Archiv der Kategorie: Wirtschaft

Cremiger Rahm aus dem Jura

Windräder essen statt bekämpfen

Inmitten des idyllischen Berner Jura drehen sich gemächlich die Wind­räder auf den Hügeln, die Kühe kauen zufrieden saftiges Gras, und da liegt es, das kleine Saint Imier, oder zu Deutsch Sankt Immer. Eine kleine Industriegemeinde, in der sich dubiose Dinge tun! Elf Millionen Kilo Milch werden hier von der »Käserei Spielhofer« jährlich verarbeitet, und dann haben die auch noch Wind­räder im Keller. Die spinnen, die Spielhofers, könnte man meinen.

14 Sorten Käse stellt Josef Spielhofer in seinem Familienbetrieb mit seiner Frau, seinen drei Kindern und rund 30 Mitarbeitern her, darunter Spezialitäten wie »Greyerzer«, »Tête de Moine« und den kleinen, aber umso feineren »Eolienne à la crème«. Die Spielhofers nennen Letzteren »das Rahmweichkäsli der Extraklasse«. Cremig ist der kleine Runde allemal. Er zerläuft sogar so herrlich, dass man ihm fast nacheilen muss, um all die köstlichen Aromen schmecken zu dürfen. Der Eolienne ist nämlich wunderbar weich und zergeht nicht nur am Gaumen. Cremiger Rahm aus dem Jura weiterlesen

Swingen ohne Zwiespalt

Respekt für freie Körper

An der Oberlandstraße 1, bereits Tempelhof, besuche ich die »Swingeroase Zwiespalt«, um mit dem Geschäftsführer ein Interview zu führen. Eine freundliche und gut gekleidete Dame lässt mich ein und führt mich in den Barbereich. Ich darf am Tresen Platz nehmen und ein alkohol­freies Getränk bestellen.

Vorraum zum Entspannungsbereich.    Foto: pr

Die Bar ist gemütlich mit Sesseln, Sofas und bequemen Barhockern eingerichtet. Das Licht ist gedämmt. Eine Tür in Form eines großen beleuchteten Herzens führt in die Rückzugsräume. Das anwesende Publikum ist leicht bekleidet und wirkt entspannt. Im Nachmittagsbetrieb ist der Club weniger besucht als am Wochenende oder abends. Swingen ohne Zwiespalt weiterlesen

Bio verdrängt Bio

Pionierinnen der »Bioase44«

Vorreiter seit 2013.       Foto: pr

Bis zur Katastrophe von Tschernobyl 1986 gab es eine Nische für Reformhäuser. Hier fanden sich Kunden ein, die gesunde Lebensmittel kaufen wollten. Dort erhielten sie nicht nur hochwertige Nahrungsmittel, sondern auch hervorragende Fachberatung. In anderen Läden erhielt der Kunde die Reformhausartikel wie Grünkern, besondere Heiltees, spezielle Säfte und Kindernahrung nicht. Tschernobyl war dann die Geburtsstunde der Bioläden. In diesen Zeiten suchten Mütter verzweifelt nach nicht belasteter Milch und Milchprodukten. Der Markt reagierte: Schnell wurden regionale Lebensmittel, die eine geringe oder gar keine Radioaktivität aufwiesen, von ernährungsbewussten Kunden, insbesondere von Müttern, nachgefragt.
Ein enges Netz von Bio­läden hat sich seither entwickelt. Die Karl-Marx-Straße wurde von dieser Entwicklung jedoch nicht berührt. Zusehends wurde die ehemals sehr schöne Einkaufsstraße zu einer Billigmeile. Bis zu dem Tag im Jahr 2013, als Nadia Massi und Elke Dornbach beschlossen: »Die Zeit ist reif für einen Bio­laden in der Karl-Marx-Straße«. Mit einem Mitgliedschaftssystem der Kunden konnten sie den Start schaffen. Bio verdrängt Bio weiterlesen

»NK Flohmarkt«

Neukölln hat einen Neuen

Seit dem 9. Juni hat Neukölln einen neuen Flohmarkt – auf dem Kranoldplatz, dort wo allwöchentlich am Sonnabend der Wochenmarkt »Die Dicke Linda« stattfindet.

Klamotten shoppen auf dem Kranoldplatz. Foto: pr

Die Atmosphäre ist entspannt, noch muss sich nicht durchgedrängelt werden, der Platz ist luftig, obwohl die Standzahl auf mittlerweile 80 Stände angewachsen ist. Die Anmeldung für einen Stand ist sehr unkompliziert und bis 48 Stunden vor Marktbeginn möglich, die übrig­gebliebenen Stände werden am Markttag vor Beginn verteilt. Um 16 Uhr gibt es eine musikalische Einlage von Künstlern aus Berlin. Kleiner Wermutstropfen ist, dass es hauptsächlich Klamotten gibt und nicht so viele Kleinode.

jr
Der Flohmarkt findet alle zwei Wochen sonntags statt, die nächsten Termine sind der 4. und 18. August von 11 bis 17 Uh

Gewerbemieten sind frei

Real Estate auf Abzocke beim »Schiller‘s«

Er heißt Waldemar und lässt sich nicht unterkriegen. Foto: fh

Das »Schiller‘s« in der Schillerpromenade ist eine Institution für alle Generationen, Alt- und Neu-Neuköllner und soziale Schichten. Beim Billard trifft arm auf reich und jung auf alt. Hunde sind erwünscht. Die Getränkepreise sind zivil, es gibt keinen Schnickschnack, dafür aber jede Menge gute Gespräche. Waldemar Schwienbacher hat dem Lokal seinen Charakter gegeben. Im Laufe der Jahre investierte er, damit ein gemütlicher Ort für alle geschaffen wurde.
Jetzt, wo die Gaststätte rund läuft, wo sich alles zurechtgeruckelt hat, kam der Hammer per Post. Es ist die Kündigung des Vermieters »Home Real Estate GmbH« zum 31.8.2019. Schwienbacher brauchte mehrere Tage, um den Satz auszusprechen, den er nun flüssig wiederholen kann, aber mit Tränen in den Augen: »Am 15. August schließt das »Schiller‘s«.« Gewerbemieten sind frei weiterlesen

