Halbfigur füllt Raum

Neue Installation im Kesselhaus auf dem Kindl-Gelände

Nach Roman Signer mit seinem kopfüber hängenden Flugzeug »Kitfox Experimental«, David Claerbout mit der auf 1000 Jahre angelegten Echtzeitprojektion »Olympia« und Haegue Yang mit ihrer mitten im Raum aufgehängten Installation »Silo of Silence – Clicked Core« ist Thomas Scheibitz nun der erste Künstler, der auf die räumliche Ausgangslage mit einem auf dem Boden stehenden Werk antwortet.

»Plateau mit Halbfigur«.                                                                                                                                       Foto: jr

Die Aufgabe, die der Kurator Andreas Fiedler dem Künstler stellte, war, ein ortsspezifisches Kunstwerk auf einem Sockel zu schaffen. Entstanden ist das »Plateau mit Halbfigur«.
Eineinhalb Jahre verwendete Scheibitz für die Umsetzung der Installation, die seit dem 9. September im Kesselhaus auf dem Kindl-Gelände zu besichtigen ist. Ein mehrköpfiges Team inklusive einem Statiker füllten den etwa 20 Meter hohen Raum mit einem Werk von sieben Elementen oder, wie Scheibitz sie selbst bezeichnet, sieben Prototypen: Gebäude, Buchstabe, Gesicht, Tropfen, Tor, Brücke und Stiefel. Die Prototypen bilden ein Ensemble, das zu einer allansichtigen Skulptur zusammenwächst. Somit ist es für den Betrachter möglich, um das Werk herumzulaufen und immer wieder neue Perspektiven, Durchblicke und Situationen zu entdecken. Das Objekt fügt sich erstaunlich gut in diesen hohen Raum, die Proportionen sind perfekt auf das Kesselhaus abgestimmt.
Eine weitere Ausstellung begann zeitgleich in den Ausstellungsräumen. »Things doing their Thing« von Kathrin Sonntag. Mit der Installation schafft sie ein Setting, das auf den ersten Blick improvisiert wirkt und damit ein Echo zu den Motiven der Fotoserie erzeugt. Es entsteht eine Wahrnehmungsverschiebung, indem der Raum einbezogen wird.

Die Sonntag-Leiter macht ihr Ding.                                                                                                                Foto: jr

Der Betrachter gerät ins Stolpern und muss seine eigene Wahrnehmung immer wieder überprüfen.
Die Fotografien entstanden auf Reisen und in ihrem nahen Umfeld in Berlin. Anfangs waren die Bilder nicht als Serie geplant, sondern entstanden als Einzelbilder und Momentaufnahmen. Erst nach und nach entstand die Serie. Die Fotos zeigen Situationen, in denen provisorische und ungewöhnliche Lösungen für Probleme gefunden wurden. Beispielsweise ein an der Balkonaußenbrüstung angebrachter handelsüblicher Wäscheständer.
Im Raum befinden sich Werkzeuge, Malerutensilien und Kabel. Der Besucher reagiert beim Betreten der Ausstellung mit dem Eindruck, dass die Arbeit noch weiter geht. Das jedoch ist die Verbindung zwischen provisorischem Foto und Ausstellungsraum. Trotz der Bilderfülle und des im Raum liegenden Materials entsteht eine helle und offene Atmosphäre. Der Künstlerin ist es mit Humor gelungen, eine Ausstellung zu schaffen, die Heiterkeit auslöst.

jr, ro, th