Politiker zur Wahl

Idylle im sozialen Brennpunkt

Wahlkreis 4 im Überblick

Zum Wahlkreis 4 gehören die Gebiete des nordöstlichen Britz, Buckow Nord, die Gropiusstadt und das nördliche Blumenviertel. Im Britzer Anteil entlang des Teltowkanals befinden sich mehrheitlich Kleingartenkolonien, die weltbekannte Marzipanfabrik Lemke, aber auch die restaurierte, unter Denkmalschutz stehende alte Späthbrücke, die weiterhin für Fußgänger und Radfahrer gesperrt bleibt.

Späthbrücke.     Foto: rr

Die vielen beschaulichen Häuser geben hier mancher Kiezecke eine geradezu ländliche Prägung. Nahe dem Neuköllner Krankenhaus erinnert leider auch das Denkmal für Burak Bektaş an die vielen unaufgeklärten Terrorangriffe rechter Gewalt. Manche Eigenheime im sonst friedlichen Blumenviertel drohen weiterhin abzusaufen. Ein Streit mit der Stadt, wer die Pumpen zukünftig unterhalten und betreiben soll, ist nicht beigelegt. Aus der ansonsten beschaulichen Vorortidylle fällt deutlich die Gropiusstadt heraus.

Ideal Hochhaus       Foto: mr

Dieser Unterbezirk trennt Buckow in zwei Teile. Der ursprüngliche Plan des Architekten Walter Gropius wurde letztlich nicht umgesetzt, dennoch bekam die Großsiedlung dessen Namen. Seit den 1980er Jahren gilt die Gropiusstadt als sozialer Brennpunkt. Das erforderte ein Quartiersmanagement, das aber Ende 2021 ausläuft. Die hier schon immer hohe Konzentration an Wohnungen, wurde weiter verdichtet, und hier befindet sich auch das höchste Wohngebäude Berlins.

rr

Wahlkreiskarte und Fragen

Was die Neuköllner wissen sollten

1. Unterstützen Sie die bezirklichen Vorkäufe zugunsten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften? Welche anderen Vorschläge haben Sie für den Bau bezahlbarer Wohnungen?
2. Wie wollen Sie nach der Coronakrise den wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau ankurbeln?
3. Wie unterstützen Sie eine Verwaltungsreform, um die Bezirksämter zu stärken und um eine klare Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Senatsverwaltung und Bezirken zu erreichen?
4. Was möchten Sie im Bereich Verkehr verbessern, um die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer zu erreichen?
5. Wie berücksichtigen Sie die Bedürfnisse von Minderheiten in Ihrem Wahlprogramm?
6. Wie soll die Sicherheit vor Kriminalität gewährleistet werden?
7. Wie sollen Schulen in die Lage versetzt werden, zukünftig die neuen Technologien besser einzusetzen?
8. Was ist in Ihrem Wahlkreis aus Ihrer Sicht am wichtigsten?

Franz Wittke – FDP

1. Nein, weil keine Wohnung durch die Ausübung des Vorkaufsrechts gebaut wurde. Das Geld hätte sinnvoller in den Bau von Wohnungen investiert werden sollen. Wir, die FDP, wollen eine Verschlankung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren in Zusammenarbeit mit den Beteiligten erreichen (Modell: Hamburger Runder Tisch), damit Baulücken geschlossen und Dachgeschosse zu Wohnzwecken ausgebaut werden können. Das ist ein erster Schritt, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.
4. Die FDP will die Freiheit der Wahl des Verkehrsmittels erhalten. Dazu gehören ein attraktiver ÖPNV und eine kluge Fahrradinfrastruktur als Alternativen zum Pkw. Vor allem den Bau von U-Bahnen wollen wir forcieren (mir ist natürlich die Verlängerung der U7 am wichtigsten). Wir sind für die vollständige Fertigstellung der A100, damit die östlichen Bezirke der Stadt vom Durchgangsverkehr entlastet werden.
6. Die Kriminalität beginnt für mich bei der Vermüllung unseres Bezirks. Das setzt sich mit lächerlich niedrigen Aufklärungsquoten bei Fahrraddiebstählen und bei Einbrüchen in Berlin fort. Eine bessere technische und personelle Ausstattung der Ordnungsämter, der Polizei und der Gerichte sowie den Einsatz von Kontaktbereichsbeamten als eine Präventivmaßnahme halte ich für notwendig.
7. Der Senat versagt bei der Digitalisierung der Schulen total. Die Beschaffung und Verteilung von Endgeräten allein reicht nicht aus. Stabiles WLAN und Breitbandanschlüsse müssen Standard in allen Schulen sein. Damit die technische Infrastruktur genutzt werden kann, ist die Einstellung von entsprechend geschultem IT-Personal Voraussetzung.
8. Der zeitweise stark steigende Grundwasserspiegel im Blumenviertel gefährdet dort Wohngebäude. In anderen Teilen Berlins gibt es ähnliche Fälle, eine für alle Beteiligte tragbare, langfristige Lösung wäre ein Ziel meiner politischen Arbeit.