Der Marlboro Mann geht mit vollen Taschen

                                                                                                                                                                          Fotocollage: jr

Neue Chancen für Belegschaft und das Neuköllner Gewerbegebiet

Auf der Betriebsversammlung des Neuköllner »Philip Morris« Werkes am 28. Mai, dem Dienstag vor den Brückentagen zu Himmelfahrt, verkündete die Geschäftsleitung offiziell, dass von 1050 Arbeitsplätzen in Neukölln zum Januar 2020 in Berlin nur noch 75 übrigbleiben sollen, weitere 25 gehen nach Sachsen. Daraufhin wurden die Mitarbeiter bis zur nächsten Woche nach Hause geschickt. Dann beginnen konkrete Verhandlungen über eine angekündigte »sozialverträgliche Lösung« und die weitere Nutzung des Werksgeländes.
Die Geschäftsführung begründet ihren Schritt mit dem »zunehmenden Rückgang« des Konsums von versteuerten Zigaretten. Der »Deutsche Verband der Zigarettenhersteller« beziffert die aktuelle Zahl der in Deutschland bestellten Steuerbanderolen für Tabakwaren auf 75 Milliarden im Jahre 2017. Auf dem Markt hält »Philipp Morris« derzeit einen führenden Anteil von über 30 Prozent. Bei der Neuköllner Belegschaft, dem Betriebsrat und ihrer Gewerkschaft »Nahrungsmittel, Gaststätten und Genuss« (NGG) stößt daher die Schließung auf Unverständnis. Der Konzern erwirtschafte in Neukölln schwarze Zahlen. Der Marlboro Mann geht mit vollen Taschen weiterlesen

Gibt es etwas zu verbergen?

Flüchtlinge und »neue Nachbarschaften«

Anfang Mai bat Kiez und Kneipe BENN-Britz um ein Interview. BENN steht für »Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften« und ist ein Programm der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie der jeweiligen Berliner Bezirke. Berlinweit gibt es 20 BENN-Teams. An Standorten großer Flüchtlingsunterkünfte soll einerseits ein sogenanntes »Integrationsmanagement« den Dialog zwischen Geflüchteten, Anwohnern und lokalen Initiativen fördern, andererseits auch das nachbarschaftliche Miteinander und die Integration stärken.
In Britz an der Haarlemer Straße 89 gibt es eine Flüchtlingsunterkunft auf einem Gewerbegelände, das auf nur zehn Jahre befristet, zu Wohnzwecken genutzt wird. Dort könnten rund 1.000 Personen wohnen, aber Baumängel in Teilen der Unterkünfte beschränken das zur Zeit auf etwa 600 Personen.
Aus den unbewohnbaren Unterkünften mussten Familien, die schon seit Jahren dort lebten, in die Chris-Gueffroy-Allee 47-65 umziehen. Für die Erwachsenen sind damit Einkaufsmöglichkeiten nicht mehr fußläufig und die U7 ist nur mit dem Bus zu erreichen. Für deren Kinder bedeutet das übrigens längere Wege zur Kita oder zur Schule. Gibt es etwas zu verbergen? weiterlesen

Hermannplatzmusike

Nachwuchskünstler zeigen was sie können

Der Hermannplatz: Die Krankenwagen rauschen mit Blaulicht vorbei, Passanten huschen vom Bus in die U-Bahn, und es ist Markttreiben. Das ist dort immer so, aber die Besucher des Hermannplatzes wissen spätestens dann, wenn die FUJIAMA ROADSHOW startet, dass nun der Frühling begonnen hat.
Mit flotten internationalen Klängen bringen die Musiker vom »Spotlight Talent e.V.« die Passanten zum Innehalten, manchmal sogar zum Tanzen.

Promis auf der Marktbühne.                                                                                                                             Foto: ro

Und wie bereits im vergangenen Jahr eröffnete die gut gelaunte Neuköllner Kulturstadträtin Karin Korte die Musiksaison auf dem Hermannplatz mit den Worten: «…the show must go on…«.
Diese regelmäßig stattfindende Veranstaltung ist das Ergebnis der Kooperation zwischen dem Marktbetreiber Nikolaus Fink und dem »Spotlight Talent e.V.«. Der Verein engagiert sich dafür, junge Nachwuchskünstler in Neukölln zu finden. Praktisch von der Straße auf die Bühne. Die notwendige Ausbildung erhalten sie vom Tänzer Morris Perry und seinem Kompagnon Philip Marcel.
Das Ergebnis kann sich jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat sehen und hören lassen.

oj

Schmerz und Leidenschaft

»Play safe! Play sane! Play consensual!«

»Spielzimmer«.                                                                                                                                                         Foto: pr

Der »Fetischhof Berlin« in der Neuköllner Kirchhofstraße 44 hat sich nach mehr als zehn Jahren als attraktiver Ort für Liebhaber von »BDSM« bundesweit etabliert. Jetzt ist er offiziell auch »vom Bezirksamt anerkannt«. In lockerer, offener und sicherer Atmosphäre begegnen sich dort Menschen mit einer Neigung zu besonderen Spielarten beim Sex.
Schmerz und Leidenschaft weiterlesen

Königinnen des Zaubers

Der »Zauberkönig« hat eine neue Heimat

Es gab viele Möglichkeiten und Angebote, die nicht geklappt haben oder verworfen wurden. Doch dann – recht kurzfristig vor der endgültigen Kündigung – fand der Zauberkönig ein neues Heim.
Ein geräumiger Eckladen an Weise- und Herrfurtstraße. Gut angekommen sind sie dort in jedem Fall. Die beiden Inhaberinnen Karen German und Kirsi Hinze sind froh, dass es eine Heizung gibt und es nicht mehr reinregnet. Vor allem haben sie viel mehr Platz.

Karen German und Kirsi Hinze im neuen Domizil.     Foto: mr

Noch sind sie nicht ganz fertig mit dem Einrichten, »nach und nach wird immer noch etwas dazukommen«, sagt Kirsi Hinze. Und gut gefüllt mit allerlei Zaubereien ist der Laden jetzt auch schon. Die alten Kunden aus der Hermannstraße sind alle mit umgezogen, und sogar die, die sagten, dass der Zauberkönig nicht umziehen solle und der neue Laden niemals so schön werde wie der alte, sind vom neuen Laden begeistert. Königinnen des Zaubers weiterlesen

Haptische Faszinationen

Die berufliche Leidenschaft eines Buchbinders

»Ryszard Buchbinderei für Einzel- und Sonderanfertigungen« steht auf der Vorderseite der Visitenkarte, auf der Rückseite »Martin Trojanowski Buchbinder«. Martin, »der Buchbinder«, wie er im Schillerkiez bereits genannt wird, hat zwei Ausfertigungen seiner Visitenkarten. Die eine wirkt auf schlichtem weißen Papier, die andere hat einen silbernen Schimmer, beide auf zusammengefügtem Spezialpapier mit Prägedruck. »Fühl mal«, bittet Martin, und ich spüre das Besondere.

