Schwärmintelligent kaufen

Nordneuköllner »Marktschwärmerei« sucht noch Kiezmarktmitglieder

Felix Anton Faller hat ein Ziel: 250 Leute, empfehlenswerterweise aus dem Schiller-, Graefe-, Flughafen- oder Reuterkiez, mögen sich anmelden, damit es bald auch eine »Marktschwärmerei« in der Fontanestraße 25, im »Café Blume« an der südöstlichen Hasenheide, gibt.

 Schwärmende Begegnung.        Foto: Amac Garbe

Das »Marktschwärmerei«-Projekt, einst als »Food Assembly« bekannt, was aber wohl etwas zu technokratisch und schwierig aussprech- und weiterempfehlbar für die angepeilten Bürger war, will Regionalität fördern und Erzeuger und Verbraucher vor Ort verbinden. Quasi im Franchise-System sollen sich kleine Schwärme aus Menschen mit Schwärmerei für gute Lebensmittel bilden. Die »Gastgeber« – wie Felix – betreiben und organisieren dabei gegen eine kleine Umsatzbeteiligung die meist wöchentlichen Zusammentreffen von Erzeugern und Konsumenten, die hierfür Mitglied geworden sind. Rund 30 Orte sind es bisher in Berlin. Für die zweite Neuköllner Schwärmerei, nach der an der Elsenstraße, fehlen noch gut 100 Mitglieder. Dabei gibt keine Verpflichtung zum Kauf und keine Mindestbestellwerte für sie. Bei den Marktschwärmern wird alles angeboten, was einen naturbezogenen Einkauf ausmacht: Fleisch, Gemüse, Brot, Nudeln, Obst, Säfte, Honig, Kaffee, Tee, Milchprodukte, Eier, Schokolade, Pflanzen und immer Überraschendes für Feinkoster. Saisonal, regional. Dabei dürfen die Erzeuger nicht weiter als 150 Kilometer fahren müssen und sind oft auch vor Ort, für ein Gespräch über Produkte, Preise, Arbeitsbedingungen, Tierwohl oder die Welt an sich. Nur etwa einmal im Monat dürfen es auch fair und direkt gehandelte Produkte aus anderen Regionen der Erde sein. Erzeuger von Seifen, Müslis und anderem sind auch immer wieder mal dabei.
Bestellt wird online vorab, abgeholt an einem frühen Abend in der Woche. Zwar gibt es auch in Ansteckungszeiten zum Glück unsere schönen, anregenden werktäglichen wie wöchentlichen Märkte mit ihrer diversen Kulinarik, doch neue Ideen und Modelle, wie es sich regional und fair und lecker und dabei atmosphärisch einkaufen lässt, können nur allen nutzen, wenn denn auch wirklich alle Beteiligte des Netzwerks gleichermaßen etwas davon haben, vom Transportierenden bis zum Franchiser. Gute Gemeinschaften mit dem Gefühl für Alternativen zum oft nur zu dienlichen Lebensmitteleinkauf tun jedenfalls not. Ein »moderner«, noch transparenterer Bauernmarkt, wo oft nur »geerntet« wird, was tatsächlich bestellt wurde, mit Preisen, die die Macher kalkulieren – das klingt erstmal nach einem soliden, partnerschaftlichen und dadurch hoffnungsvollen Konzept. Eine »Marktschwärmerei« an der Heide also? Warum nicht!
Schon an über 100 Stellen treffen bundesweit an die 150.000 Vermittler, Belieferer und Abnehmer zusammen, die Direktvermarktungsplattform trifft den Nerv. Handels- und ernährungsbewusste Leute, die ihre gedankliche Energie auch in unsere täglichen Energiebringer und deren Herstellung sowieKonsum investieren, freuen sich, einmal die Woche Gleichgesinnte zu treffen, die gern frisch ihren Esszettel-Wocheneinkauf erledigen und um die Ecke abholen können, kennen (und) lernen inklusive.
Mehr Transparenz und Direktheit, regionaler Geschmack, Rückgratverstärkung für agrosanale Lebensmittelerzeugung, vielleicht auch bisschen Tupperparty jedenfalls Markterlebnis auf noch intimer – alles Gründe, bei der Ernährungswende hin zu mehr Fairness auch so mitzutun. Es bleibt in Bewegung, was wir immer schon wussten: Handwerk hat goldenen Boden.

hlb
Anmeldung unter: https://marktschwaermer.de/de-DE/assemblies/12847