»Degewo« kauft das Gropiushaus

Hoffnung auf Lückenschluss im Kostenmietrecht

Die Mieter können sich freuen. Jahrelang ist am Gropiushaus nichts gemacht worden. Nur die Sozialmieten sind gestiegen, weil die Eigentümerin fiktive Kosten auf die Miete umlegen konnte. Zuletzt haben wir bei Haustürgesprächen massive Verstöße gegen den Mietendeckel festgestellt. In vielen Fällen waren die Mieten überhöht.

Gropiushaus von der Gartenseite.    Foto: mr

Mit der Übernahme durch die »Degewo« besteht Hoffnung, dass jetzt mehr in das denkmalgeschützte Gebäude investiert und der Mietendeckel eingehalten wird. Zugleich kann das Land jetzt die eigenen Fehler aus dem verkorksten Kostenmietrecht wettmachen.
Vormalige Eigentümerin der 506 Wohnungen ist die auf dem Berliner Wohnungsmarkt weitestgehend unbekannte »Orlando Real Berlin GmbH«, ein Tochterunternehmen der »Orlando Real Group«. Mit der Verwaltung hat sie die als Mietpreistreiberin bekannte »Ernst G. Hachmann GmbH« beauftragt. In einer nichtrepräsentativen Auswertung von »wenigermiete.de« firmiert die Hausverwaltung unter den Top Ten bei Streitfällen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Mietpreisbremse.
Im Falle des Gropiushauses konnte Hachmann Lücken im Kostenmietrecht ausnutzen. Schuld daran ist auch ein massives Politikversagen. Dabei ist die Kostenmiete im Grunde ein sinnvolles Konzept. Die Miete sollte nur so hoch sein wie die anfallenden Kosten plus einer pauschale Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital. Aufgrund fehlender Sparanreize sind die Baukosten jedoch regelmäßig explodiert. Mit Darlehen und Zuschüssen hat das Land Berlin versucht, die Kostenmiete auf eine erträgliche Sozialmiete herunterzusubventionieren.
Im Falle des seit 1974 bezugsfertigen Gropiushauses kam das das Land teuer zu stehen. Bei ursprünglichen Baukosten in Höhe von knapp 31.500.000 Euro hat Berlin etwas über 42.500.000 Euro an Förderungen ausgezahlt, 57 Prozent davon in Form von Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen.
Um kurzfristig Geld in die klammen Kassen zu spülen, hat das Land dem Eigentümer angeboten, die Förderdarlehen vorzeitig zurückzuzahlen. Viele Eigentümerinnen darunter auch die Orlando, die damals noch unter dem Namen »Strandgaard Invest GmbH« firmierte, haben von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Auf diese Weise verkürzte sich die Geltungsdauer der Mietpreisbindung. Angesichts der Mietenexplosion in Berlin versprach der freie Wohnungsmarkt höhere Renditen als die staatlich garantierte Eigenkapitalrendite im Sozialwohnungsbau.
Trotz vorzeitiger Rückzahlung konnte Orlando weiterhin die Bedienung der öffentlichen Darlehen als Kapitalkosten anführen und auf die Miete umlegen. Dieses Problem der Anrechnung von fiktiven Kosten ist unter anderem durch die Konferenz zum sozialen Wohnungsbau von »Kotti & Co.« im Jahr 2012 öffentlich thematisiert worden. Getan hat sich seitdem jedoch kaum etwas. Noch immer gibt es klaffende Lücken im Kostenmietrecht.
Bis zum Wegfall der Sozialbindung Ende 2018 konnte Orlando eine Kostenmiete von bis 9,61 Euro geltend machen. Seit dem 23. November 2020 sind im Gropiushaus Kaltmieten über 6,91 beziehungsweise 7,14 Euro verboten. In Gesprächen mit Mietern hat der Mietentisch Gropiusstadt zahlreiche Verstöße gegen den Mietendeckel feststellen können.

Mietentisch Gropiusstadt