Martin Trojanowski an der Prägemaschine.                                                                                              Foto: th

Bevor er bei Karen Wegemann in Hamburg »eine Topausbildung durch vier Meister« erhielt, lernte er Kommunikationsdesign, wohl schon in Vorbereitung auf die qualifizierte Arbeit als Buchbinder. Eine Freundin seiner Mutter hatte Jahre zuvor eine Papierfirma gegründet, die hauptsächlich Kartons herstellte, Martin Trojanowski fühlte die Haptik des gepressten Papiers. »Gutes Handwerk ist wieder gefragt.« Entsprechend hat Martin mit seiner Kollegin Friedericke Goll in einer Garage auf dem Innenhof am Herrfuthplatz 11 eine Buchbinderwerkstatt errichtet. »Wir machen es derzeit noch nebenberuflich und haben Teilzeitjobs. In meiner Firma mache ich alles, Kundenkontakt, Materialbeschaffung und die individuelle Fertigung nach Wunsch des Kunden.« Haptische Faszinationen weiterlesen

Wein trifft Taste

Klavierkonzert mit erlesenen Weinen

»Wein trifft Taste« – was da passiert, konnten die Besucher am 9. März im Klaviersalon »Die Taste« erleben. In Zusammenarbeit mit dem Weinladen »Das Schwarze Glas« in der Jonasstraße hat Holger Laudert, Pianist, Klavierlehrer und Eigner des Klaviersalons in der Sonnenallee, ein Konzert veranstaltet. Zu einem Crémant und fünf unterschiedlichen Weinen wurden dazu passend ausgesuchte Klavierstücke von sechs Komponisten dargeboten.

schwarz und schwarz – Klang und Genuss.                                                                     Foto: Holger Laudert

Philip Glass‘ »Etude No. 18« begleitete zum Beginn mit ihren perlend zirkulierenden Tonfolgen, die sofort das Bild der aufsteigenden Bläschen vor Augen führten, den Crémant »Etincelle« auf ideale Weise. Der nachfolgend gereichte Muscadet »La Louvetrie« wurde mit den »Pièces froides« von Erik Satie untermalt. Zum anschließenden »Clair de Lune« der »Domaine Bourdic« konnte selbstverständlich nur ein einziger Komponist gewählt werden: Claude Debussy mit seinem gleichnamigen Stück. Wein trifft Taste weiterlesen

Wie lecker sind deine Nadeln

Alpines Aroma aus Rougemont

Zu den Meistern der Schweizer Käsekultur, die vor allem von Individualisten getragen wird, zählt Michel Béroud. Er betreibt die Käserei »Fleurette« gegenüber der Dorfkirche von Rougemont, einer kleinen Gemeinde im Distrikt Riviera-Pays-d’Enhaut des Kantons Waadt.
Der Endfünfziger übernahm 1988 als Milchkäufer die ortsansässige Käserei, erbaute 2000 eine eigene, größere und hat seither ein gutes Dutzend Käse wie den vielfach prämierten »Tomme Fleurette« kreiert.

NAdelnder Käse.                                                                                                                                                  Foto: hlb

Sein markantester ist aber wohl »La Dzorette«, ein weicher Kuhrohmilchkäse. Dzorette bedeutet »Wäldchen« im Waadter Dialekt. Das passt; denn dieser brieartige Weichkäse wird mit getrockneten, fein geschnittenen Tannennadeln affiniert – und dadurch so raffiniert waldduftig. Wie lecker sind deine Nadeln weiterlesen

»endorphina« backt besser

Gutes Essen macht glücklich

Es ist nicht gerade einfach, die Backkünstler zu finden. Wer sie dann aber gefunden hat, ist in einer anderen Welt angekommen. Hinter der Einfahrt in den Hof an der Elsenstraße 52 erwartet den hungrigen Kunden ein Ort, der mit Berlin so gar nichts mehr zu tun hat. Wie auf dem Land findet sich hier das Hofcafé mit der gläsernen Backstube von »endorphina«.

Hände arbeiten.                                                                                                                                                      Foto: pr

Im Café gibt es die wunderbaren Brote, und gleichzeitig können die Kunden bei einem Kaffee die Bäcker in der Backstube bei ihrer Arbeit beobachten. Hier gibt es keine industriellen Treibmittel, der Brotteig hat die Zeit, die er braucht. Dabei wird Gluten so weit reduziert, dass es gut verträglich ist. »endorphina« backt besser weiterlesen

Immer wieder samstags

Regionalmarkt »Die Dicke Linda« ist der Dorfplatz des Kranoldkiezes

An einem eisigen Samstag im Januar stehen auf dem Kranoldplatz ein großer Käse-, Wurst- und Brotstand, ein langer Gemüsestand, vor dem zwei Reihen üppige Winterware liegen, sowie eine Händlerin in ihrem Wagen mit frischem Fisch. Außerdem werden aus einem französischen Bistrowagen dampfender Kaffee in verschiedenen Varianten sowie appetitliche Snacks angeboten. In der Mitte finden sich einladende Bänke, außerdem brennt ein Holzfeuer, an dem sich Händler und Kunden die Hände wärmen und von dem gelegentlich Rauch aufsteigt. Jeden Samstag belebt der Wochenmarkt »Die Dicke Linda» auf diese Weise den sonst leeren Kranoldplatz südlich des S-Bahnringes.

Käse im Winter auf der Dicken Linda.                                                                                                          Foto: th

In der warmen Jahreszeit ist der Platz voller Händler. Die Nachfrage nach den angebotenen Frischwaren ist groß. Auch an diesem kalten Samstag bilden sich bereits Schlangen vor den Ständen; die geduldig wartenden Kunden werden individuell und fachgerecht bedient und unterhalten sich rege. »Die Dicke Linda« verwandelt den während der anderen Tage kargen Ort in den Dorfplatz des Kiezes. Immer wieder samstags weiterlesen

Colossaler Schimmel

Der cremige Schmelz der Büffelmilch

Die Niederlande, das sind nicht nur Tulpen, Frittiertes und Frau Antje aus Gouda. Sie sind auch nach wie vor ein spannendes Käseland, voll mit saftigen Weiden. Hier lassen es sich inzwischen auch Wasserbüffel entspannt gutgehen. Und geben uns ihre fette Milch für gehaltvollen Käse.

