Archiv der Kategorie: Kiez

Endlose Weiten fürs Kiten

Kiteschule bietet Sommerkurse an

Über die Rollbahn preschen während der Wind den Drachen knattern lässt, das Tempelhofer Feld mit seiner riesigen Fläche ist längst zu einem Eldorado für Kiter geworden.
Aber auch Anfänger können hier jetzt unter fachkundiger Anleitung lernen, wie das Fliegen und die spektakulären Sprünge gelingen. Seit Anfang Juli hat sich Alex Nuskovski mit seiner Kiteschule hier niedergelassen. Sein gelber Bauwagen, der gleichzeitig Büro und Lager für die Ausrüstung ist, steht am Eingang Herrfurthstraße. Alex ist lizensierter Kitesurf-Instructor des VDWS (Verband Deutscher Windsurfing und Wassersportschulen). Bisher hat er seine Kurse immer an der Ostsee oder im Winter in Tschechien durchgeführt. Aber das Feld fasziniert ihn, und nachdem der Volksentscheid für klare Verhältnisse gesorgt hat, möchte er zukünftig zumindest einen Teil seiner Kurse dort abhalten.

 

kite1Abheben auf dem Tempelhofer Feld.   Foto: pr

Zum Einstieg bekommt der Schüler eine theoretische Einführung. Anhand eines kleinen Modells erklärt Alex, wie der Wind auf den Drachen (engl. Kite) einwirkt. Dnach erklärt er, wie der Kite aufgebaut und startklar gemacht wird. Dazu gibt es Sicherheitshinweise und Verhaltensregeln, damit sich Kiter und andere Nutzer des Feldes wie Surfer, Fahrradfahrer und Fußgänger nicht in die Quere kommen.
Anschließend wird geübt, wie der Drachen kontrolliert und gesteuert wird. Erst dann darf der Schüler aufs Board und lernt zu starten, die ersten kleinen Sprünge zu vollführen und die sichere Landung.
Kiter sind auf dem Feld üblicherweise mit rund 20 Kilometern pro Stunde unterwegs. Geübte Fahrer können aber durchaus auch schneller werden. Ein erboster Radfahrer habe mal seine Geschwindigkeit mit der Laserpistole gemessen, erzählt einer. Es waren 72 Kilometer pro Stunde.
Alex Nuskovski bietet unterschiedliche Kurse vom eintägigen Schnupperkurs bis zum dreitägigen Intensivkurs an. Erst einmal bleibt er bis Ende August auf dem Feld. Wenn es gut läuft überlegt er, im Winter wiederzukommen und dann Kurse im Snowkiten anzubieten. Vorausgesetzt es liegt genügend Schnee. 

mr
www.KiteFlow.de

Himmelhoch über Neukölln

Gute Aussichten in der »Skylounge« in Gropiusstadt

Ganz Berlin erstreckt sich vor einem, man sieht, wo es gerade regnet, wo ein Feuerwerk gezündet wird und der eh schon schneidige Berliner Wind weht einem mit voller Kraft um die Ohren. Es ist ein atemberaubendes Naturerlebnis, auf der Terrasse der Skylounge zu stehen, gleichzeitig aber auch ein unglaublich urbanes Gefühl, denn die Stadt mit all ihren Lichtern strahlt in ihrer chaotischen Ordnung herauf. Kein Wunder, dass jeder gerne hierher kommt, von Jugendlichen bis zu älteren Herrschaften, die gemütlich bei Kaffee und Kuchen die Weite des Himmels genießen.

degewo-barEin Platz zum »Fensterln«.                                                 Foto: cr

Das freut den 24-jährigen Geschäftsführer Flo, der die »Skylounge« mit seinem Partner Martin schon im letzten Sommer betrieben hat. Das Konzept der beiden hatte die Wohnungsbaugesellschaft »degewo« bei ihrer Ausschreibung für die Räume überzeugt. Auch die Anwohner sind glücklich, endlich bewege sich was im Kiez, und wünschen sich ein dauerhaftes Bestehen der Bar.
Besonders stimmungsvoll sind natürlich die Sonnenuntergänge, die man bei einem Cider oder einem Bier von den hölzernen Stufen auf der 180 Grad Terrasse beobachten kann. Innen spielt entspannte elektronische Musik, jeden Freitag steht ein DJ an den Plattentellern und immer wieder werden Live-Bands eingeladen. Auch für den kleinen Hunger in luftiger Höhe ist mit Flammkuchen oder Nachos mit Käse gesorgt. Ganz nach dem Motto »Kultur für den Kiez«, organisiert Florian, der vor drei Jahren die Veranstaltungsagentur »Cap Events« gegründet hat, direkt an der U-Bahn- Station Wutzkyallee alle zwei Wochen ein Open-Air-Kino.

degewo-bar2Ganz oben, aber tiefenentspannt.                                                Foto: cr

Bis zum 5. September werden hier abwechselnd Klassiker und aktuelle deutsche Kinofilme gezeigt. Also das perfekte Setting für einen lauen Sommerabend, der mit Open-Air-Kino beginnt und mit einem Drink über den Dächern Berlins seinen krönenden Abschluss findet.

jt

Skylounge, Joachim-Gottschalck-Weg 1, 26. Stock.

