Archiv der Kategorie: Kiez

Kiezgespräch

Von Müll und Fahrrädern

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Lasse: Der Müll in Neukölln. Bei mir zuhause, auf der Straße, den öffentlichen Plätzen, überall. Als müsse man sich damit einfach abfinden. Letztens habe ich unter der Woche, nachmittags mein Altglas entsorgt und bin von einem Nachbarn angeschnauzt worden, weil das zu laut sei. Ich werde beleidigt, weil ich meinen Abfall entsorge. Geht‘s noch? Die BSR kommt nicht hinterher, und unser Innenhof ist eine absolute Schande. Da muss sich was ändern! Apropos: Pünktlich zu den Wahlen. Die Politik liefert wirklich gute Ansätze und Ideen, aber können wir das offensichtlichste aller Probleme in Neukölln bitte wirklich einmal angehen. Der Müll nervt!
KuK: Gibt es noch ein Thema, das dich im Moment beschäftigt?
Lasse: Die verdammten Fahrradleichen. Ich habe es satt, dass ich nach der Arbeit verzweifelt mein Fahrrad wie bei Tetris in kleinste Lücken stopfen muss, nur um am nächsten Tag eingeparkt zu sein und um 7 Uhr in der Früh meinen Drahtesel befreien zu dürfen. Das einzig Gute dabei ist, dass ich mir so das Fitnessstudio spare, weil ich einmal täglich mein Rad tragen muss. Witzig auch, wenn die Hausverwaltung alle paar Jahre mal so tut, als ob sie sich darum kümmern würde. Bei solchen Aktionen passiert in der Regel rein gar nichts, außer, dass das eine Rad, das schon halb mit dem Baum im Innenhof verwachsen war, nicht mehr da ist. Dabei wäre das sogar noch als Kunst durchgegangen.

me
*Lasse, Werrastr.

»Jüdisches Leben ist keine Provokation«

Kampf dem Hass.    Foto: mr

Kundgebung am Rathaus Neukölln

Am Rande einer pro-palästinensischen Kundgebung im Mai am Hermannplatz wurde eine Gruppe junger Juden angegriffen und beleidigt. Ein Beispiel von vielen, nicht nur in Neukölln. Ein Polizist riet ihnen anschließend, lieber keine Kette mit dem Davidstern offen zu tragen, um nicht unnötig zu provozieren. Ähnliche Ratschläge gab es auch von Kommentatoren verschiedener Medien. Eine Haltung, gegen die sich inzwischen Widerstand formiert.
»Jüdisches Leben ist keine Provokation« war das Motto einer Demonstration, zu der sich am 25. Juli rund 300 Menschen vor dem Neuköllner Rathaus versammelten. Aufgerufen hatte das »Bündnis gegen Antisemitismus Neukölln«. »Jüdisches Leben ist keine Provokation« weiterlesen

Immer wieder sonntags fehlt Hassans Bäckerei

Ordnungsamt bleibt eisern

»Das kostet uns recht viel Umsatz. Gerade im Sommer kommen die Menschen aus dem Kiez und Touristen, die zum Tempelhofer Feld wollen oder zurückkommen. Wir verkaufen dann nicht nur Backwaren, sondern sehr viele Getränke und Eis«, stellt Hassan fest. Auf Anordnung des Neuköllner Ordnungsamtes dürfen der gestandene türkische Kaufmann und sein Team den »Kiezladen« an der Schillerpromenade Ecke Allerstraße am Sonntag nicht mehr öffnen, mitten in der Zeit der restriktiven Pandemieregelungen.

wie im Lockdown.          Foto: mr

Der »Kiez­laden« ist eine Bäckerei, die sonst an sieben Tagen in der Woche ihren umfangreichen Service angeboten hatte. Stets frische Kuchen, belegte Brötchen, Crois­sants, alkoholfreie und alkoholische Getränke, Internetcafé sowie Lebensmittel gehören zum Sortiment und werden gerne in Anspruch genommen, zusätzlich die stark gefragte Postfiliale. »Wir beachten weiterhin streng alle hygienischen Auflagen, die während der Coronawellen zu erfüllen sind. Gleich zu Anfang haben wir sonntags den Verkauf von sonstigen Lebensmitteln eingestellt, extra mit einem großen Schild darauf hingewiesen. Die Leute hatten dafür Verständnis.« Immer wieder sonntags fehlt Hassans Bäckerei weiterlesen

Wasserprobleme? In Berlin?

Wasser macht Sorgen

Berlin müsste längst auf dem Trockenen sitzen, so heiß und niederschlagsarm waren die letzten drei Jahre. Auch sank der Wasserzustrom aus Brandenburg mit den ersten trockenen Flüssen dort um 75 Prozent! Doch noch wird das Wasser hier nicht weniger, nur schmutziger. Zwei Drittel des Trinkwassers stammen aus einer »Uferfiltration«, also aus dem Grundwasser, das aus den Flüssen durch den Boden sickert. Noch können die Berliner Flusspegel durch Stauung im Umland halbwegs normal gehalten werden. Auch, damit die Spree nicht rückwärts fließt.

Eiszeitlicher Krugpfuhl: Ausgetrocknet.   Foto: rr

Dennoch müsste in Berlin schon jetzt übers Wassersparen nachgedacht werden, weil der Wasserbedarf der Hauptstadt bis 2050 stark zunehmen wird. Vier von acht Berliner Wasserwerken sind laut Umweltverwaltung bereits »im Minus«, das heißt dort wird mehr Wasser gefördert, als sich in ihrem Einzugsbereich als Grundwasser neu bilden kann. Schon unter den heutigen Rahmenbedingungen kann eine ganzjährige Versorgung in Zukunft nicht garantiert werden. Eine einheitliche Wasserwirtschaft mit Brandenburg steht weiterhin aus, und unklar bleibt, welche Folgen die Inbetriebnahme des Tesla-Werks auf das Brandenburger und das Berliner Wasser haben werden. Wasserprobleme? In Berlin? weiterlesen

Britzer Mühle neben der Kappe

Sanierungsarbeiten unter Beobachtung

Seit dem 8. Juli steht das Mühlengebäude neben seiner 27 Tonnen schweren Kappe. Diese trägt sonst die Flügel und eine Wind­rose, die bei Betrieb automatisch die Flügel immer gut im Wind hält. Jetzt aber wird die wohl älteste noch betriebsbereite Mühle Berlins umfassend saniert, was natürlich von den Mitgliedern des Britzer Mühlenvereins gewissenhaft beobachtet und dokumentiert wird.

