Die Poller im Reuterkiez bleiben

Poller dürfen weiterhin den Verkehr lenken.   Foto: mr

Das OVG bestätigt die Rechtmäßigkeit des Verkehrskonzeptes

Die Umsetzung des Verkehrskonzeptes im Reuterkiez ist rechtens. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) am 16. Juni in einem Eilverfahren entschieden und damit ein früheres Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Das Bezirksamt hatte nach einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und einem erfolgreichen Einwohner­antrag mit mehr als 1.000 Unterschriften ein mehrstufiges Beteiligungsverfahren mit der Anwohnerschaft eingeleitet. Auf dieser Grundlage wurden im November 2023 Diagonalsperren und Poller, Einbahnstraßenregelungen sowie Querungshilfen angeordnet, um den Durchgangsverkehr aus dem Wohngebiet herauszuhalten und bessere Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr zu schaffen. Dagegen hatten zwei Anwohner und ein nicht in Neukölln wohnender Verkehrsteilnehmer geklagt. Sie sahen keine besondere Gefahrenlage und warfen dem Bezirksamt vor, überzogen gehandelt zu haben. Das OVG stellte klar, dass die Maßnahmen als Gesamtpaket zu betrachten seien und nicht für jede Straße einzeln eine Gefahrenlage nachgewiesen werden müsse. Das Bezirksamt habe im Rahmen seines Ermessens gehandelt und die Belange der Antragsteller ausreichend berücksichtigt.
»Kiezblocks sind kein Wohlfühlfaktor, sie verhindern Unfälle«, sagte Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne) in der BVV am 25. Juni.
In der Antwort auf eine Große Anfrage der Fraktionen von SPD und Grünen wies er darauf hin, dass die Zahl der Verkehrsunfälle seit Umsetzung des Konzepts um rund 40 Prozent gesunken sei. Wurden 2023 noch 36 Leicht- und sechs Schwerverletzte registriert, waren es 2024 nur noch 16 Leichtverletzte – Schwerverletzte gab es keine. Die Schadenssumme halbierte sich. Aus der Bewohnerschaft habe das Bezirksamt mehr positive als negative Rückmeldungen erreicht. Das sei durchaus ungewöhnlich, weil es oftmals näher liege, sich zu beschweren als eine positive Rückmeldung zu geben, sagte Biedermann.
In der Senatsverkehrsverwaltung ziehen diese Argumente offenbar nicht. Senatorin Ute Bonde (CDU) stoppte kürzlich die Finanzierung eines Modellprojekts in Mitte. Sie kündigte an, bestehende Kiezblock-Pläne stadtweit kritisch zu prüfen. Vorerst fließe kein neues Geld.
Da der Bezirk bereits in diesem Jahr kein Geld bekommen habe, werde sich die Umsetzung des Verkehrskonzepts für den Körnerkiez und den Kranoldkiez verzögern. »Das ist ein Versuch, in die Belange der Bezirke hineinzuregieren, um ihr eigenes Verkehrskonzept durchzusetzen«, sagte Biedermann dazu.
Mit dieser aus der Zeit gefallenen Politik blockiere der Senat die Verkehrswende, sagte Georg Frankl (Linke). Es brauche mehr Fairness für alle Verkehrsteilnehmer.
Dass es kein Recht auf unbegrenztes Autofahren gibt, hat das Berliner Verfassungsgericht mit seinem Urteil deutlich gemacht, das das Volksbegehren »Berlin autofrei« für zulässig erklärt. Die Stadt sei nicht verpflichtet, Straßen uneingeschränkt für den Autoverkehr zuzulassen. Die seien schließlich vielfältig nutzbar und nicht dem motorisierten Individualverkehr vorbehalten – und nur weil das derzeit so ist, müsse es nicht so bleiben, stellt das Gericht klar.

mr.