Öffnungszeiten bis 9.9.14 Di-Fr 15-24Uhr,

Infos zur Bar und zum Open-Air-Kino auf
www.degewo.de

Gaslaternen werden umgerüstet

Mehr Licht für dunkle Neuköllner Straßen

Weltweit hat Berlin die meisten Gaslaternen. Es wurden etwas mehr als 43.000 gezählt. Ihnen ist ein Straßenbild bei Nacht geschuldet, dass sich die einen gemütlich wohlig fühlen und andere sich wegen der Schummrigkeit ein wenig gruseln. Das soll auch so bleiben, wenn die schönen Stücke von Gas auf LED (englisch light-emitting diode, dt. Licht-emittierende Diode) umgerüstet werden. So wenigstens sind die Pläne der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, vertreten durch den Staatssekretär Christian Gaebler, der am 26. Juni sein Umrüstungsprogramm für Neukölln im Nachbarschaftsheim in der Schierker Straße vorstellte.
Neukölln ist damit der erste Bezirk in der Stadt, in dem die komplette Umrüstung stattfindet. Etwa 600 Laternen werden ausgetauscht und 100 neue kommen hinzu, um die noch dunklen Straßenzüge wie beispielsweise die Thomasstraße im Körnerkiez besser auszuleuchten.
Hintergrund dieser Umrüstung ist eine Energiekosteneinsparung von 97 Prozent und eine Vermeidung der CO2-Emissionen (wenn man davon absieht, dass Strom in Kraftwerken hergestellt wird), die stadtweit bei Gaslaternen immerhin pro Jahr 500 Tonnen ausmachen. Hinzu kommt das Beschaffungsproblem bei den Glühstrümpfen, die die Laternen erst zum Leuchten bringen. Sie werden seit Jahren nicht mehr in Berlin hergestellt, und der indische Hersteller, der weltweit die einzigen Glühstrümpfe produziert, ist mit seinen Lieferungen sehr unzuverlässig. Das ist sicherlich auch der Grund, warum die Leuchten ihren angestammten Dienst, nämlich das Leuchten, oftmals für längere Zeit nicht erfüllen.

Mehr Licht

Alte Lampen in neuem Glanz

Die neuen Laternen, in Neukölln stehen Gasaufsatzleuchten, werden teilweise ausgetauscht und sehen aus wie die alten Laternen, nur eben neu. Die gusseisernen Gaslaternen bleiben den Neuköllnern erhalten. Sie können recht einfach umgebaut werden. Hinter einer kleinen Klappe verbirgt sich die gesamte Technik, die LED für ihre Funktionstüchtigkeit braucht. Während Gaslaternen auf Helligkeit reagieren und bei entsprechender Dunkelheit erleuchten, werden die LED-Lampen zentral gesteuert. Während der sommerlichen Jahreszeit springen sie um 21:45 Uhr an.

ledLampen in der Schierkerstraße, links Gas, rechts LED.      Foto: fh

Vielfach wurde in der Presse das kalte und gleißende Licht der LED-Laternen kritisiert. Dem widerspricht Staatssekretär Christian Gaebler vehement. Er machte den Zuhörern klar, dass die Technologie so weit fortgeschritten sei, dass der Unterschied zur Gaslaterne minimal sei. Außerdem lasse sich die Lichtstärke verändern. Auch Baustadtrat Thomas Blesing unterstrich diesen Aspekt. Dies würde nicht nur das Sicher­heitsgefühl der Bürger verstärken, sondern käme auch der besseren Sicht beim Ausweichen von Hundehaufen entgegen.
Auf die Frage, ob die Laternen für die Zukunft des Batterieautos, das an den Laternen auftankt, gerüstet sind, stellte sich heraus, dass der Senat das Problem inzwischen erkannt hat und reagiert. Es gibt sogar schon einige Lampen, die für die Autozukunftsstadt fit sind, die meisten aber nicht. Das wird aber noch.

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Die Zukunft der Vergangenheit

Die NS-Geschichte des Flughafens soll ins Bewusstsein gerückt werden

Der Flughafen Tempelhof und das Tempelhofer Feld sind untrennbar mit der Luftbrücke und seiner späteren Funktion als Tor zur Freiheit verbunden. Vergessen wird dabei häufig, dass die Geschichte dieses Ortes maßgeblich von seiner nationalsozialistischen Vergangenheit bestimmt wird.
Um daran zu erinnern, enthüllte der Förderverein «THF 33-45» am 22. Juni an der Eingangshalle des Flughafens eine Gedenktafel, die an KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter während der Zeit des Nationalsozialismus erinnern soll.
Der Flughafen ist zusammen mit dem Flugfeld ein Ort von Opfern und Tätern des NS-Regimes. Tempelhof war zur Zeit des Nationalsozialismus ein Zentrum der Rüstungsindustrie. Hier baute die »Weserflug GmbH« Stukas in Serie.
Auf dem Flugfeld befand sich eines der größten Barackenlager im Deutschen Reich. Hinter Stacheldraht lebten hier Tausende von Zwangsarbeitern, vorwiegend aus Osteuropa, die in den Flugzeugwerken die Flugzeuge zusammenbauen oder reparieren mussten, die dann ihre Heimatländer bombadierten.
Vor dem neuen Flughafen befand sich bis 1934 das SS-Gefängnis Columbiahaus und bis 1936 das KZ Columbia.