blauer Schimmel.                                                                                                                                       Foto: Internet

In unserer Käsereihe soll es heute um Blauschimmel gehen. Als Roquefort, Stilton oder Gorgonzola eine weithin bekannte Delikatesse, doch was die Out­wijker Käserei mit ihrem »Colosso« präsentiert, ist ein ganz besonderer, sanfter Genuss.
Um ein Blauschimmelkäse zu werden, werden die Laibe mit Nadeln pikiert, um sie mit (oft auf Brot gezüchteten) Penicillium-Edelpilzschimmelkulturen zu impfen und mit wachstumsförderndem Sauerstoff zu versorgen.
Die Käserei in Outwijk, einem Stadtteil von Utrecht, unweit Amsterdams im Herzen Hollands, hat sich vor Jahren von einer italienischen Käsemanufaktur beraten und ausbilden lassen, um aus der reichhaltigen Milch holländischer Viecher einzigartige handgemachte Käse mit Liebe zum regional geprägtem Geschmack zu produzieren. Colossaler Schimmel weiterlesen

Einfühlsamer Käse, der anficht

Harmonisch dezente Ziege

In unserer Lieblingskäse(rei)reihe geht es wieder einmal in die schöne Schweiz, diesmal zu Willi Schmid nach Lichtensteig. Der kernige Fünfziger ist auf dem väterlichen Hof im Herzen vom Toggenburg aufgewachsen und kennt seine Heimat samt ihrer fruchtbarsten Böden, Alp- und Feldflecken für Gräser und Blumen, Klee, Kräuter und was die Milch noch besonders aromatisch macht, wie seine Westentasche.

GEISS is geil.                                                                                                                                                             Foto: pr

All die Blätter und Kräuter, die die nachbarschaftlichen Kühe wie auch die jungen Gitzi, also Ziegen, fressen, hat er auch selbst gekostet; diese Aromen-Erfahrung und Sensorik kam ihm schon in seiner Käserlehre zugute. Seit 2006 führt er seine eigene Käserei, die »Städtlichäsi«, wo er mit perfekten Rohprodukten, bäuerlichem Wissen um die Naturkreisläufe, Sorgfalt, Fleiß und viel Emotion schon über zwei Dutzend Käseideen, viele davon weltweit mehrfach prämiert und von Sterneköchen geschätzt, realisierte. Gut 3.000 Laibe lagern in seinem Keller. Einfühlsamer Käse, der anficht weiterlesen

Weihnachten in der Kirchgasse

Keramik, Kartoffelpuffer und Kugeln

Im letzten Jahr fand zum ersten Mal der Weihnachtsmarkt im Böhmischen Dorf unter dem Dach der »Herrnhuter Brüdergemeine« um die Kirchgasse statt. Die Erweiterung des wohlbekannten Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarktes auf dem Richardplatz war ein Erfolg. In diesem Jahr kommen einige Stände dazu. Die Kiezfüchse, Kinder der Richardschule, stellen ihr Projekt »Kiez entdecken« vor, die Kita der »Brüdergemeine« wird mit einem Stand dabei sein, die Bürgerplattform macht ihre legendären Kartoffelpuffer und bringt dieses Jahr genug Kartoffeln mit, Kunst- und Designstudenten haben für den morgendlichen Kaffee oder Tee besonders schöne Keramik dabei. Der »Förderkreis Böhmisches Dorf« bietet seinen selbstgemachten heißen weißen Glühwein und in diesem Jahr Bratwürste von »Meine Kleine Farm« von freilaufenden glücklichen Schweinen aus Brandenburg. Zur Freude der Veranstalter kommt die Partnergemeinde aus Tschechien und bringt traditionelle Weihnachtskugeln aus der Heimat mit. Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.

jr
Der Böhmische Weihnachtsmarkt findet gleichzeitig mit dem Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt statt.

Dicke Weihnachtslinda

Regional, hochwertig und kommunikativ

Wenn der Glühweinduft bis in die Silbersteinstraße zieht und den Feinstaub verdrängt, kann es dafür nur einen Grund geben: Auf dem Kranoldplatz ist Weihnachtsmarkt. Am 15. Dezember ist es wieder so weit. Neben den treuen Händlern, die jede Woche am Sonnabend ihre Kunden mit hochwertigen, hauptsächlich regionalen Produkten wie Gemüse, Fisch, Wein, Blumen, Käse und Brot verwöhnen, wird es diesmal auch weitere Stände geben.

Vielseitige Käseglocken.                                                                                               Foto: Elisabeth Hammann

Viele Raritäten werden zu bestaunen sein. Scharfe Messer, unabdingbar für das Tranchieren der Weihnachtsgans, werden angeboten, faire Mode und Schmuck inspirieren den Geschenkeeinkauf, Felle zum Wärmen aus einer Brandenburger Gerberei bieten einen kuscheligen Schutz vor Kälte, und Bilderrahmen aus alten Dielen werten Lieblingsbilder auf. Rund um das Häkeln und Stricken gibt es Weihnachtliches und Wärmendes zu kaufen. Erstmalig werden am Käsestand handgefertigte Käseglocken angeboten. Der Ton wurde in Brandenburg gestochen und in Berlin zu wunderschönen Käse­glocken gefertigt. Dicke Weihnachtslinda weiterlesen

Nervenkekse á la von Bingen

Gesundes aus dem Bauchladen

Normalerweise wird von einem Ritual gesprochen, wenn eine Handlung regelmäßig wiederholt wird. Das Ritual entwickelt sich dann nach vielen, vielen Jahren zur Tradition. Nicht so in Neukölln: Hier bezeichnet Anna Muni ihre Keksbackaktion, die das dritte Mal stattfindet, als Tradition. Recht hat sie bei der Schnelllebigkeit des Bezirks.


