Erinnerungen und Klassismus

Buchempfehlungen von Kamiran Nasir Rasho

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»Kleid aus Landkarten«
Ein Kleid kann mehr sein als Stoff – es kann Erinnerung tragen, Herkunft, Verlust und Hoffnung.
In »Kleid aus Landkarten« erzählt Melis Ntente von den Spuren, die Migration, Heimatlosigkeit und das Suchen nach Zugehörigkeit im Leben hinterlassen. Es sind poetische, autobiografisch geprägte Texte, in denen sich persönliche Erfahrungen mit gesellschaftlichen Fragen verweben. Die Sprache ist zutiefst poetisch, reich an rhetorischen Mitteln, voller Bilder, Metaphern und feiner Klänge. Hinter jedem Satz verbirgt sich ein leises, trauriges Gefühl – fast so, als ob zwischen den Zeilen eine Träne hinabrollt. Man spürt die Verletzlichkeit und die Sehnsucht, die sich wie ein Schatten hinter jedes geschriebene Wort legen.
Die Autorin nimmt ihre Leser mit in Geschichten von Aufbrüchen und Ankommen, von Grenzen, die nicht nur Länder trennen, sondern auch Menschen und Gefühle. Karten werden zu Kleidern, die man mit sich trägt – schwer, manchmal schmerzhaft, und doch voller Erinnerungen.
Ntente schreibt über Sprache als Heimat, über Orte, die bleiben, auch wenn man längst woanders ist, und über Identität, die immer in Bewegung bleibt. Zwischen Schmerz und Schönheit zeigt das Buch, dass sich Erinnerung nicht abstreifen lässt – man trägt sie wie eine zweite Haut.
»Kleid aus Landkarten« ist ein leises, aber kraftvolles Werk. Es erzählt von Migration nicht in Statistiken, sondern in Stimmen, in Gefühlen, in poetischen Bildern. Melis Ntente gibt dem Unsagbaren eine Sprache. Ihr Buch ist eine Einladung, genauer hinzuhören – zu den Geschichten von Menschen, die sich zwischen Welten bewegen.

kleid aus landkarten
Melis Ntente Reihe: Haymatlos
Paperback, 64 Seiten
14,80 Euro

»Klassenfahrt«

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Klassismus ist ein stiller Begleiter in vielen Lebenswegen. Oft unsichtbar, aber immer spürbar. Das Buch »Klassenfahrt«, herausgegeben von Frede Macioszek und Julian Knop, sammelt 63 Stimmen, die diese feinen Unterschiede sichtbar machen. Menschen erzählen von Scham und Ausgrenzung, von ersten Klassenfahrten, die sie sich nicht leisten konnten, von Pausenbroten, die anders aussahen, und von Fragen, die sofort verrieten, ob man dazugehört oder nicht. Es sind Geschichten von Kindern, die Ausreden fanden, um nicht auffallen zu müssen. Von Jugendlichen, die Kleidung als Eintrittskarte in Freundeskreise erlebten. Von Erwachsenen, die merkten, dass Herkunft mehr Türen verschließt als öffnet. Doch inmitten von Schmerz und Ungerechtigkeit finden sich auch Mut, Stärke und Solidarität. „Klassenfahrt“ ist ein vielstimmiges Zeugnis darüber, wie Klassismus wirkt – subtil, verletzend, manchmal unsichtbar. Und doch zeigt das Buch auch Wege, sich dagegenzustellen. Es gibt denjenigen eine Stimme, die sonst oft überhört werden. Ein Aufruf, genauer hinzusehen und zuzuhören.

Klassenfahrt
Krischan Macioszek, Julian Knop (Hg.)
Paperback, 240 Seiten
16,80 Euro
Mit Comics und Zeichnungen