gedenktafel
Um diese Geschichte wieder stärker in den Vordergrund zu rücken, fordert der Förderverein «THF 33-45» die Errichtung einer Forschungs-, Bildungs,- Begegnungs- und Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens, die sich am Nationalsozialismus orientiert, nicht an der Luftbrücke oder den Alliierten. Auch den Begriff »Tempelhofer Freiheit«, den die »Tempelhof Projekt GmbH« erfunden hat, um das Gelände zu vermarkten, lehnt der Verein ab. Dieser Name verharmlose die Verbrechen, die an diesem Ort geschehen sind, sagte die Historikerin Beate Winzer. Das Tempelhofer Feld sei während der Herrschaft der Nationalsozialisten für Zehntausende von Menschen ein Ort der Unfreiheit gewesen.
Der Volksentscheid habe alle Planungen für die Zukunft des Tempelhofer Feldes wieder auf Anfang gestellt, erklärte sie weiter. Daher müsse jetzt noch einmal ganz neu nachgedacht werden, wie ein würdiges Gedenken an die Menschen aussehen könnte, die hier gelitten haben. Die Gedenktafel sei nur ein Anfang, ein Provisorium.

mr

Ein Netz, das Internetschnüfflern das Leben schwer macht

Freifunk-Netz als Alternative zum kommerziellen Internet

Ein dezentrales Internet, kostenlos und anonym, als Alternative zu den Internetangeboten großer Provider wie der Telekom, das ist die Idee, die hinter der Freifunk Initiative steht.
Seit mehreren Jahren bringen WLAN-Router drahtlose Internetverbindungen in die Wohnungen. »Da kam dann ganz schnell die Idee«, erzählt Sven-Ola Tücke, einer der Initiatoren der Berliner Freifunk-Initiative, »da können wir doch fünf Nachbarn hintereinander schalten, und dann kann man über mehrere Verbindungen Daten austauschen und übertragen. Der technische Begriff dafür heißt Meshnetzwerk, wie Maschendrahtzaun.« Jeder Nutzer im Freifunk-Netz stellt dafür seinen WLAN-Router, der dafür mit einer speziellen Freifunk Firmware ausgerüstet wird, für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung. Jeder Freifunk-Router ist damit (mittelbar oder unmittelbar) mit allen anderen Freifunk-Routern verbunden.
Damit die Verbindung zwischen den Knotenpunkten nicht abbricht, brauchen sie Sichtkontakt. Je höher der Standort, umso besser, weil dann weniger Häuser oder Bäume die Signale blockieren können. So ist es möglich, innerhalb der Stadt auch über größere Entfernungen drahtlos untereinander zu kommunizieren. Seit dem Frühjahr ist der Turm des Neuköllner Rathauses ein Knotenpunkt im stadtweiten Meshnetzwerk, zu dem auch das Rathaus Kreuzberg sowie mehrere Kirchen gehören. Der Standortgeber stellt den Strom für die Freifunk-Hardware zur Verfügung. Die Kosten für Baumaßnahmen und Router konnten aus Mitteln einer Förderung der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb) gedeckt werden. Installation und Wartung der Technik übernehmen ehrenamtlich die Mitglieder der Berliner Freifunk-Initiative.
Das eigentliche stadtweite Netz sollen dann Privatpersonen oder auch Kneipenbesitzer aufbauen, die ihre WLAN-Router zur Verfügung stellen. Je engmaschiger das Netz wird, desto besser wird der Empfang im Stadtgebiet.

freifunk

Freifunk. Richtfunkstrecken verbinden Router, über die dann frei Internetzugriff möglich ist.    Foto: pr

Viele Freifunker stellen auch ihren Internetzugang zur Verfügung. Wer dann ein solches Signal findet, braucht kein Kennwort für den Zugang zum Internet. »Unser Netz ist für alle, man kann da jederzeit zugreifen und die Dinge nutzen, die dort angeboten werden. Deshalb heißt das ganze Freifunk«, erklärt Tücke.
Allerdings gilt in Deutschland das Prinzip der Störerhaftung. Wer sein WLAN jedem öffnet, ist für alle Aktivitäten verantwortlich, die darüber ablaufen. Aber auch für dieses Problem haben die Freifunker eine Lösung gefunden. Die Störerhaftung wird über ein Virtual Private Network (VPN) umgangen. Der Verein betreibt einen VPN-Server, der seine IP-Adresse an den Datenverkehr anklebt. Der Nutzer kann so nicht mehr identifiziert werden.
Im Prinzip könnte man auch das Freifunknetz abhören, die Funkverbindung zwischen dem Laptop/Smartphone und dem ersten Freifunk Router ist ungeschützt, unverschlüsselt und damit dann auch abhörgefährdet. Ab dem ersten Freifunk-Router ist aber diese Verbindung per VPN gegen Abhören abgesichert. Allerdings sind die Freifunknetze klein und lokal. Jeder Schnüffler müsste sich also vor Ort begeben und ein Gerät aufstellen, ein ziemlich aufwändiges Unterfangen. Und anders als große Provider wie die Telekom sammeln die Router des Freifunks auch keine Kundendaten.

mr

Wer sich an der Verwirklichung eines stadtweiten freien Netzes beteiligen möchte, findet weitere Informationen auf der Website http://freifunk.berlin/participate/overview/.

Muslimischer Friedhof

Suche nach Ruheplätzen

In Berlin sterben jährlich ungefähr 1.000 Muslime, die zumeist in ihren Heimatländern bestattet werden. Immer mehr jedoch wollen hier in der Stadt nahe der Familie beigesetzt werden.
Auf dem Garnisonfriedhof liegen aktuell 1.500 Menschen begraben und der Platz wird knapp. So kam bereits im Jahr 2012 die Idee auf, den Friedhof auf das Tempelhofer Feld zu erweitern, um zunächst Platz für 500 Gräber zu schaffen.
Diese Pläne scheinen nun nach dem Volksentscheid verworfen zu werden. Zu viel spricht gegen eine Erweiterung. Nach dem THF 100-Gesetz ist eine Einzäunung nicht gestattet. Das ist nicht im Sinne der muslimischen Gemeinde. Aus hygienischen Gründen soll eine Umrandung mit einer Mauer verhindern, dass dort Hunde wildern. Hinzu kommt, dass das Gebiet viel kleiner ist, als es von der Politik versprochen wurde. Lediglich für 100 Bestattungen reicht der Platz. Nicht berücksichtigt wurde außerdem, dass der Standort des KZs, wo bis vor Kurzem Ausgrabungen stattfanden, möglicherweise als Bodendenkmal vorgesehen ist.
Offen ist die Sehetlik-Gemeinde gegenüber Beerdigungen auf konfessionellen Friedhöfen, sofern der muslimische Ritus respektiert wird. Von kirchlicher Seite gibt es keine Einwände, sofern die Friedhofsverwaltungen miteinander kooperieren.

