Widerstand gegen »Heimstaden«

Norwegischer Immobilien-Milliardär kauft in Berlin 3.900 Wohnungen

Es geht um nicht weniger als einen der größten Immobiliendeals in der jüngeren Geschichte Berlins: Die schwedische Immobilienfirma »Heimstaden AB« hat innerhalb der letzten Monate sage und schreibe 140 Häuser mit insgesamt fast 4.000 Wohnungen in Berlin für rund 830 Millionen Euro gekauft. Die Hälfte davon befindet sich in sogenannten Milieuschutzgebieten, also Wohngegenden, die von der Stadt aus sozialen Gründen als besonders schützenswert eingestuft worden sind.
Generell kann in Milieuschutzgebieten von den Bezirken das Vorkaufsrecht ausgeübt werden. Dadurch können selbst gewählte Käufer, beispielsweise städtische Wohnungsgesellschaften, eingesetzt werden.

Wohnungen ohne Spekulation.    Foto: pm

»Heimstaden AB« gehört zu größten Teilen dem norwegischen Investor Ivar Tollefsen, dessen Privatvermögen auf 2,9 Milliarden US- Dollar geschätzt wird. Tollefsen setzte dieses bereits in Tschechien, den Niederlanden und Skandinavien ein, um in unvorstellbaren Größenordnungen auf den dortigen Wohnungsmärkten zu investieren. Nachforschungen haben ergeben, dass zu seinem Immobilien-Imperium in ganz Europa an die 100.000 Wohnungen gehören.
Aus Sorge vor steigenden Mieten, die der Deal mit sich bringen könnte, formierte sich seitens der Mieter schnell Widerstand aus den von dem Kauf betroffenen Häusern. Am 15. November demonstrierten darum nahe der Wildenbruchbrücke mehrere hundert Menschen und forderten den Bezirk unter dem Motto »StopHeimstaden« dazu auf, das Vorkaufsrecht für alle Häuser auszuüben, die sich in sozialen Erhaltungsgebieten befinden. Gerade im Hinblick auf die bisher üblichen Geschäftspraktiken »Heimstadens« in anderen Ländern bestehe die Angst, dass Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt oder anderweitig aufgewertet werden, um sie zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend verkaufen zu können. Jochen Biedermann (Grüne) stellte in einer Rede auf der erwähnten Demonstration klar: »Ich bin richtig sauer, dass hier jemand herkommt und glaubt, er könne mehrere tausend Wohnungen kaufen, ohne sich an unsere Regeln zu halten.« Es sei daher wichtig, »ein Zeichen zu setzen: Wer in dieser Stadt Wohnungen kauft, der tut das entweder zu unseren Regeln oder er tut es nicht.«
Zu diesem Zeitpunkt liefen die Verhandlungen zwischen den betroffenen Berliner Bezirken und »Heimstaden« längst auf Hochtouren – und nur wenige Tage, nachdem die Bewohner in Neukölln demonstrierten, gab es ein handfestes Ergebnis: »Heimstaden« hat sich demnach bereit erklärt, eine Abwendungsvereinbarung für ungefähr die Hälfte der Wohnungen zu unterzeichnen. Dies bedeutet zwar, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird und »Heimstaden« als Käufer bestehen bleibt, jedoch zu festgeschrieben Sozialstandards: Keine Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen für 20 Jahre, Modernisierungskosten sollen für zehn Jahre 30 Prozent der Nettokaltmiete nicht übersteigen, und befristete Mietverhältnisse sollen bei möblierten Wohnungen in reguläre umgewandelt werden.
Diese Einigung wurde von vielen Beteiligten im Nachgang als großer Erfolg gewertet. Gerade hinsichtlich der finanziellen und bürokratischen Dimension des Deals war der Aufwand in den Verhandlungen für die Bezirksämter ein riesiger Kraftakt. Seitens der »StopHeimstaden«-Initiative gab es jedoch auch Kritik, da für die Häuser außerhalb der Milieuschutzgebiete, also knapp die Hälfte des Gesamtvolumens, die genannten Bedingungen nicht gelten.
Auf eine mündliche Anfrage seitens der Bezirksverordneten Marlis Fuhrmann (Die Linke) während der Bezirksverordnetenversammlung am 25. November, ob der Bezirk versuche, auch für diese Wohnungen Vereinbarungen mit dem Investor zu treffen, antwortete das Bezirksamt, dass Gespräche zwar stattfänden, es bisher aber noch nichts Konkretes zu vermelden gäbe. Davon betroffen seien in Neukölln laut Bezirk zwei Häuser. Man werde mit »Heimstaden« hierzu aber weiter in Gesprächen bleiben und hoffe nach wie vor auf eine gemeinsame Kooperationsvereinbarung.

mf