Es klappert die Mühle am rauschenden Zaun.     Foto: rr

Dieser 150 Jahre alte, äußerst seltene zwölfkan­tige Holländer-Mühlentyp mit Galerie und zwei Mahlgängen steht auf einer Streuobstwiese am Rande des Britzer Gartens. Sie ist die letzte von ehemals sechs Britzer Windmühlen. Von den einst 150 Windmühlen Berlins sind noch acht vorhanden. Die Britzer Mühle ist von besonderer Bedeutung, da sie die einzige aus dem historischen Bestand ist, in der weiterhin nur mit Windkraft gemahlen wird. Britzer Mühle neben der Kappe weiterlesen

Willy Brandt und Bruno Bauer

Ein Appell von Herbert Witzel

Kennen Sie den Unterschied zwischen dem Millionengrab Willy Brandt-Großflughafen und dem Ehrengrab Bruno Bauers?

Ist-Zustand.Foto: H.F.Witzel

Dessen Grab auf dem St. Jacobi-Friedhof, Hermannstraße 99-105, ist das einzige, auf dessen Stein – heute leider fast unleserlich – geschrieben steht: »Er war ein Bürger Rixdorfs.« Da war »Dr. phil. Bruno Bauer« stolz drauf, und Rixdorf war stolz auf ihn. Zeitungsbericht zur Beerdigung 1882: »Auf dem nahen Kirchhof der Jacobigemeinde wurde der Verstorbene in einem Reihengrab beigesetzt. Da zugleich ländlich gekleidete Bewohner Rixdorfs sowie die Dorfjugend der Beisetzung beiwohnten, so hatte es fast den Charakter eines großen Familien­ereignisses.« Willy Brandt und Bruno Bauer weiterlesen

Kiezgespräch

Vom Wunsch endlich anzukommen

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Galal: Am meisten denke ich gerade daran, dass ich schon wieder umziehen musste, schon wieder raus aus der Wohnung, wieder woanders hin. Ich wohne jetzt im Wedding, fast Reinickendorf. Meine Familie und ich können uns Neukölln nicht mehr leisten, seit Kurzem, seit der Mietendeckel beendet wurde. Davor war es auch oft knapp mit dem Geld bei meinen Eltern, aber jetzt geht es nicht mehr. Ich war sehr gern in Neukölln. Wir sind vor fünf Jahren aus Syrien hierher gekommen in den Reuterkiez. Als ich ein Baby war, sind meine Eltern mit mir schon aus Palästina nach Syrien geflohen. Ich bin mein ganzes Leben immer im Aufbruch, nie angekommen, und ich will das nicht mehr. Ich will einfach mal wo leben, meine Schule fertig machen, überhaupt einmal irgendwo sein. Kiezgespräch weiterlesen

Schön, aber längst noch nicht beim Alten

Das Leben kehrt auch ins Laika zurück.    Foto: mr

Die Neuköllner Gastronomie im Neustart

Es war mehr als ein Scheißjahr (nicht nur) für Gastronomen seit März 2020. Doch wenn nicht ein paar Schreihälse wieder etwas Virales einschleppen, könnten die wiedergewonnenen Möglichkeiten, sich vor und teilweise sogar in Kneipen, Bars, Cafés und Restaurants aufzuhalten, zu treffen und angstfrei das Leben, die Freundschaft und Speis und Trank zu genießen, sich verstetigen. Die Bedenken vieler sind noch nicht ganz weg sich auszumalen, dass sich bald wieder mehr als mit Faust und Ellenbogen begrüßt, ja sogar wieder in Lokalen gefeiert und getanzt werden könnte – und nicht nur heimlich oder mit leicht schlechtem Gewissen daheim oder in Parks. Doch es wird sich auch schon wieder mal freudig gedrückt und geherzt.
Dass viele unserer geliebten Lokalitäten wieder für uns da sind, straft schlimmste Befürchtungen aus der tiefsten Krisenphase zum Glück Lügen. Wer sich in seiner Neuköllner Nachbarschaft umschaut, hat aber sicher auch manche Veränderungen wahrgenommen, die mal pandemiebedingt, mal den Zeitläuften geschuldet sein mögen. Es wird besser, aber längst ist es nicht wie es war – und das muss vielleicht ja auch nicht sein. Schön, aber längst noch nicht beim Alten weiterlesen

Parkplätze zu Lebensraum

Alternativen für den zugestellten Schillerkiez

Die Diskussion um die Verteilung des öffentlichen Raumes ist in vieler Munde, so auch in Neukölln in vielen Kiezen.
Im Schillerkiez besetzte die Gruppe »Parkplatz Transform« am 25. Juni einen Parkplatz in der Oderstraße, um auf die Verteilung des Straßenlandes aufmerksam zu machen. In einer kleinen Ausstellung präsentierten sie die Daten zum Schillerkiez.

Parkplatzbesetzung.   Foto: bs

Die Gesamtfläche des Schillerkiezes beträgt 500.000 Quadratmeter. Davon sind 140.000 öffentliches Straßenland, das 32.000 Quadratmeter Parkplätze umfasst, also 23 Prozent. Das ist in etwa die Fläche von 4,5 Fußballfeldern. Laut Zählungen vor ziemlich genau einem Jahr gibt es exakt 2.589 Parkplätze im Kiez, die wenigsten davon sind Menschen mit Handicap vorbehalten.
Etwa 30 Prozent der Haushalte im Schillerkiez verfügen über ein Auto, nicht jedes davon wird täglich genutzt.
Der Anteil an Grünflächen im Kiez beträgt 7.600 Quadratmeter, der an Spielplätzen 6.200 Quadratmeter.
Die Zahlen zeigen eine ungleiche Verteilung des öffentlichen Raumes, der sich besser nutzen ließe und höhere Aufenthaltsqualität für Menschen bieten könnte. Parkplätze zu Lebensraum weiterlesen

Auszeichnungen für Ehrenamtliche verliehen

Neuköllner Ehrennadel würdigt Engagement

Üblicherweise wird die Neuköllner Ehrennadel immer am Samstag vor dem dritten Advent im weihnachtlich geschmückten Festsaal des Britzer Schlosses verliehen. Im vergangenen Jahr wurde das vom Coronavirus verhindert. Am 12. Juni holten Bezirksbürgermeister Martin Hikel und Lars Oeverdieck, Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung, die Auszeichnung nun in etwas kleinerem Rahmen im Kulturstall auf dem Gutshof Britz nach.

