Neukölln wird geteilt

Glascontainer im Süden nur noch auf der Straße

Die Senatsverwaltung für Umwelt unter der Grünen Senatorin Regine Günther hat 2019 mit der Firma »Berlin Recycling«, einer Tochter der BSR, vertraglich vereinbart, dass sie über 30.000 Altglassammelbehälter abschaffen darf.

Wanderungen zum Container.     Foto: rr

Betroffen sind Wohnanlagen und Privathaushalte in neun Bezirken in Gebieten außerhalb des S-Bahnringes. Neuköllner südlich des S-Bahnringes können nun ihr Altglas nur noch in die raren, öffentlichen Depotcon­tainer geben oder müssen zum Recyclinghof an der Grade­straße. Damit sind Britz, Buckow, Rudow und die Gropiusstadt von Nordneukölln abgetrennt.
1991 wurde die Entsorgung von Verpackungen, also auch von Glas, vollständig privatisiert. Das seit 1992 existierende »Berliner Modell«, bei dem Altglas hier mit dem Hausmüll zusammen eingesammelt wird, gilt nur noch bedingt. 2019 ersetzte das Verpackungsgesetz die alte Verpackungsordnung. Die Forderung Berlins, darin verbindlich auch Rahmenvorgaben für die Ausgestaltung der Einsammlung festzulegen, lehnte die Bundesregierung ab. Dagegen protestieren Abgeordnete und die großen Wohnungsbaugesellschaften, weil diese Industriefreundliche Regelung ein völlig falsches Signal sei.
Haushaltsnahe Glassammelgefäße sind kostenintensiver, auch hat das gesammelte Glas nicht immer die Qualität, um es kostengünstig zu recyceln, weil Berlin Altglas nur in den Kategorien weiß und farbig sammelt. Andernorts ist es üblich, auch Braunglas extra zu halten.
Die Tonnen sind nun größtenteils fort. Öffentliche Sammeliglus sind noch nicht so zahlreich, dass jeder betroffene Neuköllner wie angedacht nur 300 Meter bis zur Sammelstelle hätte. Im Britzer Weltkulturerbe zum Beispiel kann, je nach Standort, dieser Weg schon bis zu 1,5 Kilometer betragen. Mit der Senatsverwaltung wird sich das nur langsam ändern. Lange Umwege zur Glasentsorgung eskalieren, besonders für ältere Menschen, zur logistischen Herausforderung. Vermehrt landet deshalb viel Altglas nun im Hausmüll, was dessen Ökobilanz deutlich verschlechtert.
Ein Argument, dass ein Abzug der Glastonnen allgemein die Luft entlasten würde, weil weniger LKW-Fahrten nötig sind, hinkt deshalb, da von dieser Berliner Müllteilung der stark belastete und dicht bebaute Innenstadtbereich mit seinen überfüllten Straßen ausgeklammert ist.

rr