Coronaangst und Coronamüdigkeit

Impfangebote gibt es leider noch nicht genug

Unlängst fand sich in vielen Neuköllner Briefkästen ein in Baden-Württemberg gefertigter grünfarbiger Flyer. Auf den ersten Blick wirkt das handliche Blatt beruhigend, wenn es um das mutierende Coronavirus geht. Es sei »so gefährlich wie eine Autofahrt«. »Bis zu 60 Prozent aller Menschen« verfügten »bereits über eine gewisse T-Zellen-Immunität gegen das neue Virus durch den Kontakt mit bisherigen Coronaviren (ds heißt Erkältungsviren)«.
Die in dem Flyer angegebenen Weblinks verweisen schließlich auf mindestens fünf Seiten von Initiativen, die mit der Bewegung der »Querdenker« in Verbindung stehen.
Gegenüber solchen verharmlosenden Feststellungen gibt das Robert Koch Institut (RKI) regelmäßig faktisch erhobene Fallzahlen aus. Demnach kann von Erholung oder einer durchgreifenden Wirkung des Lockdowns noch nicht die Rede sein. Die Kurve der Infektions- und Sterberate stand am 31. Januar 2021 bei 11.192 Neuinfektionen und 399 Todesfällen. Auf eine durch vorherige Grippewellen entstandene »Immunität« von angeblich 60 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen kann niemand setzen.
Es ist verständlich, dass sich eine gewisse »Coronamüdigkeit« entwickelt. Alle Menschen warten darauf, wieder ihr früheres berufliches und privates freies Verhalten zurückzuerlangen, und beobachten mit Skepsis, wie ein Lockdown nach dem anderen zeitlich verlängert wird. Die »Coronangst« scheint einer verfrühten »Coronamüdigkeit« zu weichen. Die staatlichen »Impf­angebote« kommen nur zögernd voran.
Aus der anhaltenden Pandemiesituation zu folgern, diese sei bewusst »von der Regierung« beziehungsweise »vom System« herbeigeführt worden, spricht für eine »Verschwörungsmetalität« und noch mehr für die Bestrebung, an den demokratischen Abläufen in der Bundesrepublik zu rütteln.
Im Sommer hatte die sogenannte »Querdenkerbewegung« bundesweit zu großen Demonstrationen mobilisiert. In Berlin endete das mit einer versuchten Stürmung des Reichstagsgebäudes. Zahlreiche Demonstranten trugen dabei die Fahne des deutschen Kaiserreiches und sogar die »Reichskriegsflagge« des Heeres unter dem faschistischen Hitlerregime.
Das passt nicht zu ebenfalls mitgeführten schwarzrotgoldenen Fahnen sowie der scheinbaren Berufung auf das Grundgesetz.
th