Anna Muni bietet in der Mareschstraße 16 über das Jahr Wellness an. Im Dezember jedoch packt sie die Backwut. Erstmalig wurde in der »Königlichen Backstube« in der Zwiestädter Straße der schwere Heilteig gerührt. Die Plätzchen bestehen aus den besten Zutaten nach einem Rezept von Hildegard von Bingen. Dinkelmehl und Neuköllner Honig vom Imker Schroeter-Janßen sind die wichtigsten Zutaten. Die Zugabe von Gewürzen wie Nelken, Muskat und Piment geben den Keksen die Wirkung, das Herz zu stärken und die Nerven zu beruhigen. Nervenkekse á la von Bingen weiterlesen

Skater gefordert

Alte Bretter für die Lebenshilfe

Kiez und Kneipe und die Lebenshilfe kooperieren diesen Winter für ein Projekt, in welchem die Klienten der Lebenshilfe in ihrer Werkstatt aus alten Skateboards schöne Möbel und Schmuck herstellen werden. Hierzu starten wir jetzt den Aufruf an alle Neuköllner Skateboarder: Spendet eure alten Bretter!

retterspende.                                                                                                                                                          Foto: me

In Zusammenarbeit mit dem Schreiner David Lichtenauer, der Vorlagen für den Bau der Möbel erstellt, soll dem abgenutzten Holz neues Leben eingehaucht werden. Wir von der Kiez und Kneipe sammeln dafür ab jetzt alte Decks, um diese der Lebenshilfe zur Verarbeitung bereitzustellen. Eine Win-Win Situation, denn so können Skateboarder ihre Abstellkammern und Keller entrümpeln, und außerdem macht es den Klienten der Lebenshilfe eine riesige Freude, mit einem so interessanten Material zu arbeiten.
Für Interessenten gilt: Spendet so viele gebrauchte Decks wie ihr wollt. Wir freuen uns über jede Gabe, die wir an die Lebenshilfe weiterleiten können. Unsere Spendenaktion läuft ab sofort, bis zum 20. Januar 2019. Ihr könnt eure alten Bretter immer mittwochs zwischen 12:00 und 18:00 Uhr in der Redaktion der Kiez und Kneipe abgeben, Adresse siehe Impressum. Bei Spenden außerhalb dieses Zeitraums und für weitere Informationen, wendet euch bitte per E-Mail direkt an mich, Matthias Ehrhardt, unter matoehrhardt@gmail.com.
Wichtig: Bitte nur Decks, keine Achsen. Keine gebrochenen Bretter, Boards mit Brüchen einzelner Holzschichten nehmen wir gern.Wir freuen uns auf eure Spenden.

me

Aus der Schweiz in die weite Käsewelt

Würziger Schmelz aus dem Appenzellerland

In der kräuterarmen Winterzeit kosten die Käsefreunde der Kiez und Kneipe nach einer österreichischen diesen Monat eine Schweizer Käsesensation. Vor gut 30 Jahren begann Walter Räss in der elterlichen Käserei im sankt-gallischen Tufertschwil zu arbeiten, wo schon seit 1896 Appenzeller hergestellt wurde. 1992 übernahm Walter Räss mit seiner Frau die Käserei und, leicht gelangweilt vom ewigen Appenzellern, wollte er eine unverwechselbare Eigenkreation, einen einmaligen Natur-Hartkäse entwickeln.

HOCKT gern lang im Chäller.                                                                                                                           Foto: pr

Er experimentierte, brachte all das Familienwissen um natürliche Labenzyme für die Milchgerinnung und Milchsäurebakterien-Starterkulturen nach ursprünglicher Art für die traditionelle Reifung, um Timing und Mengen ein und erfand: Den »Chällerhocker«. Erst produzierte er ihn nur an einem Tag pro Monat, heute fast ausschließlich. Er investierte und erweiterte und fertigt nun 60 Laibe am Tag, über 100 Tonnen pro Jahr. Weit über die Hälfte gehen dank der Liberalisierung des Käsemarkts ins Ausland, vor allem in die USA. Walter Räss nimmt, schick in Tracht, auch gern an internationalen Messen teil und kommt bei den Amis einfach gut an. Aus der Schweiz in die weite Käsewelt weiterlesen

Euter auf Urlaub

Bergkäse aus dem Vorarlberg

Löcher mit Liebe.                                                                       Foto: hlb

Gerade ein »Käseblatt« wie die Kiez und Kneipe widmet sich gern schönen Sinneserlebnissen, insbesondere, wenn es um Käse geht. Besonders »echter«, würziger und unverwechselbarer Käse wird in Westösterreich hergestellt – Alpkäse, ein bis zu zwei Jahre gereifter Bergkäse. Wer im Sommer von Schetteregg im Bregenzerwald aus mit stabilem Schuhwerk die Alpe Obere Falz erwandert, wird die fast paradiesische Sennerei von Theresia Schneider finden. Mit langer Familienerfahrung produziert sie in ihrer Berghütte seit Jahrzehnten in der Hochsaison – neben Butter und Frischkäse – nicht nur mindestens einen Laib Alpkäse pro Tag, sondern verköstigt Gäste im Gastgarten auch mit Sennsuppe (heiße Molke mit ausgeflocktem Eiweiß), Speck von eigenen Schweinen und natürlich Bier und Schnaps – wie es sich gehört auf der Alp. Euter auf Urlaub weiterlesen

Bücher für jedermann

Berliner Büchertisch ist ein Paradies für Leseratten

Eine kleine Garage in der Richardstraße, davor ein Wagen mit Büchern. Im ersten Moment sieht alles etwas unscheinbar aus, doch Leseratten und Bücherliebhabern ist es ein kleines Paradies – der Berliner Büchertisch. Von Romanen über Sachbücher und Bildbände bis hin zu Kinderbüchern und Krimis sowie englischsprachiger Literatur – für jeden ist etwas zu finden.

Christa und Melissa erwarten Leser.                                                                                                               Foto: jr

Angefangen hat alles vor vierzehn Jahren in Kreuzberg. Die Idee dahinter ist eigentlich eine ganz simple: gelesene Bücher weiterzugeben und für alle zugänglich zu machen, anstatt sie wegzuwerfen. Die Bücher kosten zwischen 50 Cent und 2,50 Euro.
Seit eineinhalb Jahren ist das Lager des Berliner Büchertisches in der Richardstraße zu Hause, seit Mai 2018 gibt es die kleine Garage als Verkaufsraum – »erst einmal ein Experiment«, erzählt Cornelia Temesvári, Vorstandsmitglied der Genossenschaft, was bisher aber »sehr gut angenommen wird.« Die Garage ist allerdings nicht beheizbar, und deshalb bleibt sie für die kalten Monate ein Versuch: »Es kommt darauf an, wieviele Menschen kommen und Bücher kaufen wollen.« Das Wesentliche des Büchertisches ist es, mit den Menschen in Kontakt zu kommen, schöne Bücher weiterzugeben und einen Austausch zu haben. Bücher für jedermann weiterlesen

Naturbub mit Kuhliebe

Georg Weishäupls »Peppis Käselager« und seine kulturellen Lebensmittel

Österreich, felix Austria, schön und eigensinnig, eine der europäischen Genussinseln, wo ganz unvegan noch Milch und Honig auf saftigen Almen fließen. Georg Weis­häupl, im westösterreichischen Vorarlberg aufgewachsen und geprägt, importiert ein Stück vom landwirtschaftlichen Glück seiner Heimatregion in die Weichselstraße.