Engagiert und geehrt.   Foto: mr

Die Neuköllner Ehrennadel ist die höchste Ehrung des Bezirks und wird seit 1984 an Bürgerinnen und Bürger verliehen, die sich in besonderer Weise um den Bezirk verdient gemacht haben. »Engagement ist der Motor für eine lebendige Demokratie«, sagte Lars Oeverdieck in seiner Begrüßungsrede. Ohne den Einsatz der Ehrenamtlichen wäre der Bezirk weniger menschlich. Auszeichnungen für Ehrenamtliche verliehen weiterlesen

Kiezgespräch

Von Freude und Badespaß

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Marina: Diverse Erleichterungen und positive Entwicklungen. Ich war gerade einkaufen mit dem Fahrrad und hatte eines meiner Kinder dabei. Dabei habe ich das erste Mal so richtig bemerkt, wieviel sich hier in letzter Zeit getan hat. Die neue Promenade am Kanal mit Fahrradstraße, dann noch der Abschnitt der Weserstraße als Fahrradstraße – das tut gut, weil ich mein Kind ohne Angst mit dem Fahrrad fahren lassen kann. Oh, und wo ich bei meinen Kindern bin: Ich bin so froh für die Beiden, weil so langsam die bezirklichen, aber auch freie Ferienangebote wieder richtig losgehen nach dem Horror vom letzten Jahr. Die Kids freuen sich wahnsinnig auf ihr kommendes Skatecamp in Brandenburg, und das macht mich natürlich auch glücklich. Kiezgespräch weiterlesen

Gedenktafel für Zwangsarbeiterlager in Britz

Kaum enthüllt, schon wieder verschwunden

Eine halbe Million Menschen aus Gebieten, die während des Zweiten Weltkriegs besetzt waren, wurden in Berlin als Zwangsarbeiter ausgebeutet. Es gab sie in jeder Nachbarschaft, in der Landwirtschaft, in der Rüstungsindustrie, auf kirchlichen Friedhöfen und sogar in privaten Haushalten. Das System der Zwangsarbeit fand vor aller Augen statt. Auf rund 3.000 wird die Anzahl der Lager im Berliner Stadtgebiet geschätzt. Die Orte des Verbrechens verschwinden langsam in der wachsenden Stadt. Nur an wenigen Stellen sind inzwischen Gedenk­orte eingerichtet worden, so etwa auf dem Friedhof Jerusalem V an der Hermannstraße.

Die Tafel des Anstosses.       Foto: mr

Auch in Britz gab es zwei Zwangsarbeiterlager – an der Fulhamer Allee und an der Onkel-Bräsig-Straße 6-8. Heute stehen dort Garagen. Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, wurde dort auf Betreiben der Anwohnerinitiative »Hufeisern gegen Rechts« eine provisorische Gedenktafel enthüllt mit der Aufschrift: »Hier befand sich von 1941 bis 1945 ein Barackenlager für polnische und sow­jetische Zwangsarbeiter*innen. Die 18 Männer und Frauen wurden zu Bau- und Instandhaltungsarbeiten in der Hufeisensiedlung eingesetzt.« Gedenktafel für Zwangsarbeiterlager in Britz weiterlesen

Hermannstraße für alle

Flanierdemo im Schneckentempo

Elf Initiativen forderten, kreativ und im gemächlichen Flaniertempo, am letzten Mai-Wochenende stadtplanerische Umsetzungen für ihr bereits 2020 vorgelegtes Konzept für die Hermannstraße.

Foto: Carsten Rose

Eines der Anliegen ist die Fahrradinfrastruktur mit geschützen Radwegen auf der gesamten Länge. Trotz geltendem Tempo 30 für Autofahrer gleicht dort die Fortbewegung per Fahrrad eher einem Nahtod­erlebnis.
Weiteren Wünschen nach Flächengerechtigkeit, Klimaschutz, Bio­diversität und rascher Mobilitätswende wurde mit Redebeiträgen Nachdruck verliehen. Musik und Pflanzentausch trugen zur entspannten Stimmung der rund 500 Teilnehmer bei. Besonders Kinder hatten ihren Spaß, einmal auf der sonst stark befahrenen Straße laufen, hopsen, liegen, sitzen und angstfrei radeln zu können.

bs

Neues QM im Harzer Kiez

Anlaufstelle für soziale und integrative Kiezkooperation

Der Harzer Kiez am östlichen Rand Neuköllns, also kurz vor Alt-Treptow, ist neuköllnische Vielschichtigkeit schlechthin. Während es zur einen Seite Richtung Sonnenallee gerne laut und extrovertiert zur Sache geht, wirkt es auf der anderen eher ein wenig verträumt und entspannt, aber definitiv nicht weniger einladend.

Das QM-Team.Foto: mf

Um den integrativen Charakter und Zusammenhalt der Nachbarschaft in Zukunft weiter zu untermauern, gibt es in der Treptower Straße seit diesem Jahr ein eigenes Quartiersmanagement. Dort sollen Anwohner die Möglichkeit erhalten, eigene Projekte umzusetzen, die den Kiez betreffen, und von denen alle profitieren. Das Konzept der Quartiermanagements gibt es in Berlin schon lange. Es konnte bereits in vielen Kiezen zur Stärkung sozialer Strukturen beitragen. Durch sogenannte »Quartiersräte« und »Aktionsfondsjuries« wird der Bewohnerschaft dabei eine Plattform gegeben, um gemeinsame Interessen und Ideen wie beispielsweise Straßenfeste, Flohmärkte oder Sportturniere mithilfe bezirklicher Mittel auszuarbeiten und umzusetzen. Neues QM im Harzer Kiez weiterlesen

Dauerthema Mieten

Luxusmodernisierung geht weiter

Auf dem freien Markt steigen die Mieten weiterhin ungebremst, passend zum knappen Wohnraum. Eine gute Auskunft über reale Preise gibt stets der »Immobilienscout24«, denn er bildet diesen Markt ab. So bietet derzeit »Akelius« in der Weserstraße eine »1,5 Zimmerwohung mit Terrasse und Einbauküche« in der Größe von knapp 70 Quadratmetern für eine Kaltmiete von 1.540 Euro an, mithin 22 Euro pro Quadratmeter. In der Nähe des Hermannplatzes werden für eine möblierte Einzimmerwohnung 14 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Der Berliner Mietenspiegel von 2021, den der Senat nach dem Scheitern des Mietendeckels erstellt hat, hebt Preise zwischen sechs und 14 Euro hervor. Dauerthema Mieten weiterlesen

Denkmalschutz mit zweierlei Maß?

