Gedenken an einen Unbeugsamen

Vor 90 Jahren wurde Erich Mühsam ermordet

Mühsamgedenkstätte in Britz. Foto:mr

Von 1927 bis 1933 lebten der Dichter, Publizist, Antimilitarist und politische Aktivist Erich Mühsam und seine Frau Kreszentia – genannt Zenzl – in der Dörchläuchtingstraße in der Hufeisensiedlung. In der Nacht des Reichstagsbrandes wurde er von der preußischen Polizei im Beisein von SA-Männern verhaftet und in den folgenden 14 Monaten durch Gefängnisse und Konzentrationslager (KZ) geschleppt, wo er gefoltert und gequält wurde. Anfang Oktober 1933 wurde er in das KZ Oranienburg verlegt, wo er in der Nacht zum 10. Juli 1934 von Angehörigen der SS ermordet wurde, wobei sie einen Selbstmord durch Erhängen vortäuschten.
Daran erinnerte die Ini­tiative »Hufeisern gegen Rechts« mit einer Gedenkveranstaltung.
Rund 30 Personen hatten sich an dem Denkmal eingefunden, das in unmittelbarer Nachbarschaft zu Mühsams ehemaliger Wohnung errichtet wurde, und lauschten dem Bericht eines Mithäftlings im KZ Oranienburg über Mühsams Ermordung. Die Veranstaltung endete mit einer Blumenniederlegung.
Mühsam, prominentestes Todesopfer des KZ Oranienburg, gehörte nicht zufällig zu den frühen Opfern des Hitler-Regimes. Als radikaler Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft wandte er sich früh gegen jeden staatlichen Zwang und bekannte sich zum politischen Anarchismus. Er war führend beteiligt an der ersten Münchener Räterepublik, wurde 1919 als »literarischer Hochverräter« zu fünfzehn Jahren Festungshaft verurteilt und erst 1924 begnadigt. Er zog zurück nach Berlin, gab die anarchistische Zeitung »Fanal« heraus und schrieb satirische Beiträge für das Berliner Tageblatt. Er kämpfte für die Freilassung politischer Gefangener und war ein steter Warner vor dem heraufziehenden Faschismus. In dem Aufsatz »Das Ende der Demokratie« attackierte er die konservativen Eliten der Weimarer Republik, die die Hitlerpartei duldeten oder sogar förderten. Das machte ihn zum Hassobjekt der Nazis. Im Dezember 1932 forderte Josef Goebbels öffentlich: »Das rote Judenaas muss weg.«

mr