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Die Europäer haben ihr Parlament gewählt

Rechtspopulisten und Euroskeptiker geben zukünftig den Ton an

Europa hat sein Parlament gewählt, und das wird deutlich konservativer und europaskeptischer, aber auch bunter.
Stärkste Kraft wurde die konservative Europäische Volkspartei (EVP) mit Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker, gefolgt von den Sozialdemokraten. Aber überall in Europa legten rechts-orientierte und populis­tische Parteien zu, wie der französische Front National oder die britische Unabhängigkeitspartei UKIP, die jeweils stärkste Kraft wurden. In Deutschland gewann die eurokritische AfD aus dem Stand sieben Prozent. Die Abschaffung der Dreiprozenthürde führte dazu, dass auch die Freien Wähler, die Piraten, die NPD, die ÖDP, die Familienpartei, die Tierschutzpartei und die PARTEI erstmals im Europaparlament vertreten sein werden.
Die Wahlbeteiligung steigerte sich in Deutschland im Vergleich zu 2009 von 43,3 auf 47,9 Prozent, europaweit lag sie nur bei 43,09 Prozent.
In Berlin wurde die SPD überraschend mit 25 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von der CDU mit 20 Prozent. Im Bund fiel das Ergebnis genau andersherum aus. Die Berliner Grünen landeten bei 19,1 und Die Linke bei 16,2 Prozent. Die AfD konnte auch hier 7,9 Prozent der Wähler von ihrem Programm überzeugen.
Berlin wird damit elf der 96 Abgeordneten stellen, die Deutschland in das Europäische Parlament entsendet. Michael Cramer von den Grünen gehört dazu, ebenso wie Sylvia-Yvonne Kaufmann von der SPD und Joachim Zeller von der CDU.
Auch in Neukölln konnte die SPD Gewinne verzeichnen und wurde mit 23,4 Prozent stärkste Partei. Hier lagen aber die Grünen mit 20,9 Prozent an zweiter Stelle, knapp vor der CDU, die auf 20,8 Prozent kam. Für Die Linke votierten 13,8 Prozent der Wähler.
Die Wahlbeteiligung in Berlin lag bei 46,7 Prozent. 2009 hatten sich nur 37,9 Prozent auf den Weg zur Wahlurne gemacht. 

mr

EU – mehr als Gurken und Bananen?

Fördermittel der EU für Neukölln

Die EU, ein für die meisten Menschen völlig abstraktes und unüberschaubares Gebilde, wird oft mit unsinniger Bürokratie und überflüssigen Normen assoziiert, wie etwa Regelungen zu Gurkenkrümmungsgraden oder Bananendurchmessern. Doch was bringt die EU den Bürgern konkret? Wo ist die EU in Neukölln, speziell in Rudow? Um diese Fragen ging es am 20. Mai in der Alten Dorfschule Rudow bei der von der SPD-Rudow organisierten Veranstaltung, zu der die Europabeauftragte Neuköllns, Cordula Simon, eingeladen war.
Anders als vielleicht angenommen, fließt eine Menge EU-Geld in Form von Fördermitteln nach Neukölln. Simon meinte, sie sei selbst immer wieder »überrascht, wer alles etwas mit EU-Geld macht«. Vor allem Mikroprojekte, also kleinere Projekte, die mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden, sind zahlreich, aber eher in Nordneukölln zu finden als im Süden, wo es gerade noch zwei Antragsteller aus Gropiusstadt gibt. Dabei seien diese oft mehr wert als große Projekte mit hohen Fördersummen, so Simon. Ein Grund für dieses völlige Ausbleiben von Anträgen auf Fördermittel aus Rudow ist wohl ein Mangel an Kommunikation sowie die oft negative Haltung der EU gegenüber. Die Chancen, eine EU-Förderung zu erhalten, sind dabei sogar sehr gut. Je nach Ausschreibung können sich staatliche Stellen, Schulen oder auch Privatpersonen bewerben. Die Ansprüche und der Aufwand variieren, doch Unterstützung bekommen alle bei einem Fördergespräch mit Cordula Simon.
Meist zielen die Förderprojekte in Richtung Arbeitsmarkt, Jugend oder Ausgleich von Benachteiligungen. So gibt es Initiativen, die Jugendlichen bei der Orientierung nach dem Schulabschluss helfen oder Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen. Die Europabeauftragte betonte aber, dass jede Art der Förderung stets mit viel Engagement, Motivation und Freizeitaufwand verbunden sei, was auf viele abschreckend wirke. Bis zur nächsten Ausschreibung 2015 ist es daher wichtig, eine breitere Wahrnehmung der Förderprojekte zu schaffen, denn die EU ist eine »offene Tür«, die auch den Rudowern zahlreiche Möglichkeiten bietet.