Fragwürdige Sanierungen in der Hufeisensiedlung

Die Hufeisensiedlung in Britz ist seit 1986 Denkmal und seit 2008 sogar UNESCO-Weltkulturerbe. Die »Deutsche Wohnen« (DW) sanierte dort ab 2009 mit über 2,9 Millionen Euro Fördergeldern ihren Mietwohnungsbestand, auch mit dem Ziel, eine »behutsame Zurückführung zum ursprünglichen Erscheinungsbild« zu schaffen.
Behutsam war und ist die DW nur zu sich selbst. Einige Mieter an der Fritz-Reuter-Allee, der sogenannten »Roten Front«, besaßen auf ihrer Rück- und Wetterseite verglaste Balkone. Im Zuge der Sanierung wollte die Vermieterin auch mit drastischen Mitteln erreichen, dass diese ausnahmslos zurückgebaut werden müssten, selbst dann, wenn sie Bestandteil der Mietverträge waren. Dagegen wehrten sich einige Mieter erfolgreich vor Gericht.

Balkon Pollmann.Foto: rr

Auf dem Dach desselben Bauwerks thronen weiterhin gleich mehrere Mobilfunkantennen. Offen bleibt, weshalb damals die Verglasungen auf der Gebäuderückseite weichen sollten, während die gewinnbringenden Antennenanlagen bis heute erhalten sind. Denkmalschutz mit zweierlei Maß? weiterlesen

Kiezgespräch

Von Sport und Optimismus

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Marie: Dass es bald hoffentlich wieder losgeht! Ich leite mit zwei Partnern eine Indoor-Sportstätte in Kreuzberg, und wir sind ziemlich heiß auf das Urteil des Senats am ersten Juni. Es wird gemunkelt, Einrichtungen wie unsere dürfen vielleicht sogar ab Anfang Juni, eventuell dem Vierten, wieder öffnen. Wir sind auf jeden Fall bereit und können es kaum erwarten. Finanziell kommen wir aber ganz gut durch im Moment. Die Hilfeleistungen im ersten Lockdown waren innerhalb kürzester Zeit weg, die haben gerade mal für eine Monatsmiete gereicht, aber zum Glück wurde das im zweiten Lock–down ordentlich angepasst, sodass wir alle Kosten gut abdecken können, auch Löhne und sogar die unserer studierenden Mitarbeiter*innen. Für die ist es aktuell besonders schwierig, weil sie zum Beispiel keinen Anspruch auf Hartz IV haben. Zum Glück konnten wir das gut regeln. Insgesamt bin ich im Moment sehr optimistisch. Ich habe mich bis vor Kurzem wie langzeitarbeitslos gefühlt, denn wir hatten nun sieben Monate am Stück geschlossen, aber das findet jetzt ein Ende und wir können wieder loslegen.

me
*Marie, Böhmische Straße

Altglascontainer im Abseits

Zu lange Leerungsintervalle führen zu Dreckecken

Anfang 2020 wurde das Altglassammelsystem umgestellt, und so verschwanden rund 30.000 Glassammeltonnen von den Hausmüllplätzen außerhalb des S-Bahnringes. Betroffene Haushalte können daher ihr Altglas nur noch zu den raren öffentlichen Depotcontainern tragen oder zu Recyclinghöfen. Mitzuverantworten hat das ausgerechnet die Umweltsenatorin Regine Günter von den Grünen. Angeblich sei das alte System nicht mehr zeitgemäß und das so gesammelte Glas sei von minderer Qualität.

Die Drei von der Müllstelle.    Foto: rr

Der größere Teil Neuköllns liegt außerhalb des S-Bahnringes, wo es inzwischen diese Tonnen an vielen Hausmüllplätzen nicht mehr gibt. Das vorab gegebene Versprechen, dass gleichzeitig auch die Zahl der öffentlichen Glassammelstellen erhöht werde, ist kaum erfüllt, was auch zumTeil an der Genehmigungspraxis der Bezirke liegt. Altglascontainer im Abseits weiterlesen

»Britzer Garten 2030«

Oase wird behutsam modernisiert

Idyll an der Britzer Seelandschaft.     Foto: mr

Raum für Spiel, Bewegung und Erholung inmitten einer bunten Pflanzenvielfalt bietet der Britzer Garten, die grüne Oase im Süden Neuköllns, seit seiner Eröffnung im Rahmen der Bundesgartenschau 1985. Die große Beliebtheit des Parks und die intensive Nutzung haben jedoch Spuren hinterlassen, und manches im Bereich der Infrastruktur ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit. So müssen sanitäre Einrichtungen instandgesetzt und barrierefrei umgerüstet werden. Auch die Wege entsprechen vielfach nicht mehr den heutigen Anforderungen an Barrierefreiheit.
65 Prozent der Besucher gehören der Altersgruppe 50+ an. Um deren Bedürfnissen gerecht zu werden, gleichzeitig aber auch den Park für jüngere Nutzer attraktiv zu gestalten, sollen in den kommenden Jahren schrittweise einzelne Bereiche des Parks auf Basis des Entwicklungskonzeptes »Britzer Garten 2030« behutsam weiterentwickelt und umgebaut werden. Vor­aussetzung dafür: Das Land Berlin stellt entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung. »Britzer Garten 2030« weiterlesen

Gesellschaftliche Wertigkeit des Tempelhofer Feldes

Studie des Helmholtz-Zentrums (UFZ) wurde vorgestellt

Die per Livestream vorgestellte 95-seitige Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) untersuchte schwerpunktmäßig die gesellschaftliche Bedeutung des Tempelhofer Feldes. Im Vordergrund steht, wie zukünftige Nutzungen im Hinblick auf Klimawandel, Gesundheitsfürsorge und Integration miteinander vereinbar sind. Die Themen Stadtgrün und Mensch-Natur-Verhältnis wurden ergänzt durch Befragungen der Feldnutzenden sowie der Feldkoordination und Fachgespräche.

