Medienhype für Tasmania

Viel »Fame« für Neuköllns Bundesliganachfahren

»Jetzt fehlt eigentlich nur noch der »Emsländer Bote««, kommentierte die Instagramseite des Vereins irgendwann im Dezember die Flut an Medienanfragen, die über den »SV Tasmania« hereingebrochen war. Neben zahlreichen Auftritten in den gängigen Fernsehkanälen war der Nachfolgeverein des legendären »SC Tasmania 1900« vor allem in der Presse gefragt – auch international, von Australien über China bis in die USA.

Ein Hoch auf TAS.     Foto: Munzlinger

In der Bundesligasaison 1965/66 hatten diese als Aufsteiger mit Halbprofis im Oberhaus einige Negativrekorde aufgestellt: Unter anderem blieb man dabei 31 Spiele in Folge ohne Sieg. Eine Marke für die Ewigkeit, da war man sich bis vor Kurzem unter Fußballexperten noch sicher – doch der »FC Schalke 04« brachte diesen Rekord im Dezember/Januar tatsächlich ernsthaft in Gefahr. Das Siegen verlernt hatten die »Königsblauen« dabei schon in der letzten Saison – und je mehr sie sich Tasmanias Allzeitbestmarke näherten, um so größer das öffentliche Interesse am heutigen Oberligisten (wurde 1973 als Nachfolger des bankrotten »SC 1900« gegründet) und den Bundesligahelden von damals. Der frühere Kapitän »Atze« Becker, inzwischen 82 Jahre alt, absolvierte in diesen etwa acht Wochen jedenfalls einen wahren Medienmarathon, erteilte aber stets höflich und mit einem Augenzwinkern Auskunft.
Dass die Spieler von damals und der heutige Verein durchaus stolz auf ihre Negativrekorde sind, weil sie ihnen nicht nur Popularität bis zum heutigen Tag, sondern immer auch Sympathien und Anerkennung für die sportliche Einstellung trotz der offensichtlichen Wettbewerbsunfähigkeit einbrachte, das mussten so manche Interessenten auch erst einmal verstehen lernen. Und nicht nur damit gaben die Tasmanen »dem Affen Zucker« – so organisierten Fans des Vereins eine »Mahnwache« vor dem Olympia­stadion, als »Schalke 04« Anfang Januar zum 30. Spiel seiner Negativserie bei »Hertha BSC« antreten musste. Doch die »Knappen« sollten der Aufforderung (noch) nicht nachkommen, Tasmania den Rekord durch einen Sieg ausgerechnet in Berlin zu erhalten. So kam es eine Woche später zur Entscheidung, und das »Wunder« wurde Wirklichkeit: Die Schalker schlugen Hoffenheim gleich mit 4:0, entgingen so bei letzter Gelegenheit einer fußballhistorischen Schmach – und in Neukölln wurde nicht nur virtuell, sondern angeblich auch mit einem kleinen Autokorso gefeiert. Der identitätsstiftende Rekord Tasmanias, er blieb also erhalten – von den wenigsten Punkten (10) oder den meisten Gegentoren (108) in einer Saison und noch weiteren »Bestmarken« sei hier gar nicht erst die Rede. Das konnte man alles schließlich schon in der »New York Times« nachlesen…

Hagen Nickelé