Denkmalschutz mit zweierlei Maß?

Fragwürdige Sanierungen in der Hufeisensiedlung

Die Hufeisensiedlung in Britz ist seit 1986 Denkmal und seit 2008 sogar UNESCO-Weltkulturerbe. Die »Deutsche Wohnen« (DW) sanierte dort ab 2009 mit über 2,9 Millionen Euro Fördergeldern ihren Mietwohnungsbestand, auch mit dem Ziel, eine »behutsame Zurückführung zum ursprünglichen Erscheinungsbild« zu schaffen.
Behutsam war und ist die DW nur zu sich selbst. Einige Mieter an der Fritz-Reuter-Allee, der sogenannten »Roten Front«, besaßen auf ihrer Rück- und Wetterseite verglaste Balkone. Im Zuge der Sanierung wollte die Vermieterin auch mit drastischen Mitteln erreichen, dass diese ausnahmslos zurückgebaut werden müssten, selbst dann, wenn sie Bestandteil der Mietverträge waren. Dagegen wehrten sich einige Mieter erfolgreich vor Gericht.

Balkon Pollmann.Foto: rr

Auf dem Dach desselben Bauwerks thronen weiterhin gleich mehrere Mobilfunkantennen. Offen bleibt, weshalb damals die Verglasungen auf der Gebäuderückseite weichen sollten, während die gewinnbringenden Antennenanlagen bis heute erhalten sind.
Ähnlich verhält es sich mit den großen, rückseitigen Glasanbauten aus den 80-ger Jahren, an der Treppe zum Hufeisenteich. Auf historischen Bildern fehlen sie. Eine mögliche Erklärung wäre: Ein Anbau erweitert deutlich das eigene Vermietungsbüro. Auf den alten Bildern sind auch die Fassaden der DW-eigenen Räume völlig anders. Das heutige Bild widerspricht den Plänen von Architekt Bruno Taut. Der Schriftzug »Service Point« am eigenen Büro ist inzwischen wieder entfernt, Der war auch in der Weimarer Zeit unüblich. Der »Info Point« etwas daneben trägt den Schriftzug jedoch weiterhin!
Aktuell erweitert die DW die Büroflächen dort um den Laden nebenan. Dem Vormieter, einem alteingesessenen Fleischer, wurde eine Sanierungsbeteiligung verweigert. Die hätte es ihm ermöglicht, die gemieteten Gewerberäume wieder vollständig nutzen zu können. Dass dadurch ein weiterer fußläufig erreichbarer Versorger aus dem Kiez gedrängt wurde, zählte offenbar nicht.
Ein Geschmäckle hat auch, dass dieser Fleischerladen als einziger im 300 Meter langen inneren Hufeisenrund eine Balkonverglasung hatte. Anstatt sich hier einmal selbst an die Denkmalschutzvorgaben zu halten, wurde die gerade erst komplett ausgetauscht und dahinter auch die Wand entfernt, um zusätzlich diesen Platz nutzen zu können. Weder in der Art noch in der Farbe entspricht die neue Verglasung jener, die Taut selbst für nur vier Balkone vorsah.
»Wir sind keine fanatischen Denkmalpfleger«, betonte schon damals die ehemalige DW-Sprecherin Manuela Damianakis. Wer in Neukölln selbst einmal etwas mit der Denkmalschutzbehörde zu tun hatte, wundert sich, wie das überhaupt abgesegnet werden konnte. Auf diesbezügliche Anwohnernachfragen reagierte das Amt bislang nicht.

rr