jt

Das Stadtbad Neukölln wird 100

Poolparty mit »Ulli und die Grauen Zellen«

Es ist jetzt hundert Jahre her, als eines der Kleinodien Neuköllns seine Pforten öffnete. Am 10. Mai 1914 nahm das Stadtbad Neukölln in der Ganghoferstraße seinen Betrieb auf. »Gut ist das imposante Werk geworden, und mit Recht kann Neukölln auf dasselbe stolz sein«, schrieb damals das »Neuköllner Tageblatt«.
Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky drückte es ähnlich aus, als er das Bad bei der Feier, die die Berliner Bäder Betriebe aus diesem Anlass ausrichteten, als eine der schönsten Stellen Neuköllns bezeichnete. Hier habe er schwimmen gelernt.
Entworfen wurde das Hallenbad von Stadtbaumeister Reinhold Kiehl, der auch verantwortlich war für den Ausbau des Rathauses und den Bau des Neuköllner Krankenhauses.
Antike Thermenanlagen waren die Vorbilder beim Bau des Stadtbads. Es gibt zwei Schwimmbecken, dazu Säulen, Wandelgänge, Glasmosaike, Wandgemälde und Galerien, die von schmiedeeisernen Geländern eingefasst sind. Entstanden ist ein eindrucksvolles Bauwerk ganz nach der Devise: »Das Auge badet mit.«
Dabei hatte das Bad einen ganz profanen Ursprung, wie Buschkowsky in seiner Rede weiter ausführte. Es ging um die Volksgesundheit in einer Zeit, in der es in den Arbeiterwohnungen noch keine Bäder gab. Eine Dusche mit Benutzung eines Handtuchs kostete zehn Pfennig. Die Duschen und Wannenbäder wurden noch bis in die Siebziger-Jahre des letzten Jahrhunderts benutzt.

stadtbadParty zum 100sten des Stadtbades.                                         Foto: mr

An die Bildung wurde ebenfalls gedacht und eine Bibliothek in dem Gebäude untergebracht. Die Technik war hypermodern. Das Wasser wurde erwärmt über eine Fernwärmeleitung, die vom Elektrizitätswerk am Weigandufer herüber führte. Der Wärmeverlust war dabei nicht größer als bei heutigen Leitungen.
Den Abschluss der Feierlichkeiten bildete eine Poolparty, bei der »Ulli und die Grauen Zellen« mit ihrer fetzigen Musik den Besuchern am und im Becken gehörig einheizten. 

mr

Stadtteiltag in Gropiusstadt

Bürger fragen – Politiker antworten

Es gibt viele Versprechen, die selten eingehalten werden. Umso schöner ist es, wenn ein Flyer die Runde macht, der zum Stadtteiltag mit Erol Özkaraca einlädt. Und zwar nicht irgendwo in Nordneukölln, sondern tatsächlich in der Gropiusstadt.
Der gebürtige Hamburger, der selbst einige Zeit in Rudow verbracht hat, wollte sein Versprechen einlösen, sich auch um den Süden Neuköllns zu kümmern.
So saß er also im Frauencafé, zu dem normalerweise keine Männer Zutritt haben und eher einen Tritt anderer Art bekommen. Begleitet wurde er von Sylvia-Yvonne Kaufmann von der SPD, die für Europa-Fragen zur Verfügung stand. Leider wurde dadurch der Veranstaltungshintergrund von einigen missverstanden, sodass viele der Ansicht waren: »Neukölln ist ja jetzt nicht wichtig, wir sind ja hier, um über Europa zu sprechen.«

StadtteiltagNeuköllner SPD-Politiker stellen sich in der Gropiusstadt.     Foto: cr

Thema war unter anderem die Schließung der Postbank vor knapp zwei Jahren. Dabei wurde klar, dass die vorwiegend älteren Gropiusstädter sich bereits verstärkt dafür eingesetzt haben, dass diese wiedereröffnet wird. Erol Özkaraca versprach, einen Extratermin zu vereinbaren, um noch mal auf die angesprochenen Probleme einzugehen.
Der zweite Anlaufpunkt war das »ImPuls«, ein Interkulturelles Zentrum im Gemeinschaftshaus. Julia Pankratyeva, Leiterin des Vereins, organisiert regelmäßig Veranstaltungen, bei denen verschiedene Kulturen aufeinandertreffen und mit Vorurteilen aufgeräumt werden kann. Leider sind diese aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten gefährdet.
Der anschließende Rundgang, zu dem alle eingeladen waren, bot einen Einblick in die derzeitige Situation der Gropiusstadt. Es gibt viele Angebote für Kinder, allen voran das »MANNA«. Die Bedürfnisse der Älteren bleiben oft auf der Strecke.
Die Tour endete am Campus Efeuweg, der den Ort für die letzte Infoveranstaltung an diesem Tag bot. Sylvia-Yvonne Kaufmann wurde von Franziska Giffey abgelöst, die zur Diskussion mit dem Schulleiter der Liebig-Schule einlud.

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»Viva la vital«

Generationsübergreifendes Miteinander

Dem Mangel an nachbarschaftlichen Treffpunkten hat »Viva la vital« in der Mohriner Allee 30-36 ein Ende gesetzt. Nach langen Bauarbeiten konnte am 9. Mai feierlich der neue Nachbarschaftstreff gegenüber vom »Britzer Garten« eröffnet werden.
Hier soll sich ein Treffpunkt entwickeln, an dem sich Menschen unabhängig ihrer Herkunft, ihres sozialen Status´ und Alters willkommen fühlen sollen. Im ersten Obergeschoss befindet sich ein heller großer Raum, in dem sportliche Aktivitäten angeboten werden. Ein schicker Umkleideraum und Duschen erfüllen die hygienischen Wünsche nach schweißtreibenden Aktivitäten. Die neuen Besucher werden darüber entscheiden, wie das künftige Angebot aussehen wird. Ideen gibt es bereits. Die Mitarbeiter haben ein Spektrum von Gymnastik bis Break Dance im Angebot.
Das ausgesprochene Ziel, das die Geschäftsführerin Sylvia Gardzilewski immer wieder formuliert, ist, dass soziale Gruppen aufgebrochen werden und sich vermischen. Alt soll mit Jung ins Gespräch kommen, Migranten mit Deutschen, Kranke mit Gesunden.
Der erste Kontakt kann im offenen Clubbereich mit ganztägigem Cafébetrieb entstehen. Bei frisch gebackenen Kuchen und selbstgemachten Snacks, beides ist sehr zu empfehlen, fällt das Gespräch leicht. Wer mag, kann sich auch ein Buch nehmen und ein wenig lesen. Bei den Gesellschaftsspielen, die für die Gäste auszuleihen sind, lernen sich Menschen noch einmal anders kennen, auf jeden Fall mit viel Spaß. Auch hier können interessierte Gäste an neuen Aktivitäten mitgestalten. Vielleicht entsteht ja ein Literaturzirkel, eine Handarbeitsgruppe oder ein Chor. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Neuköllner, die neue Kontakte knüpfen und Einfluss auf die Zukunft des Nachbarschaftstreffpunkts nehmen wollen, seien an dieser Stelle aufgerufen, diese Chance wahrzunehmen und sich einzumischen.

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Auf der langen Bank

Die Hasenheide bekommt neue Möbel

Seit 60 Jahren hält er sich bereits in der Hasenheide auf. Als Kind spielte er bei schönem Wetter im Park, während sein Vater Skat spielte. Später setzte Peter Bunzel sich selbst an einen fest installierten Tisch und führte die Tradition seines Vaters mit den anderen Skatspielern fort.
Das ging bis 2007 gut. Da nämlich wurde der Tierpark erweitert, und die Spielertruppe musste umziehen. Nun treffen sie sich in der Nähe des Eingangs an der Karlsgartenstraße. Es ist ein kuscheliges schattiges Plätzchen, an drei Seiten eingerahmt von Bäumen und Straüchern, wo sich die Kreuzberger und Neuköllner Schach- und Skatspieler nun treffen. Hier können sie fernab vom Hasenheidetrubel ihren Spielen und Gesprächen nachgehen.

Stark  beschädigte Parkmöbel in der Hasenheide.  Foto: Peter Bunzel

Die Idylle ist jedoch getrübt. Seit mehreren Jahren verfallen die Sitzbänke. Eine Bank fehlt, einsam steht der Spieltisch mit einem Schachbrett darauf herum. Wer will auch schon im Stehen Schach spielen.  Übergewichtige müssen um das Zusammenbrechen der verbliebenen maroden Sitzmöbel fürchten.
Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer. Die Spieler, insbesondere Peter Bunzel, baten immer wieder beim  Grünflächenamt um eine Instandsetzung, aber die Kassen des Bezirksamts waren leer. Nach den jüngsten Recherchen der Kiez und Kneipe scheint es im Mai soweit zu sein. Das Grünflächenamt sicherte nach Jahren des Verfalls neue Bänke zu.

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Bretter, die das Feld durchkreuzen

Selene Raible trifft Skater, Longboarder und Windskater auf dem Tempelhofer Feld

Auf dem Tempelhofer Feld findet man sie nun schon seit knapp vier Jahren: die Skater, Longboarder und Windskater Berlins. Doch für normale Feldbesucher ist es oft ein Rätsel, wer was wie macht. Skaten dürfte heutzutage für jeden ein Begriff sein, doch hier gibt es viele Variationen in Sachen Board, Fahrstil und Technik. Allgemein gibt es zwei verschiedene Boards, zwischen denen man wählen kann: das normale Skateboard und das Longboard, das, wie der Name schon sagt, um einiges länger ist als das Skateboard.
Mit dem Longboard kann man zum Beispiel lange Strecken viel schneller und entspann­ter fahren als mit dem Skateboard. Dafür ist das Skateboard mit seinem geringen Gewicht viel besser für Tricks geeignet. Das Longboard stellt auch die wichtige Grundlage für die Windskater dar, denn darauf wird das Segel befestigt. Mit den großen Windsegeln fahren die Windskater mit bis zu 70 km/h über die Rollbahnen.

Feldhase bordet

Nur Fliegen ist schöner.                                      Foto: Sven Norman Bommes

Einer von ihnen ist Karl-Johann Richter. Seit der Eröffnung des Tempelhofer Feldes geht er hier regelmäßig Windskaten. Doch ein Neuling auf dem Gebiet des Skatens ist »Kalle« Richter keinesfalls. Er skatet bereits seit den 80er Jahren, war zehn Mal Norddeutscher Meister, einmal Vize-Europameister, nahm bereits mehrere Male am Worldcup teil und geht leidenschaftlich gerne Windsurfen.
Dennoch ist er der Ansicht, dass man für das Windskaten nicht unbedingt Windsurfen können muss. Ein bisschen Skateerfahrung braucht es aber schon, denn ein Sturz auf den Asphalt ist nicht ungefährlich.
Normale Schoner, wie zum Beispiel vom Inlineskaten, reichen hierfür nicht.  Es braucht schon größere und bessere Schoner, um sicher fahren zu können. Das Wichtigste ist, immer nach vorne zu schauen und sich nicht ablenken zu lassen, denn sonst passiert schnell ein Unfall. »Eigentlich ist es nicht sehr schwer zu lernen«, meint Kalle Richter, »und wenn man es erst einmal kann, ist es sehr praktisch, um für das Windsurfen zu üben, unterschiedliche Manöver zu fahren und zu entspannen«.

Das Ende einer kurzen Verbindung

kiehlstegDas war mal der Kiehlsteg.                                                           Foto:fh

Senat ignoriert Bürgerprotest gegen Kiehlstegabriss

Proteste, Demonstrationen und Unterschriftensammlungen haben nichts genützt, der Kiehlsteg ist Geschichte. In der letzten Märzwoche wurde die kleine Brücke über den Neuköllner Schifffahrtskanal, die den Weichselplatz mit dem Kiehlufer verband, abgerissen.
Die Brücke wurde 1962 gebaut, weil die Lohmühlenbrücke mit dem Bau der Mauer  unpassierbar geworden war. Sie sollte den nördlich des Ufers gelegenen Teil Westberlins anbinden und zumindest den Fußgängern den Umweg über die Wildenbruchbrücke ersparen. Der Steg hatte damit eine eng mit der Teilung Berlins verbundene historische Bedeutung.
Besonders für Kinder auf dem Weg zum Spielplatz bot er außerdem eine sichere Alternative zur vielbefahrenen Lohmühlenbrücke.
Inzwischen war der Kiehl­steg aber sanierungsbedürftig, die Kosten einer Instandsetzung sollten sich auf 260.000 Euro belaufen. Das war der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zu teuer, daher entschied sie sich für den Abriss.
Doch damit waren die Anwohner nicht einverstanden. Was sie besonders erbost, ist die Tatsache, dass sie nicht informiert wurden. Erst als die beauftragte Firma mit Vermessungsarbeiten begann, wurden die Abrisspläne publik.
Umgehend gründete sich eine Bürgerinitiative, die zu Demonstrationen aufrief, Unterschriften sammelte und ein alternatives Sanierungskonzept vorlegte. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben, weil die BI die Kostenkalkulation des Senats anzweifelt. Das kommt zu dem Ergebnis, dass 25.000 bis 30.000 Euro ausreichend seien, denn die Konstruktion sei längst nicht so marode wie vom Senat behauptet. Der Abriss soll 42.000 Euro kosten.
Doch bei der Senatsverwaltung stießen die Anwohner mit ihren Vorschlägen auf taube Ohren. Auf die Frage der »Berliner Zeitung«, ob versucht worden sei, mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen, lautete die Antwort der Senatssprecherin Petra Rohland: »Wir können den Kollegen nicht zumuten, sich mit den Bürgern auseinanderzusetzen«. 

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Die Rollkoffervignette wird eingeführt

Minimaler finanzieller Aufwand der Neuköllnbesucher bringt viel für die Bezirkskasse

Auf Antrag des Bau- und Verkehrsausschusses der Bezirksverordnetenversammlung in Neukölln wurde bei der vergangenen Sitzung über die sogenannte »Rollkoffervignette« entschieden. Es handelt sich wie bei der Automaut um eine Vignette, die den Zugang für Touristen gegen eine Gebühr von je fünf Euro  am Anreise- und Abreisetag nach Neukölln erlaubt. Damit werden auch die Touristen erfasst, die nicht in  Hotels übernachten oder bei ihren Neuköllner Freunden. Durch Kontrolle der Neuköllner selbst soll gewährleistet werden, dass sich Touristen an diese Regelung halten. Erwerben kann der Neuköllntourist die begehrte Vignette bei der BVG und im Taxi. Für den BER sind bereits entsprechende Automaten geplant.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD Lars Oeverdiek dazu: »Immerhin hat der Bezirk mit Mehreinnahmen von 23,8 Millionen Euro zu rechnen.« Das entspräche einem Anteil von zehn Prozent der Touristen, die jährlich Berlin besuchen, die damit zur Kasse gebeten werden. Daniel Dobberke von der Fraktion der CDU wendet dagegen ein: »Mit diesem Geld kann das Demonstrationsrecht in Neukölln weiterhin bestehen bleiben. Das kann sich der Bezirk mit den Mehreinnahmen locker leisten.«
Der Baustadtrat  Thomas Blesing dagegen betont den erhöhten administrativen Aufwand, den sich seine Abteilung nicht leisten kann. Immerhin rechnet er mit Zusatzkosten in Höhe von 200.000 Euro für die Produktion der Vignetten und Personalkosten.
Eine Allianz bildeten die Piraten und die Linke. Sie positionieren sich gegen die Vignette. Sie sei zu teuer und würde Touristen abschrecken. Im übrigen mache das kein anderer Bezirk in der Stadt.
Bürgermeister Buschkowsky, der sich normalerweise bei den Diskussionen zurückhält, zeigte sich für die Vignette begeistert: »Wo Neukölln ist, ist vorne!«
Die Vignette wird ab dem 1. April eingeführt. Neuköllner, die Rollkoffer ohne Vignette sehen, melden das Versäumnis bitte unter der Telefonnummer 030/902390.

ro.

