicht von der Herkunft abhängen. Gute und andauernde Gesundheit für jeden Einzelnen beginnt mit bester Prävention und Gesundheitsförderung. In diesem Zusammenhang habe ich vieles für eine gute Gesundheitsversorgung in Neukölln erreicht, durch den Einsatz für mehr Geld für den öffentlichen Gesundheitsdienst sowie die Stärkung lokaler Präventionsangebote. Außerdem habe ich mich stets für die flächendeckende Versorgung durch niedergelassene Ärzte im Bezirk und eine auskömmliche Finanzierung für das Krankenhaus Neukölln eingesetzt.

Philine Niethammer – Bündnis 90 / Die Grünen

1. Es nervt, wenn nicht klar ist, ob die Bezirke oder das Land für etwas zuständig sind. Deshalb müssen die Kompetenzen ganz neu geordnet und die Aufgaben neu verteilt werden. Dann ist in Zukunft für alle klar, wer wann zuständig ist.
2. Ich möchte eine Stadt, in der der öffentliche Raum neu aufgeteilt ist. Damit sich alle frei bewegen können, auch ohne Auto. Und um mit der Verkehrswende das Klima zu schützen. Um weitere Ecken Rudows (wie z. B. das Frauenviertel) und die wachsende Gemeinde Brandenburg an das U-Bahn-Netz anzuschließen, ist der Weiterbau der U7 wichtig.
4. Damit alle Menschen ihr Leben so gestalten können, wie sie es wollen, muss noch einiges getan werden. Deshalb setzen wir uns für barrierefreien ÖPNV und gegen Diskriminierung am Wohnungsmarkt ein und unterstützen weiterhin zivilgesellschaftliche Organisationen, die wichtige Arbeit im Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus leisten.
7. Schulen brauchen erstmal die nötige Ausstattung, wie z. B. WLAN, Laptops für Schüler:innen und Lehrkräfte und digitale Lernplattformen. Aber mit Kabeln und Laptops ist es nicht getan. Wir wollen Angebote für die Weiterbildung von Lehrkräften im digitalen Bereich schaffen und Konzepte vorantreiben, wie man den Unterricht gut mit digitalem Lernen verbinden kann.
8. Neben dem Verkehrsthema ist vor allem der Kampf gegen rechten Terror in Rudow besonders wichtig! Die Anschläge der letzten Jahre müssen endlich aufgeklärt werden. Ich bin froh, dass sich in Rudow so viele Bürger:innen aktiv gegen Rechtsextremismus engagieren. Aufgabe der Politik ist zu klären, warum die Straftaten noch immer nicht aufgeklärt sind. Dafür setzen wir direkt zu Beginn der neuen Legislaturperiode einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein.