Intensives für die Sinne

»AISTIT« berührt im KINDL

Nach einer Ausstellung wieder auf der Straße zu stehen, sich kurz sammeln zu müssen und in die »Wirklichkeit« zurückfinden, dann hat das Gesehene berührt. Genau das möchte die Ausstellung »AISTIT/coming to our senses – Kapitel 3: resonant bodies« im »KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst«. Die von Satu Herrela und Hans Rosenström kuratierte Reihe von Ausstellungen und Perfomances in Paris, Helsinki, Berlin und Gent, organisiert vom deutschen Finnland-Institut, beschäftigt sich mit unserer sinnlichen Wahrnehmung und dem kritischen Zustand der Abhängigkeit zwischen Menschlichem und Nicht-Menschlichem.

Gefühle im Maschinenhaus.      Foto: J.Raab

Das Maschinenhaus M0 ist in diesem Fall ein riesiger leerer dunkler Raum, gefüllt mit einer Abfolge von Video- und Soundinstallationen, die alle mit der Empfindung von Mitgefühl, Trauer, Einsamkeit und Intensität arbeiten.
»Aistit« ist finnisch für Sinne: Diese werden vor allem auf einer visuellen und auditiven, aber auch fühlbaren Ebene bewegt. Das nicht gleichzeitige Zeigen der Videos – sondern nacheinander und an den verschiedenen Wänden des Raumes – zwingt den Betrachter zu bleiben, wenn er alles sehen möchte. Es wird somit nicht möglich, in der Schnelllebigkeit der Welt draußen weiter zu laufen, sie kann sogar vergessen werden. Kati Roovers poetischer Essayfilm »Salt of my eyes« ist ein Versuch, mit den »geheimnisvollen Anderen« in Verbindung zu treten. Die Gesänge von Buckelwalen und Aufnahmen des Meeres vor Island sowie die Eingriffe der Menschen, die diese Lebenswelten zerstören, sind zentrale Themen.
Die Videoinstallation »On Belonging« von Terike Haapoja zeigt Aufnahmen aus einem Zoo, eine Analyse der Tiere in ihrer Isolation, dem Verlust ihrer Lebensräume und der Einsamkeit menschlichen Daseins. Das Video fängt auf einer Wand an und geht nach und nach auf zwei andere Wände über, so wird der Betrachter gefühlt selbst zum Betrachteten. Zwischen den visuellen Arbeiten werden kaum hörbare Klänge vernehmbar.
Die Klanginstallation »4 x 4« von der von Geburt an gehörlosen Künstlerin Christine Sun Kim bewegt sich um eine Frequenz, die wir eher körperlich spüren. Die Klänge durchdringen jedoch auch den Raum und legen sich in uns.
Dominique Knowles lässt uns in »Tahlequah« endgültig die Intensität der Ausstellung spüren. Unter Wasser, blaues Licht und eine Walmama, die ihr totes Kind noch wochenlang mit sich trägt, dabei begleitet von anderen Walen, lässt uns die tiefe Empathie zwischen Tieren, und ihre Fähigkeit zu trauern spüren, und uns an unsere eigene Empathie erinnern. Wir werden als Mensch gewissermaßen sehr klein in diesem Raum und mit diesen Bildern.

jr
www.kindl-berlin.de/aistit
KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst
Am Sudhaus 3
Öffnungszeiten:
Mi 12 – 20 Uhr
Do – So 12 – 18 Uhr