Schatz mit Platz.Foto: bs

Die Vielfältigkeit als Naherholungsgebiet, urbane Freifläche, Schutzzone für diverse Tiere und Pflanzen sowie Naturerfahrungsraum sind unstrittig. Kaltluft­entstehung, Kohlenstoffsenke und Regenwasserversickerung sind Bedeutungen, die nicht von der Hand zu weisen sind.
Auch als »ruhige Insel« inmitten des städtischen Verkehrslärms hat das Feld einen hohen Wert für das Wohlbefinden der Berliner, was der Daseinsvorsorge Rechnung trägt. Gesellschaftliche Wertigkeit des Tempelhofer Feldes weiterlesen

Herrfurthstraße

Gute Zeiten für Radler

Die Neuköllner Herrfurthstraße wird zur Fahrradstraße. Für den motorisierten Verkehr wird die Straße zur Einbahnstraße und bleibt Anliegern vorbehalten. An zwei Kreuzungen werden dazu die Vorfahrtsregeln geändert. Radfahrende können die Fahrradstraße natürlich in beide Richtungen nutzen. Die Bauarbeiten beginnen voraussichtlich in der kommenden Woche.
Bezirksbürgermeister Martin Hikel: »Die neue Fahrradstraße schließt die wichtige Verbindung zwischen Werbellinstraße und dem Tempelhofer Feld. Damit ist sie ein wichtiger Bestandteil für den Ausbau der Neuköllner Radinfrastruktur. Gleichzeitig erschwert sie den Durchgangsverkehr durch den dicht besiedelten Schillerkiez. So schafft die Fahrradstraße mehr Sicherheit für Radfahrende und einen Beitrag zur Verkehrsberuhigung für die Anwohnenden.«
Für den motorisierten Verkehr wird künftig eine Einbahnregelung in Richtung Hermannstraße gelten, die nur noch von Anliegern genutzt werden darf. An den Kreuzungen Lichtenrader Straße und Weisestraße wird die Fahrradstraße Vorfahrt haben. Auch an der Ecke Oderstraße/Kie­nitzer Straße wird die Verkehrsführung angepasst. Der denkmalgeschützte Herrfurthplatz bleibt vorerst ausgespart.
Die Arbeiten zur Umsetzung beginnen voraussichtlich am Montag, den 26. April 2021 und werden (witterungsabhängig) etwa zwei Wochen dauern. Die Maßnahme kostet insgesamt 45.000 Euro.

pr

Kiezblocks sollen beruhigen

Etappensieg für die »Initiative Kiezblock Rixdorf«. Der Verkehrsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung hat einem Antrag von Grünen und SPD für die Einrichtung von drei Kiezblocks in Neukölln zugestimmt.
Das Konzept sieht eine einfache Lösung für das Problem des Durchgangsverkehrs vor. Dafür müssen nur an drei zentralen Punkten mit Pollern oder Blumenkästen modale Filter eingerichtet werden, um ein Durchfahren mit Autos zu verhindern. Anwohner und Lieferverkehr können weiter alle Orte im Kiez mit dem Auto erreichen. Das vorgeschlagene Konzept ergänzt damit die bereits beschlossenen und durchgeführten Maßnahmen des Bezirksamts zu einem ganzheitlichen Kiezblock.
In weiteren Schritten sollen auch der Richardplatz und der Esperantoplatz attraktiver gestaltet werden und Maßnahmen für den Radverkehr, sowie Parkraumbewirtschaftung und Verkehrsberuhigung an den anliegenden Hauptstraßen umgesetzt werden.

pr

Mehr Mitsprache bei der Bezirksentwicklung

Anlaufstelle als Schnittstelle zwischen Bürgern und Verwaltung

Bei Planungen mitreden und eigene Ideen einbringen, das soll für Neuköllner Bürger künftig einfacher werden. Am 22. April eröffnete in der Hertzbergstraße 22 eine Anlaufstelle für Bürgerbeteiligung, in der sich Bürger über Vorhaben des Bezirks informieren und eigene Vorschläge zur Verbesserung der Situation in Neukölln einbringen können.
Grundlage dafür sind die Leitlinien für die Beteiligung der Bürger an Projekten und Prozessen der Stadtentwicklung, die das Land Berlin im Jahr 2019 entwickelt hat. In Neukölln wurden die bezirklichen Leitlinien im Dezember 2020 beschlossen und die Bürgerstiftung Neukölln als Träger der Anlaufstelle ausgewählt.
Als Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung will die Anlaufstelle Akteure vernetzen und komplizierte Verwaltungsvorgänge verständlicher machen. Mehr Mitsprache bei der Bezirksentwicklung weiterlesen

Kiezgespräch

Vom Impfen und Zelten

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Fred: Ich glaube, die Leute drehen langsam durch. Ich gehe durch die Straßen und sehe grimmige Gesichter, und das ist jetzt keine Anspielung auf die Masken, weil man die Mimik darunter ja nicht erkennt. Ich bin viel in Neukölln und Wedding, aber hier in Neukölln merke ich es noch mehr – alle Leute scheinen gestresst zu sein, mich eingeschlossen. Ich habe in letzter Zeit vermehrt in mich hineingehört und bin zu dem Punkt gekommen, dass es dieses Gefühl von Enge ist, was zumindest mich so anspannt. Ich bin an einem Punkt, an dem ich wirklich Urlaub brauche. Einfach mal ein paar Tage weg aus der Stadt. Ich habe mir vorgenommen, mein kleines Zelt auf mein Fahrrad zu schnallen und dann durch Brandenburg zu fahren. Ich arbeite schon an einer Route, damit ich immer gute Schlafplätze habe. Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen. Kiezgespräch weiterlesen

Entspannt flanieren ohne Stau und Abgase

Initiative stellt Konzept für verkehrsberuhigten Richardkiez vor

Viele Autofahrer nutzen als Abkürzung zwischen Karl-Marx-Straße und Sonnenallee die Schleichwege durch den Richardkiez und verstopfen dort die schmalen Straßen.