GEORG und seine Mitarbeiterin rocken und rollen den Käse.                                                        Foto: hlb

Zum einen lässt er in seiner atmosphärischen wie gemütlichen, für seine jazzig-avantgardistischen Live-Musik-Ereignisse beliebten und prämierten Kneipe »Peppi Guggenheim« gute Biere, Weine (Veltliner) und Schnäpse (Enzian, Saubirne!) servieren. Zum anderen ist da der Käse.
Nach 18 Jahren in Wien machte der »Diplomkünstler« Georg nach Neukölln rüber und eröffnete 2008 das »Peppi Guggenheim Spe­ci@l-cafe International« als zunächst sporadischen Projekt- und Kunst-raum, benannt nach seinem Wiener »vagabundieren Kunstkollektiv«. Hier begann es mit Punk und Happenings. Heute bringt das »Peppi« ein erdendes, austrisches Flair und niveauvolle Musik in den Kiez.
Doch den Naturbub ließen die Kuhliebe und das Potenzial der käsigen Vielfalt nicht los. Mit einem Freund baute er in Wien einst ein Portal für einen Sennervertrieb mit auf. Die Vermittlung und Verbreitung von Rohmilchprodukten glücklicher Weiderinder, direkt von den Sennern und Sennerinnen hin zum Käsefan, war und ist seine Passion und sollte irgendwann nicht nur innerhalb Öster­reichs passieren. Sondern auch nach und in Berlin. Denn: »Rohmilchkäse rockt!« Naturbub mit Kuhliebe weiterlesen

»thatchers«

Besonders Schönes zum Anziehen

Selbstbewusste Frauen sind schön und mit dem richtigen Kleid sogar umwerfend. So fühlt es sich für die Frau, die mitten im Leben steht, an, wenn sie das »thatchers« betritt.
Hier findet sie alltagstaugliche Kleider, Röcke und feine Oberteile in hochwertiger Qualität, die, mit einem Accessoire ausgestattet, nach einem Bürotag auch für den Abend passen.

Shirts und mehr.                                                                                                                                       Foto:thatchers

Thomas Mrozek, der Gemanistik und Anglistik studiert hat und aus der Theaterszene kommt, und Ralf Henselleg, der die Modeausbildung am Berliner Lette Verein absolviert hat, taten sich zusammen und gründeten 1989 das Modelabel »thatchers«. Mrozek, der das erste englischsprachige Theater »Berlin play Actors« mitgegründet hatte, bot ihnen die Plattform für Kostümgestaltung. Gemeinsam entwarfen sie die Kostüme für »Saint Joan« von Shaw und »No Exit« von Sartre.
Es kam jedoch der Tag, an dem sie sich zwischen Theater und Modedesign entscheiden mussten. Es war die Mode, zu der sie sich stärker hingezogen fühlten. Denn in Berlin war damals wie heute alles möglich. Von lässig über experimentell zum feinen Outfit gibt bis es hier alles. »thatchers« weiterlesen

»Prăvălia – Romanian Delights«

Kunst am Rollladen

Prăvălia bedeutet übersetzt aus dem Rumänischen Tante-Emma-Laden. Für die Karl-Marx-Straße bedeutet die Boutique vor allem eins: Sie ist ein Farbklecks. Die Gegend um den Karl-Marx-Platz lud über die letzten Jahre nicht zum Bummeln ein, sie war eher bekannt als Fressmeile und litt unter den andauernden Bauarbeiten an der Straße.

Vorher – Nachher.                                                                                                          Foto: Anne-Kathrin Liedtke

Anne-Kathrin Liedtke sorgt seit März vergangenen Jahres für Vielfalt und zeigt das Potenzial der Karl-Marx-Straße als Flaniermeile. Inmitten monotoner Leuchtreklamen steht ihr kleiner Laden, rosa gestrichen und seit Neuestem ausgestattet mit Kunst an der Fassade. »Prăvălia – Romanian Delights« weiterlesen

Berlin kann Wein

Britzer WeinKultur sucht die Weinkönigin

Zu jedem Weinanbaugebiet gehört eine Weinkönigin. Das gilt auch für Britz. Gewählt werden soll sie auf dem Weinlesefest am 13. Oktober.

Nachfolgerin gesucht.                                                                                                                                          Foto: pr

Berlin hat eine mehr als 800 Jahre lange Weinbaugeschichte. Seit 1173 ist der Anbau verbrieft. 300 Jahre später gab es hier über 70 Weinberge und 26 Weingärten.
Die gibt es schon lange nicht mehr, aber seit 2002 wachsen wieder Roter Acolon und weißer Ortega und ein gutes Dutzend weitere Sorten am Koppelweg in Britz. Mit 1.500 Pflanzen auf 5.000 Quadratmetern ist die »Britzer Weinkultur« heute die größte Wein­anbaufläche in Berlin. Die Agrarbörse Ost in Berlin hat sie vom Bezirksamt Neukölln gepachtet. Rund 1.000 Flaschen Wein werden pro Jahr produziert, Weiß- und Rotweinanteil sind etwa gleich. Verkauft werden sie außer direkt vom Hersteller auch im NIC, dem Tourismuszentrum im Rathaus Neukölln. Berlin kann Wein weiterlesen

Spaziergang durch den Körnerkiez

Mode, Kosmetik, Schmuck und viel Gutes für Leib und Seele

Im Körnerkiez gibt es eine bunte Vielfalt an Gewerbebetrieben, von der gehobenen Gastronomie über Kaffee­röstereien, Backshops bis hin zur Neuköllner Eckkneipe. Durch den Zuzug von finanzkräftigeren Haushalten wird der Kiez zunehmend attraktiver für Gewerbetreibende. Das »Quartiersmanagement Körnerpark« und die »Landesweite Planungsgesellschaft mbH« hatten zu einem Kiezspaziergang eingeladen, um einige Betriebe näher kennen zu lernen.
Den Anfang machte die »Kiezbäckerei«. Der Betreiber, von Beruf Bäcker, kennt sein Handwerk. Er weist auf die schwierige Situation hin, mit schnell verderblichen Lebensmitteln wie Brot zu handeln. Es ist eben nur am Tag der Herstellung verkäuflich, und die Kunden sind unberechenbar. Mal ist der Appetit auf Brot und Gebäck groß, mal nicht. Hinzu kommt, dass die Produkte bezahlbar sein müssen und dem Anspruch des Bäckers genügen sollen. Er hat die besten Croissants im Kiez und führt das Märkische Landbrot mit Demetersiegel. Tische und Stühle vor der Bäckerei machen diesen Ort zum Treffpunkt für die Nachbarschaft.

