Alles retro auf dem Tempelhofer Feld?

Freies Feld weckt wieder Begehrlichkeiten.    Foto: mr

Alte Bebauungspläne kommen wieder auf den Tisch

Die SPD will auf dem Tempelhofer Feld wieder bauen – als Teil einer angekündigten Bauoffensive. Bei den Bürgermeisterkandidaten Franziska Giffey und Martin Hikel kommt das Bauen an erster Stelle im neuen Programm.
Vom Bauwillen auf Berlins größter innerstädt­ischer Freifläche zeugte eine erstaunlich schlichte Diskussionsrunde beim Architekten- und Ingenieurverein am 4. Dezember 2020. Sie wurde unter anderem von der Groth-Gruppe gesponsert, mit der bereits der ehemalige »Degewo«-Vorständler Frank Bielka das Feld bebauen wollte.
Maren Kern, Vorstandsmitglied im »Verband Berlin-Brandenburger Wohnungsunternehmen» äußerte Zweifel, ob die Größe der kahlen Fläche allen Feldfreunden klar sei. Eine ihrer Kolleginnen schätzte, dass ein Stadtquartier für 40.000 Bewohnern gut Platz hätte. Bezirksbürgermeister Martin Hikel meinte, nur die unmittelbaren Anwohner wollten keine Teilbebauung, alle anderen schon. Andere meinten, der Naturschutz solle nach Brandenburg ausgelagert werden. Zu Hitzesommern und Erholung und Gesunderhaltung – nicht nur in Pandemiezeiten – fiel kein Wort.
Ein Fachmann aus Wien ließ sich für die »diverse Seestadt Aspern« loben. Das Großprojekt in einem dortigen Außenbezirk, ebenfalls auf einem ehemaligen Flughafen gelegen, wird von der »Degewo« seit Jahren als Referenzobjekt bemüht. Seine städtebauliche Relevanz ist allerdings umstritten.
In dieser Investorenrunde sagte einzig Tilman Heuser, Geschäftsführer des »Bund für Umwelt- und Naturschutz«, klugerweise: Erst einmal sollten die im »Stadtentwicklungsplan Wohnen« festgelegten möglichen Bauflächen aktiviert werden. Dazu zählt das Tempelhofer Feld als meistgenutzte Freifläche der Stadt nicht.
Folgender Ablaufplan ist vorgesehen: Ein Masterplan für ein neues Stadtquartier nach dem Wiener Modell Aspern mit künstlichem Bade­see oder Sportplätzen in der Mitte soll im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Ein internationaler Wettbewerb, etwa als »Internationale Bauausstellung«, könnte um 2023 erfolgen. Dann bräuchte es noch ein neues Volksbegehren mit einem Lobby-Forum und einer positiven Schlussabstimmung.
Auf dieses Programm müssen sich alle Feldfreunde einstellen.
Dazu passt es, dass den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften durch Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) der Projektentwickler Volker Härtig an die Spitze gestellt werden soll, als Leiter der koordinerenden »Wohnraumversorgung Berlin WVB«. Mieterinitiativen, die Linke und die Grünen im Senat und im Abgeordnetenhaus protestieren aufs Schärfste.

Marlis Fuhrmann