Stau am Richardplatz. Foto: mr

»In Rixdorf ist Durchgangsverkehr«, brachte es Bardo Stahl von der Initiative »Mehr Kiez für Rixdorf« auf den Punkt. »Alle 15 Sekunden fährt hier ein Auto durch, das hier nichts zu suchen hat.« Das aktuelle Verkehrskonzept für Rixdorf von 2018 habe keine wirkliche Verbesserung gebracht. Lärmbelästigung, Hupen und Dauerstau, zugeparkte Überwege und Kreuzungen seien Alltag, ergänzte seine Kollegin Justyna Wladarz. Die gewählten Maßnahmen zur Verlangsamung des Verkehrs wirken zudem kaum. So wurde das kleine bepflanzte Rondell auf der Platzmitte, das ständig kaputt war, weil es von den Autos gerammt wurde, durch ein flaches »Rixdorfer Kissen« ersetzt. Für einen SUV sei das aber kein Hindernis, bemerkte Stahl sarkastisch.
Wie der Kiez dauerhaft verkehrsberuhigt werden könnte, erklärten die beiden bei einem Presserundgang am 11. März, bei dem sie ein »Kiezblock-Konzept« für das Böhmische Dorf vorstellten. Entspannt flanieren ohne Stau und Abgase weiterlesen

Wahlen 2021 starten am 1. April

Da, wo Neukölln ist, ist vorne

Passend für einen Bezirk, der immer neue Ideen hat und beispielhaft für ganz Berlin ist, hat sich das Bezirksamt Neukölln entschieden, dass die Bürger bereits ab dem 1. April für den Bundestag und für das Abgeordnetenhaus wählen können.
Hintergrund ist selbstverständlich das geminderte Ansteckungsrisiko während der Pandemie. Falko Liecke, Stadtrat für Gesundheit und Jugend, brachte diesen Vorschlag in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein. »Wir setzen alles daran, dieses Virus zu besiegen und wünschen uns gleichzeitig eine hohe Wahlbeteiligung.« Das kam der SPD ausnahmsweise entgegen. Wahlen 2021 starten am 1. April weiterlesen

Temporäre Spielstraßen

Aufruf zur Beteiligung ist gestartet

Das Bezirksamt Neukölln will auch in diesem Sommer wieder temporäre Spielstraßen im Bezirk einrichten. Dabei können dieses Jahr Anwohnende selbst entscheiden, welche Straßenabschnitte gesperrt werden sollen. Das Straßen- und Grünflächenamt prüft dann die Umsetzbarkeit.

Kinder erobern die Straße.   Foto: mr

Bezirksbürgermeister Martin Hikel: »Mit den temporären Spielstraßen haben wir letztes Jahr viele gute Erfahrungen gesammelt. Auch in diesem zweiten Pandemie-Sommer wollen wir den Kindern und den Anwohnenden in den dicht besiedelten Wohngegenden mehr Aufenthaltsqualität ermöglichen und gleichzeitig die Beteiligung der Neuköllnerinnen und Neuköllner stärken. Deshalb sind alle aufgerufen, mitzumachen und »ihre« temporäre Spielstraße beim Bezirks­amt anzumelden.« Temporäre Spielstraßen weiterlesen

Kiezgespräch

Von Vorurteilen und Angst

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Yusef: Dass du mit mir redest. Wenige Deutsche reden mit mir. Ich bin Neuköllner, meine Eltern sind Araber, genau wie die aller meiner Freunde. Merkst du, was ich meine? Ich habe keine Freunde, die eine deutsche Familie haben, obwohl ich hier zur Welt gekommen bin und hier wohne, wie du. Warum ist das so? Ich weiß es nicht. Sieh mal. Ich habe einen schwarzen Lockenkopf und mein Nachname ist der gleiche, wie einer dieser Clans, aber das ist nicht meine Familie, ich gehöre nicht dazu, die kommen aus einem ganz anderen Land als meine Vorfahren! Und trotzdem muss ich das erwähnen, damit ein Deutscher nicht in Angst gerät oder sofort Vorurteile hat. Wenn er sie nicht sowieso schon hat. Jeden Tag das gleiche seit ich denken kann, seit 30 Jahren. Kiezgespräch weiterlesen

Kiezeck Warthestraße

Ort für kontaktlosen Austausch

Überall in Neukölln entstehen momentan Kiez­ecken. Nun auch in der Warthestraße gegenüber der Hausnummern 19 und 56 auf der Verkehrsinsel.

Tauscheck.    Foto: Stephan Mair


Angestoßen wurde die Idee von der Kiez-Kooperation bestehend aus »Trial & Error«, »Schillerwerkstatt«, »interkular gGmbH« und SCHILLAMENT. Kiezeck Warthestraße weiterlesen

Geschenkt und verhökert

Evangelisches Johannesstift verkauft geerbtes Haus

Margarete Windschild, eine Neuköllner Geschäftsfrau, hatte Gutes im Sinn. Deshalb vermachte sie ihr Haus in der Anzengruberstraße 24 testamentarisch dem Evangelischen Johannesstift, einer christlichen Einrichtung mit Sitz in Spandau, 1858 gegründet, um Arme und Kranke zu unterstützen. Sie wollte damit sicherstellen, dass das Haus für die Bewohner erhalten bleibt und nicht verkauft wird.