Kosmetik, individuell und lovely.                                                                                                                   Foto: mr

Das »Lovely Day« ist eigentlich ein Online-Shop, der Laden eher ein Showroom, in dem aber auch eingekauft werden kann. Spaziergang durch den Körnerkiez weiterlesen

Das beste Ramadan-Pide von Neukölln

Seit 20 Jahren lecker

Wer in diesen Wochen des Fastenmonats Ramadan gegen Abend die Hermannstraße entlang spaziert und in die Flughafenstraße kommt, der riecht schon von Weitem den herrlichen Geruch von frisch gebackenem Fladenbrot. Unzählige Kunden stehen hier Schlange, um das mutmaßlich beste Fladenbrot – auf türkisch »Pide« – des Bezirks zu ergattern. Die Bäckerei »Öz Ege« steht seit 20 Jahren für Qualität und ist ein echtes Neuköllner Juwel.

Mehmet Aktop und sein Sohn Emre.                                                                                                             Foto: sh

Natürlich kommen derzeit besonders viele Muslime. Ein knuspriges und warmes Fladenbrot ist schließlich eine hervorragende Beilage zum wohlverdienten Abendbrot. Auch viele andere Neuköllner kaufen hier regelmäßig ein. Im Fastenmonat gibt es nämlich spezielles »Ramadan-Pide«. Dann ist das ohnehin schon leckere Brot noch besser und enthält Sesam und etwas mehr Butter und Öl als sonst, verrät Inhaber Mehmet Aktop. Das beste Ramadan-Pide von Neukölln weiterlesen

Entdeckt, versteckt

Praktisches und Zauberhaftes im »VANRODE«

Im Schaufenster schwebt eine Dose, optische Illusionen bewegen sich, eine bunte Mischung aus Dingen findet sich dort, und auch das Innere des Ladens »VANRODE« am Ende der Schudomastraße hält einige Überraschungen bereit. Der Inhaber Stefan van Rode, gelernter Rettungssanitäter, Hörgeräteakustiker und Heilpraktiker, sieht sich selbst als Zauberer und Magier.

Stefan van Rode.Foto: jr

Angefangen hat alles vor 15 Jahren in einer kleinen Neuköllner Wohnung. Es entstanden die ersten »Geheimverstecke«, kleine Tresore oder Safes mit Mimikryeffekt. Genauer heißt das, Stefan van Rode baute und entwickelte eine Reihe von Reise- oder Geheimtresoren. Erbsendosen, Rasierer, Wanduhren, Getränkedosen – die Verpackungen passen sich wunderbar in das häusliche Equipment in der Speisekammer, im Bad oder der Garage ein. Für Reisen finden sich Reisesafes, zum Beispiel als Sonnencreme oder Feuerzeug getarnt. Es gibt sogar einen Klobürstengeheimsafe. Entdeckt, versteckt weiterlesen

Der »Zauberkönig« macht Pause

Bleiberecht bis zum ersten Spatenstich

Im Laden drängelten sich die Kunden, auf dem Gehweg davor bildeten sich Trauben von Menschen um Zauberkünstler und Artisten, die dort ihre Kunst vorführten, oder einfach nur, um in nostalgischen Erinnerungen zu schwelgen. Eine unglaubliche Menge von Fans hatte sich am 12. Mai versammelt, um – vorläufig – Abschied zu nehmen von einer Institution im Kiez, dem »Zauberkönig«.

Gruseliges und Zauberhaftes im Zauberkönig.                                                                                       Foto: mr

»Seit 1884« verkündet das Schild mit den geschwungenen Buchstaben. Begonnen hat die Geschichte allerdings in der Friedrichstraße, erst 1952 zog der Laden an seinen jetzigen Standort am Rande des Jerusalem-Friedhofes in der Hermannstraße. Kirsi Hinze und Karen German haben das Geschäft 2011 übernommen. Zuvor gehörte es Germans Großvater, danach ihrer Tante. Der »Zauberkönig« macht Pause weiterlesen

Weingenuss mit Laura & Sebastien

Naturweine im SCHWARZEN GLAS

Während anderswo erst am Montag nachgefeiert wurde, konnten aufmerksame Leser dieser Zeitung ihre Vorfreude aus- und einige der am Wochenende (13./14. Mai) auf der Weinmesse RAW angebotenen Naturweine schon vorher verkosten. Schon im zweiten Jahr kamen Winzer an den Vorabenden der Weinmesse in DAS            SCHWARZE GLAS in der Jonasstraße, um ausgewählte Naturweine interessierten Liebhabern vorzustellen, über Trauben und Herstellung zu berichten und auch die Böden nicht unerwähnt zu lassen.

Laura.                                                                                                                                            Foto: Stefan Bubenzer

Am Freitag war Laura Seibel von der »Domaine de la Pinte« zu Gast im SCHWARZEN GLAS; für sie war es ein Debut. Die Domaine ist im Jura gelegen, zwischen Burgund und der Schweiz. Das dortige Gebirge ist namensgebend für das gleichnamige Erdzeitalter, da die Folgen der damaligen Entwicklungen noch besonders gut sichtbar sind. Heute ist die Gegend relativ karg, vielerorts recht steil, öfter regnet es. Dies ist nicht für alle Reben geeignet, so dass hauptsächlich die Trauben Savagnin, Chardonnay, Poulsard, Trousseau und Pinot Noir angebaut werden. Weingenuss mit Laura & Sebastien weiterlesen

Wildschweingulasch

Kulinarisches auf der »Dicken Linda«

Nachdem im vergangenen Monat das Spargel­essen auf der »Dicken Linda« ein voller Erfolg war, ist Detlef Bublitz beflügelt. Am 9. Juni wird er die Gäste des Marktes mit Wildschweingulasch verwöhnen. Dazu gibt es Kartoffeln und Gemüse der Saison. Da just an diesem Sonnabend auch der neue Bürgermeister von Neukölln, Martin Hikel, die Kranoldplatzbesucher begrüßen wird, können sich die Neuköllner wieder auf einen unterhaltsamen Wo-chenmarktauf­enthalt freuen.

ro

Aus für Tabakladen in der Jonasstraße

Schwedische »Akelius GmbH« saniert und vertreibt

Eigentlich wollte die Tabakladenbetreiberin Sylvia Voppmann Ende dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Der Laden war kein gewöhnlicher Zeitungs- und Tabakladen. Er war ein sozialer Treffpunkt.