Marcel Hopp – SPD

8. Als Abgeordnetenhauskandidat trete ich an für ein lebenswertes Neukölln. Lebenswert ist dabei im umfassenden Sinne gemeint: Wir wollen für uns und unsere Kinder ein gutes Leben. Dafür sind für mich die folgenden Schwerpunkte wichtig: Bezahlbarer Wohnraum für alle, gute Bildung, Bekämpfung von Armut, die Stärkung der sozialen Netzwerke und mehr Sicherheit und Sauberkeit im Kiez. Diese Themen sind für ganz Neukölln, aber insbesondere auch für meinen Wahlkreis von großer Bedeutung. Ich bin hier aufgewachsen und es ist mir eine Herzensangelegenheit, mich für diese Themen starkzumachen. 1. Als SPD folgen wir aus guten Gründen dem Credo Bauen – Kaufen – Deckeln. Wir brauchen alle drei Säulen für bezahlbaren Wohnraum. Grundsätzlich ist es wichtig, den öffentlichen Wohnungsbestand durch Neubau massiv ausbauen. Dafür braucht es starke städtische Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften.
7. Ich arbeite als Lehrer an der Clay-Schule und kann daher aus der Praxis sagen: Die Schulen brauchen dringend Breitbandanbindungen, festes IT-Personal, einheitliche Geräte- und Software-Lösungen und mehr Unterstützung für das Lehrpersonal.
2. Die kommenden Jahre werden weiter herausfordernd bleiben. Gerade jetzt ist eine aktive Politik gefragt. Kultur ist für eine soziale Stadt systemrelevant und muss stärker unterstützt werden. Der Einzelhandel und das Gewerbe vor Ort müssen im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaftsförderung zukunftsfest gemacht werden. Dafür ist es wichtig zu investieren, statt zu kürzen.
5. Als gebürtiger Neuköllner und als Halbkoreaner sind mir die Themen Antirassismus und Antidiskriminierung generell besonders wichtig. Die Politik muss sich stärker für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft einsetzen. Im Entwurf des SPD-Wahlprogramms nehmen diese Themen einen großen Stellenwert ein.

Tony Pohl – DIE LINKE

1. Viele Menschen in Gropiusstadt und Britz müssen immer mehr von ihrem Einkommen für die Miete ausgeben. Das Geld wandert direkt in die Taschen der Aktionäre von Deutsche Wohnen und Co. Dagegen hilft der Mietendeckel. Dauerhaft müssen die Wohnungen aber wieder in die öffentliche Hand. Deshalb sammle ich zusammen mit vielen Aktiven vom »Mietentisch Gropiusstadt« Unterschriften für das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«.
2. Die bezirklichen Vorkäufe sind notwendig, um die Mieter*innen von steigenden Mieten und Verdrängung zu schützen. Ich will mich dafür einsetzen, dass die Häuser deutlich unter den aktuellen Spekulationspreisen vorgekauft werden. Beim Bau von bezahlbaren Wohnungen können wir uns nicht auf private Konzerne verlassen. Grund und Boden müssen notfalls enteignet werden.
3. Mich ärgert, dass wir derzeit nur noch über Digitalisierung sprechen. Sicherlich brauchen wir eine Breitbandanbindung, Schul-Laptops für alle und IT-Personal an den Schulen. Aber dadurch allein lässt sich die massive Ungleichheit bei den Bildungschancen nicht beseitigen. Deshalb kämpfe ich in der Initiative »Schule in Not« für mehr Lehrkräfte und Erzieher*innen sowie bessere Arbeitsbedingungen an Schulen in herausfordernden Lagen.
4. Viele Menschen in Neukölln sind von Wahlen ausgeschlossen. Alle, die hier leben, sollen auch an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und an Volksbegehren teilnehmen können. Die Verwaltung muss sich für Menschen mit Migrationsgeschichte öffnen. Eine Quote und anonymisierte Bewerbungsverfahren können dazu beitragen. Das Berufsverbot für kopftuchtragende Muslima in Schulen und Gerichten muss abgeschafft werden.
5. Anstatt Geld in notleidende Airlines zu pumpen, müssen wir den sozial-ökologischen Umbau vorantreiben. Für Berlin bedeutet das etwa, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen. So entstehen sichere Arbeitsplätze, die auch gut für das Klima sind.