Widerstand stärkt die Nachbarschaft.      Foto: mr

Jetzt ist das unerwünschte eingetreten: Die Stiftung hat das Haus verkauft. An wen, das wissen die Mieter nicht. Die Stiftung spricht von einem »privaten Bestandshalter aus Deutschland«.
In dem Komplex mit 36 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten leben rund 50 Menschen, manche schon seit Jahrzehnten. Sie sind wütend und enttäuscht. »Ein solches Verhalten erwartet man nicht von einer kirchlichen Stiftung«, sagt Lieke Rahn, eine Bewohnerin. Geschenkt und verhökert weiterlesen

Kiezgespräch

Vom Frisieren und von Bieren

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Elena: Nix im Kiez, sondern persönlich bewegt mich vieles. Ich bin Friseurin in Ausbildung und naja, gelinde gesagt ist das schwierig im Moment. Unterricht und Schule klappt alles irgendwie, aber mir fehlt die Praxis. Weil mir nichts anderes übrigbleibt, arbeite ich jetzt viel schwarz, ich gehe zu Freunden und Freundinnen und schneide ihnen zu Hause die Haare, natürlich mit Maske und allem. Mich rufen mittlerweile immer mehr Leute an, die ich gar nicht kenne, weil meine Nummer weitergegeben wird. Kiezgespräch weiterlesen

»Degewo« kauft das Gropiushaus

Hoffnung auf Lückenschluss im Kostenmietrecht

Die Mieter können sich freuen. Jahrelang ist am Gropiushaus nichts gemacht worden. Nur die Sozialmieten sind gestiegen, weil die Eigentümerin fiktive Kosten auf die Miete umlegen konnte. Zuletzt haben wir bei Haustürgesprächen massive Verstöße gegen den Mietendeckel festgestellt. In vielen Fällen waren die Mieten überhöht.

Gropiushaus von der Gartenseite.    Foto: mr

Mit der Übernahme durch die »Degewo« besteht Hoffnung, dass jetzt mehr in das denkmalgeschützte Gebäude investiert und der Mietendeckel eingehalten wird. Zugleich kann das Land jetzt die eigenen Fehler aus dem verkorksten Kostenmietrecht wettmachen.
Vormalige Eigentümerin der 506 Wohnungen ist die auf dem Berliner Wohnungsmarkt weitestgehend unbekannte »Orlando Real Berlin GmbH«, ein Tochterunternehmen der »Orlando Real Group«. Mit der Verwaltung hat sie die als Mietpreistreiberin bekannte »Ernst G. Hachmann GmbH« beauftragt. In einer nichtrepräsentativen Auswertung von »wenigermiete.de« firmiert die Hausverwaltung unter den Top Ten bei Streitfällen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Mietpreisbremse. »Degewo« kauft das Gropiushaus weiterlesen

Weigandufer – Sanierung mit Unbehagen

Ein Kommentar der Leserin Martina Keller

Am Kanal zwischen Fulda- und Innstraße drängen sich junge Bäume zwischen altem Baumbestand. Das verwilderte Image wurde abgelöst durch ein bereinigtes Erscheinungsbild. Die Fläche gehört zum »Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee«, einem Entwicklungsprojekt, das seit 2011 versucht, städtebauliche Versäumnisse auszubessern.

Wilde Romantik tut Spatzen gut.    Foto: mr

Eigentlich ist es ein Vorzeigeprojekt, doch trotz bürgernaher Planung stößt die Umsetzung am Ufer auf Unbehagen. Die Rede ist von »zu viel Versiegelung« und »Verlust von Brutplätzen«. Die Planung scheint in weiten Teilen nicht nur lieblos und alles andere als naturnah, sondern auch fehlerhaft. Kriterien für die Umsetzung sind Preis, kostengünstige Pflege und gute Einsehbarkeit. Um den letzten Sanierungsabschnitt am Kanal westlich des Wildenbruchplatzes erreicht der Protest seinen Höhepunkt. Doch die Politik zieht die Planung durch. Der »NABU« erstattet daraufhin Anzeige gegen den Bezirksbürgermeister. Weigandufer – Sanierung mit Unbehagen weiterlesen

Kiezgespräch

Wie lange noch?

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Selma: Jetzt gerade bewegt mich die harte Realität. Ich arbeite in einer Bäckerei in der Donau­straße und uns fehlen haufenweise Einnahmen. Wir hatten zwar durchgehend offen im vergangenen Jahr, aber jetzt habe ich Angst um meinen Job und das Geschäft. Ein Teil unserer Hauptkundschaft sind die Kinder aus der Schule nebenan, und weil die Schulen weiterhin geschlossen sind, sitzen wir mittags auf unseren Waren rum. Mal abgesehen vom Umsatz mag ich die Kleinen, und meine Tochter geht selbst dort zur Schule. Das geht mir ab, dass wenn drüben die Schule schließt, hier richtig Leben in den Laden kommt. Kiezgespräch weiterlesen

Dialog statt Kälte

Stromsperrungen treffen arme Menschen

Die großen Energielieferer, das sind »Vattenfall« und »GASAG«, sperren bei säumigen Zahlern die Versorgung. Nicht nur über Weihnachten bleiben daher viele Haushalte im Kalten und Dunkeln, ohne Möglichkeit, warmes Essen zu kochen. Bereits nach vier Wochen Mahnfrist kann die Versorgung eingestellt werden. In Berlin blieben 2018 insgesamt 15.000 Menschen ohne Strom.
Die rot-rot-grüne Koalition hat im Abgeordnetenhaus zeitnah angeregt, dass auf Energiesperren weitgehend verzichtet werden sollte und einen »Runden Tisch Energie« vorgeschlagen. Daraus wurde bisher nichts. Nur das landeseigene Unternehmen »Berliner Stadtwerke« verzichtet auf Stromsperrungen und sucht den Dialog mit den überwiegend von Armut betroffenen Kunden.

th
berlinerstadtwerke.de/

Austausch und Information im Kiez

Das »Britzer Eck« ist die dritte Nachbarschaftslitfaßsäule

Was sich anhört wie der Name einer Eckkneipe, ist eine Art Litfaßsäule, an der die Menschen im Kiez auf dem Weg zum Einkaufen oder beim Spaziergang Informationen und Kontakte für Hilfsangebote finden und sich austauschen können.

