Der Windmühlenkrampf in der Verwaltungsreform

Kirsten Flesch über ihre Arbeit im Abgeordnetenhaus

Flesch
Kirsten Flesch.                                                                       Foto:mr

Der Fall der Mauer im Jahre 1989 war für die schon immer politisch interessierte Juristin Kirsten Flesch ausschlag-gebend, aktiv in den politischen Betrieb einzu-steigen. »Es war die Zeit, in der man gestalten konnte«, so die SPD Abgeordnete. Die in Remscheid geborene Arbeitertochter erhielt die SPD-Mitgliedschaft qua Geburt im ehemals roten Nordrhein-Westfalen. 1971 zog sie nach Berlin. 14 Jahre hat sie in Neukölln gewohnt, dann kam 1990 der erste Wahlkampf und sie verlor. Im Wahlkampf für das Berliner Abgeordnetenhaus 1995 war sie zur richtigen Zeit die richtige Frau am richtigen Ort. Seither ist sie Neuköllner Abgeordnete der SPD und beeinflusst die Geschicke des Bezirks.Fleschs Steckenpferd ist die Verwaltung. Vehement kämpft sie in diesem Bereich für Transparenz und Bürgernähe. Neukölln ist beispielhaft für eine bürgernahe Verwaltung. So waren die Neuköllner Bürgerämter bis vor drei Jahren so attraktiv, dass sie selbst Kreuzberger, deren Bürgerämter schon damals kollabierten, locker mitbedienen konnten. Jedoch muss sie feststellen, dass seit drei Jahren eine Trendwende in der Senatsverwaltung alle Errungenschaften ruiniert. Es gäbe dort nicht mehr den Motor hin zur Bürgernähe, und ohne diesen gerate der Apparat des öffentlichen Dienstes in eine Erstarrung, die zu Lasten der Bürger gehe.
Auf die Frage, wie der Personalausweis am geschicktesten und schnellsten zu verlängern sei, beschreibt sie drei Wege, einen Termin zu ergattern. Die telefonische Terminvereinbarung, der Besuch eines Bürgeramtes, um einen Termin zu bekommen, oder den Weg über das Internet. Die elektronische Terminvereinbarung ist dabei das schwächste Glied, denn ein Bürger kann gleich mehrere Termine blocken. Das ist dann auch der Grund, dass auf diesem Weg nahezu immer alle Termine ausgebucht sind.
Insgesamt betrachtet sie das Funktionieren des öffentlichen Apparates als gut, merkt jedoch an, dass auch hier Fachpersonal fehle und damit Engpässe programmiert seien. Ursache dafür sei der Umstand, dass gut ausgebildete Menschen in der freien Wirtschaft deutlich besser entlohnt werden als im öffentlichen Dienst.
Die Entwicklungen im Reuterkiez, wo sich auch ihr SPD-Abgeordnetenbüro in der Pflügerstraße 52 befindet, begrüßt Kirsten Flesch. »Die Mieten steigen nur im gesetzlichen Rahmen, Luxussanierungen wie am Prenz-lauer Berg gibt es hier nicht. Wir haben so viel reingesteckt, damit Neukölln seinen Slumcharakter verliert, die Gentrifizierungsdebatte ist hysterisch und gesteuert.« Zum Verhältnis von Miet- und Einkommenssteigerung sagt sie: »Klar, das Einkommen müsste schon mitsteigen. Es gibt ja viele tolle, große Altbauwohnungen, aber die sind zu groß für Hartz 4-Empfänger.«
Flesch greift in ihrem Wahlkreis, dem Richard- und dem Reuterkiez, die Probleme auf und trägt sie in den Ausschuss für Arbeit, Integration, Frauen und berufliche Bildung, in dem sie als Mitglied aktiv die Lebenssituation vieler Neuköllner beeinflussen kann. So ist sie beispielsweise froh über die Entwicklung auf dem Campus Rütli. Während früher die jungen Familien wegzogen, sobald die Kinder die Schulreife erlangt hatten, bleiben sie nun im Kiez und schicken ihre Kinder hier zur Schule.
Im Ausschuss für Wissenschaft fördert sie die Hochschulkrankenhäuser. Ehrenamtlich engagiert sich Flesch für die AWO, bei der sie sich auf die Arbeit mit Hortkindern konzentriert. Bemerkenswert ist auch das monatlich stattfindende Arbeitslosenfrühstück, das die Abgeordnete vor 15 Jahren ins Leben rief. Fünf bis sechs Helfer bedarf es, um die 35 bis 45 Menschen zu bewirten.
Kirsten Flesch befindet sich am Ende ihrer politischen Karriere. Sie wird für die nächste Amtsperiode nicht mehr zur Verfügung stehen und geht in den staatlichen Dienst zurück. Ihren Ehrenämtern, die sie als Politikerin geerdet haben, wird sie mit Freuden weiterhin nachgehen.

ro