Ende eines sozialen Treffpunkts.                                                                                                                    Foto: mr

Die alten Herrschaften aus der Nachbarschaft tranken hier ihren Kaffee, lasen ihre Zeitungen und redeten mit- und übereinander. Die Schulkinder konnten die Süßigkeiten einzeln kaufen, und ein Tütensüppchen stand für sie immer bereit. Wenn es Zeugnisse gab, zitterte Voppmann mit und hatte tröstende wie anerkennende Worte für die Knirpse.
Als eine Nachbarin sich nicht mehr selbst versorgen konnte, kochte sie für sie. Und da sie nur große Mengen kochen konnte, richtete sie einen Mittagstisch ein, der von den Bewohnern der Jonasstraße dankbar angenommen wurde. Aus für Tabakladen in der Jonasstraße weiterlesen

Erst Hikel, dann Spargel

Immer was los bei der »Dicken Linda«

Es ist Frühling, und die »Dicke Linda« ist in bester Stimmung. Dieser Markt hat sich seit seiner Gründung mehr und mehr zu einem Treffpunkt zum Verweilen und miteinander Reden entwickelt.
Am 12. Mai um 13 Uhr wird der neue Bezirksbürgermeister Martin Hikel die Besucher begrüßen. Eine gute Gelegenheit für die Kunden, sich zu informieren.
Am darauffolgenden Sonnabend, dem 19. Mai, haben sich einige Händler zusammengeschlossen und bieten an einer langen Tafel Spargel, Schnitzel, Wein und Bier an.

ro

Traditionsreicher Trödel-Kiez mit Herz

Unterwegs in der Flughafenstraße

Wer ein bisschen Zeit mitbringt und eine stilechte Retro-Lampe, günstige Küchenstühle oder erstklassige gebrauchte Hifi-Boxen sucht, dem sei ein Besuch in der Flughafenstraße ans Herz gelegt. Zwischen Neukölln-Arkaden und der Hermannstraße lässt sich so manches Schmuckstück entdecken, ausgiebiges Fachsimpeln inklusive.

Jörg Flachmann und sein Sohn reparieren HiFi-Geräte und bieten leckeren Kaffee.             Foto: sh

Als erste Station bietet sich »Firma Hesse – Wohnungsauflösungen« an der Ecke Reuterstraße an. Schon seit 30 Jahren gibt es diesen klassischen und beliebten Trödelladen im Kiez. Hier findet man günstige und rustikale Möbel. Es herrscht ein mitunter gewöhnungsbedürftig direkter, jedoch herzlicher Umgangston. Für die vielen jungen Kunden aus Spanien gäbe es ein freundliches »¡Hola!«. Danach gehe es mit Händen und Füßen weiter, berichten die langjährigen Mitarbeiter. Traditionsreicher Trödel-Kiez mit Herz weiterlesen

Der Markt swingt

Musiker bereichern DIE DICKE LINDA

Der Neuköllner Regionalmarkt DIE DICKE LINDA feiert am 14. April den Auftakt einer Reihe von musikalischen Märkten. Bis in den September bekommt DIE DICKE LINDA jeden zweiten Samstag im Monat Besuch von Songwritern und Bands der Stadt.

Rob Longstaff spielt für die Marktbesucher.                                                                              Foto: Cleo Fink.

Nikolaus Fink, Marktorganisator und Inhaber von »diemarktplaner«, beschreibt das Treiben so: »Ab dem Frühling wird DIE DICKE LINDA mehr als eine Einkaufsmöglichkeit. In warmen Sonnenstrahlen sonnen und unterhalten sich Menschen aus dem Kiez, treffen sich Familien, und der Berlin-Besuch staunt, wie entspannt Neukölln sein kann.« Berliner Musiker einzuladen, hier zu spielen, passe wunderbar zum Ort, findet der Marktexperte. Der Markt swingt weiterlesen

»Hoffnung-Kibō-Berlin-Japan e.V.«

Japanische Gemeinschaft auf Neuköllner Boden

Wer hätte vermutet, dass es in Neukölln eine kleine, hoch aktive Japanische Gemeinschaft gibt? Allein im Haus, in dem die Künstlerin Tamiko Yamashita arbeitet, leben vier weitere Japaner. Sie selbst kam 1972 zur Kunstweiterbildung nach Berlin und studierte hier bis 1977 Mode Design an der Hochschule der Künste. Dort lernte sie ihren deutschen Mann kennen, und seitdem lebt und arbeitet sie in Berlin. Die diplomierte Mode­designerin hat in Neukölln ihr eigenes Mode- und Textilatelier.
Im Neuköllner Kiez ist sie mit ihrem Studio schon lange eine anerkannte Institution. In der Kranoldstraße 5 gibt sie schon seit Jahrzehnten Nähkurse für Anfänger und Fortgeschrittene, Schnitt- und Patchworkkurse und betreibt dazu eine Maßschneiderei. Ihre Leidenschaft ist die Textilkunst, die sie auf zahlreichen Ausstellungen und in Galerien zeigt. Ihre Werke sind in Japanischer und Europäischer Tradition verwurzelt. »Hoffnung-Kibō-Berlin-Japan e.V.« weiterlesen

Ötzi wäre stolz

Gastautor Tim Hofmann ließ im »19:28 Tattoo Club« seinen Körper verschönern

Surrende Maschinen und Heavy-Metal-Musik erfüllen den Raum. Auf der schwarzen Wand steht in weißen Lettern »You shall not make any cuttings in your flesh for the dead, or print marks upon you: I am the lord«, ein Satz aus der Bibel.
Ich strecke mich bäuchlings auf einer Liege aus, über mich ein Mann gebeugt. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, ein dicker, schwarzer Querstrich über Nase und Backen tätowiert. Er wird sieben Nadeln immer wieder per Hand in meinen Rücken stechen.

Feine Nadelkunst.                                                                                                                                                  Foto: pr

Was sich anhört wie ein satanistisches Opferritual, ist für Benjamin eher das Gegenteil. »Für mich ist Handpoking fast schon meditativ«, sinniert er. Handpoking, auch »Stick and Poke« genannt, bedeutet, Tattoos ohne Maschine, nur mit mehreren verbundenen Nadeln, zu stechen. Ötzi wäre stolz weiterlesen