Andrang am »Britzer Eck«.    Foto: Stefanus Parmann

Das »Britzer Eck« an der Kreuzung Blaschkoallee/Ecke Britzer Damm ist das dritte seiner Art nach dem »Gropius-Eck« auf dem Ro­traut-Richter-Platz am südlichen Ausgang des U-Bahnhofs Wutzkyallee und dem »Donau-Eck« vor dem Quartiersbüro, Donaustraße 7.
Die dreieckigen Säulen sind aus Holz gezimmert. Eine Seite ist für Flyer, Plakate, Aushänge und Broschüren reserviert, auch aktuelle Informationen zu Corona und zu Tests sind hier zu finden. Auf der zweiten Seite gibt es überdachte Regale für Bücher und andere Gegenstände, und die dritte besteht aus einer Tafel, auf der mit Kreide Botschaften hinterlassen, Gesuche oder Angebote angepinntwerden können. Austausch und Information im Kiez weiterlesen

Kräuter wändeweise

Das »Grüne Café« macht es uns vor

Die Brüder und jungen Unternehmer Lukas und Sebastian Dehl bezeichnen sich selbst als »Stadtgärtner«. In ihrem Start-up »Britzer Kräuter« arbeiten sie beharrlich daran, möglichst überall in dieser Stadt platzsparend Nutzpflanzen anbauen zu können.

Hofladen im alten »Deutscher«.Foto: rr

Ein erster Schritt, nämlich ressourcen- wie umweltschonend und biologisch Kräuter, Salate und essbare Blüten, ganz nah am Kunden und auch noch citynah zu ziehen, ist getan. Seit zwei Jahren gedeihen in Britz, in den alten Gewächshäusern der ehemaligen Gärtnerei Deutscher an der Mohriner Allee und auf Freiflächen dahinter, schon solche Pflanzen.

Ihr Ziel, Pflanzen ohne Erde, auf wenig Grundfläche, dazu mit wenig Wasser und nur mit Sonnenlicht als Energiequelle heranzuziehen, ist bereits erreicht, aber sie tüfteln weiter an der Effizienz. So sind grüne, platzsparende Wände das Herzstück der Dehlschen Planungen. Ihre Kräuter sollten direkt beim Endverbraucher wachsen können. Für einige Berliner Gastronomen bestücken sie bereits solche Wände. Bis aber alle Barkeeper die Minze für den Cocktail vom hängenden Beet in der Bar ernten oder jeder Koch in oder an der Küche seine Kräuter pflückt, wird noch etwas Zeit vergehen. Kräuter wändeweise weiterlesen

Kiezgespräch

Übervolle Supermärkte und Böllertraumata

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Greta: Die Supermärk­te platzen in der Weihnachtszeit schlimmer als je zuvor. Ich muss ja ehrlich ein bisschen schmunzeln, weil kann ja nur ein Witz sein, dass im Jahr von Corona Weihnachten dermaßen dämlich fällt, dass alle Leute für vier Tage gleichzeitig einkaufen müssen. Naja, dafür dürfen wir dann alle festlich fett werden im Lockdown. Normalerweise wäre ich so kurz vor den Feiertagen bei meinen Eltern in Brandenburg. Aber die sind alt und krank, das will ich dieses Jahr dann doch nicht verantworten. Und trotzdem fühle ich mich schlecht bei der Sache, weil die Beiden sich nicht mehr trauen einzukaufen. Normalerweise machen wir das zusammen und kochen dann auch gemeinsam an den Feiertagen. Meine Geschwister kaufen für die Beiden ein, aber »das Fest der Liebe« ist es dieses Jahr nicht. Was soll‘s, hoffentlich geht das nächstes Jahr wieder, und meine Eltern sind noch so lange da.
KuK: Gibt es noch ein Thema, das dich im Moment beschäftigt?
Greta: Eine tolle Sache finde ich persönlich, ist das Böller-, zumindest das Verkaufsverbot von dem ganzen Mist. Die Luft hier ist sowieso schon dick genug, warum müssen wir es uns noch stickiger machen mit dem ekligen Zeug? Das einzige, was man davon immer hat ist ein riesen Haufen Müll an Neujahr. Klang jetzt etwas missionarisch, eigentlich geht’s mir auch mehr um meine Katze, die an Silvester immer durchdreht, die Ärmste. Jeder Böller weniger in der Nacht ist eine Sekunde weniger Panik für alle Haustiere. Wäre ja mal eine schöne Veränderung, wenn unsere Tiere nicht völlig traumatisiert aus dieser Nacht kommen. Meine Mieze dankt dieses Jahr ausnahmsweise mal der Politik.

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Greta, Ilsestraße

Körnerpark

Neue Bänke zur Entspannung

Es hat bestimmt zwei Jahre gedauert, bis die Bänke im Körnerpark erneuert wurden. Das Geschehen davor war ein Trauerspiel. Eine Bank nach der anderen verschwand, entweder wegen Vandalismus oder aus Altersschwäche. Zum Schluss gab es nur noch vier Stück.

Mit Blick in den Park.       Foto: mr

Da der Körnerpark unter Denkmalschutz steht, mussten die Bänke auch nach den Vorgaben des Denkmalschutzamtes hergestellt werden. Gut Ding braucht Weile, aber nun ist der ursprüngliche Bestand von 16 Bänken wieder hergestellt.
Die Neuköllner freuen sich und nehmen die Bänke gut an. Zu nahezu jeder Tageszeit bei entsprechendem Wetter sitzen Pärchen, Freunde oder Einzelpersonen auf ihnen und genießen die letzten Herbsttage des Jahres.
Es fällt den Besuchern leicht, sich an die Coronaregeln zu halten. Die Abstände passen, und so kann guten Gewissens gute Laune entstehen.

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Kiezgespräch

Zwischen Autos und Gebeten

KuK: Was bewegt dich im Kiez?
Said: Im Kiez gerade nicht viel, mein Kopf ist mit anderen Dingen beschäftigt. Mein Vater ist vor zwei Wochen gestorben, in Syrien. Er hat dort ein Grundstück, um das ich mich kümmern soll, aber im Moment ist es sehr schwierig, dort hinzukommen. Die Situation mit der Pandemie blockiert da vieles, aber eigentlich sind sowieso andere Dinge erstmal wichtiger, zum Beispiel, meinen Vater zu beerdigen. Meine ganze Familie ist in Syrien, ich bin als Einziger hier. Ich war nie religiös, aber seit dem Tod meines Vaters bete ich jeden Tag. Für ihn, für meine Familie. Ich bete gleich nebenan, in der Şehitlik-Moschee. Vor dem Gebet gehe ich immer noch hier auf das Tempelhofer Feld und mache Sport. Also gibt es doch etwas im Kiez, das mich bewegt. Kiezgespräch weiterlesen