Christopher Förster – CDU

Foto: Patricia Kalisch, www.patriciakalisch.de

8. Für mich ist Neukölln nicht irgendein Bezirk von vielen. Neukölln ist meine Heimat. Ich bin hier aufgewachsen, zur Schule gegangen und lebe hier mit meiner Frau und unserer Tochter. Ich möchte mit meiner Tochter auf saubere Spielplätze gehen und mich im öffentlichen Raum sicher fühlen. Für einen sauberen und sicheren Kiez trete ich daher zur Wahl an.
7. Für mehr Sicherheit müssen Ordnungsamt, Polizei, BSR und BVG personell aufgestockt und besser ausgestattet werden. Der offene Drogenkonsum in den Parks und U-Bahnhöfen muss ein Ende haben. Sperrmüllsünder müssen härter bestraft, Graffitis zügig entfernt werden. Bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten darf der Datenschutz kein Grund für unaufgeklärte Fälle sein, daher muss Videosicherheit möglich sein.
4. Der Straßenverkehr in dieser Stadt ist einer der emotionalsten Themen, weil die Politik seit Jahren die Berlinerinnen und Berliner gegeneinander ausspielt. Auto, Rad und ÖPNV haben alle ihre Berechtigung. Wichtigstes Projekt für Neukölln: die Verlängerung der U7 bis zum BER. Alle Verkehrsarten haben ihren Platz in unserem Neukölln. Schluss mit der Polarisierung!
3. Für eine umfassende Verwaltungsreform wäre eine Verfassungsänderung notwendig, für die es absehbar keine Mehrheit in Berlin gibt. Trotzdem kann es nicht sein, dass die Einrichtung eines Zebrastreifens drei(!) Jahre dauert. Es gibt keinen Grund, solche Fragen im Ping-Pong zwischen dutzenden Behörden zu klären. Das geht schneller, einfacher und bürgernäher.
1. Das Vorkaufsrecht muss ein letztes Mittel bleiben. Dadurch wird trotz enormer Kosten keine einzige bezahlbare Wohnung neu geschaffen. Teilweise heftige Mieterhöhungen können trotzdem kommen. Wir müssen stattdessen neue Wohnungen bauen! Das ist der einzige Weg, um die dramatische Lage zu entschärfen. Die CDU Berlin hat dazu mit dem Masterplan Wohnen sehr umfangreiche Vorschläge unterbreitet, die ein Gegenmodell zu Enteignungsfantasien sind.

Bahar Haghanipour – GRÜNE

Familie Haghanipour/Ata

1. Milieuschutzgebiete und das bezirkliche Vorkaufsrecht sind die schärfsten Schwerter eines Bezirksstadtrates. Mit seiner aktiven Mieter*innenschutz-Politik hat der grüne Baustadtrat 2016 einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Ich möchte aus dem Abgeordnetenhaus heraus den Bezirk mit mehr Personal und mehr Mitteln bei diesem Kampf unterstützen.
2. Mit einem gut durchdachten Konjunkturprogramm nach sozialen und ökologischen Standards wollen wir die Berliner Wirtschaft nachhaltig ankurbeln. Als Kulturhauptstadt müssen wir für eine bessere soziale Absicherung von Kulturschaffenden genauso wie für eine gute kulturelle Grundversorgung und Teilhabe aller Berliner*innen kämpfen.
4. Ich setze auf Zuhören und Beteiligung. Mit den Menschen in meinem Wahlkreis möchte ich ins Gespräch kommen und ihre Mobilitätsbedürfnisse besser kennenlernen. Klar ist aber schon jetzt: Niemand sollte auf ein eigenes Auto angewiesen sein müssen, um sicher, bequem, schnell und barrierefrei von A nach B zu kommen. Daher möchte ich den ÖPNV stärken und insbesondere den Ausbau von Tram- und Busverbindungen sowie der U7 unterstützen. Durch direkte Verbindungen an die Radschnellverbindung »Y-Trasse«, neue Fahrradstraßen und geschützte Radwege will ich zudem dabei helfen, das Fahrradfahren in Südneukölln attraktiver zu machen.
5. Mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz haben wir einen Meilenstein für mehr Schutz vor staatlicher Diskriminierung geschaffen. Darauf aufbauend  wollen wir Aktivitäten für die Berliner Verwaltung umsetzen und das Berliner Diversity Landesprogramm fortentwickeln.
8. Die Menschen in Gropiusstadt, dem nord­östlichen Buckow und dem nördlichen Blumenviertel brauchen eine bessere Sozial-, Mieten- und Bildungspolitik. Eine Politik, die den Menschen zuhört, sie mitnimmt, ihre unterschiedlichen Lebenssituationen berücksichtigt, sie vor Verdrängung und unbezahlbaren Mieten schützt.