Lieblingsplatz für ein weises Lächeln

Ein Gespräch mit der Dame am Fenster

»Das bin ja ich«, jauchzt Irène und lacht herzlich. Sie liest in unserer März-Ausgabe den Backshopphänomen-Artikel und erkennt sich sofort wieder.
Irène ist 83 Jahre alt und wohnt seit knapp zwei Jahren in Neukölln. Vorher hat sie in München gelebt, mehrere Jahre in Frankreich und Italien, nach Afrika hat es sie auch schon verschlagen.
»Als ich in München erzählt habe, dass ich nach Neukölln ziehe, haben die mich ganz erschrocken angeguckt«, erzählt Irène und lächelt. Ihr Lachen ist ansteckend, voller Leben und Freude. Deshalb hat sie es sich auch zur Aufgabe gemacht, Menschen zum Lachen zu bringen – was ihr auch oft gelingt.
»Mir hat die Geschichte sehr gefallen«, sagt sie mir und sieht ein wenig nachdenklich aus. »Ich habe sie meinen Kindern gezeigt. Meine Tochter hat gesagt, dass der Schluss fehlt. Die Geschichte hat kein Ende.«

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»Ich muss nicht weiter«. Gelassenheit im Backshop.     Foto: cr

Und das werde ich jetzt nachholen:
Die alte Dame sitzt wieder am Fenster auf ihrem Lieblingsplatz und blättert in einer Zeitung. Sie sitzt mittig auf der gepolsterten Bank, da ihr Knie nicht mehr jede Bewegung vollführen kann und so kein Tischbein im Weg ist. Irène beobachtet gerne die Leute, die auf dem Bürgersteig am Fenster vorbeihuschen. Sie ist ein bisschen traurig, dass niemand mehr die Zeit aufbringt, kurz stehen zu bleiben und inne zu halten. »Ich muss weiter« ist für sie ein schlimmer Satz. Ich habe zu tun, ich kann nicht – alles Ausreden.
Ich habe ein Buch dabei. Es liegt neben mir auf dem Tisch.
»Was ist denn das?«, fragt Irène neugierig.
»Ein Kinderbuch«, erkläre ich. »Für kleine, große und sehr große Kinder. Es ist eine Fortsetzung vom Kleinen Prinzen.«
Irène faltet ihre Hände und lächelt. Sie erinnert sich an alte Zeiten, verfällt in Melancholie.
»Ach, der Kleine Prinz ist immer noch mein Lieblingsbuch«, schwärmt sie.
Ich verspreche ihr, dass sie es auf jeden Fall auch mal zum Lesen bekommt und verabschiede mich. Ich sage extra nicht »Ich muss los«, denn mittlerweile kenne ich die Dame am Fenster viel besser.
»Ich mache mich auf den Weg und freue mich schon auf die nächste Begegnung«, sage ich und schüttele ihr die Hand. Dann bestelle ich mir noch einen Milchkaffee zum Mitnehmen und gehe meiner Wege.
Irène habe ich ein paar Tage später gesehen. Sie lächelt – wie immer. 

cr

Höher, schneller, akrobatischer

Neuköllner Meisterehrung für das Sportjahr 2013 mit vielen unterhaltsamen Einlagen

Bunt und abwechslungsreich wie Neukölln selbst war die Meisterehrung für das Sportjahr 2013 auf dem Campus Rütli, mit Shows, die von Cheerleading und Juggern zu Turnen und Karate reichten. Eröffnet wurde die Sportgala am 4. April durch einen Auftritt von »Stars in Concert«, genauer gesagt einem verblüffend authentischen Tom Jones, der mit seinem flotten Hüftschwung wohl besonders einige Damen in Begeisterung versetzte. Direkt im Anschluss begrüßten Stadträtin Franziska Giffey und die Vorsitzende des Sportausschusses der BVV Violette Barkusky-Fuchs die Gäste und erfolgreichen Sportler sowie einige besondere Persönlichkeiten unter den Anwesenden: die MdBs Fritz Felgentreu und Christina Schwarzer und Bürgermeister Heinz Buschkowsky, die sich jedoch dezent im Hintergrund hielten.
Geehrt wurden 642 Sportler aus 18 Neuköllner Vereinen. Ein besonderes Präsent sollten der jüngste und der älteste Sportler (2008 und 1930 geboren) erhalten, doch leider wagte sich keiner von ihnen nach vorne. Während dann am linken Hallenrand die Ehrungen durch Helfer der BVV durchgeführt wurden, begann das Programm.
Interessant wurde es, als ein mysteriöser Mann im weißen Mantel die Bühne betrat, der sich als der äußerst begabte Artist TJ Wheels, Künstler des Jahres 2012, entpuppte und zwei atemberaubende Balance- und Jonglageshows zum Besten gab.

meisterehrunhgAkrobat schön.          Foto: Bertil Wewer

Großen Zuspruch beim jüngeren Publikum fanden die Breakdancer »Yo 22«, die mit Kopfkreiseln und Saltos zeigten, dass auch außerhalb vom Vereinssport Höchstleistungen gebracht werden. Ein echter Stimmungsmacher war die Capoeira Gruppe der »Berliner Turnerschaft«. Zu brasilianischer Musik führten sie ihre Kampf-Tanz-Kunst mit akrobatischen Elementen vor und bewegten die Zuschauer sogar zum Mitsingen und Mitklatschen.
Zwischen all diesen unterhaltsamen Einlagen wurden drei herausragende Vertreter des Neuköllner Sports geehrt: Triathletin Agnes Lukasiewicz vom »TuS Neukölln« und Schwimmer Tim Wallburger vom »SG Neukölln«, beide international erfolgreich, waren leider nicht anwesend, dafür aber die U13 Wasserballer des »SG Neukölln«, die 2013 deutsche Vizemeister wurden und so glücklich ihre Urkunden entgegennehmen konnten.
Das Schönste an dieser unterhaltsamen Sportgala war jedoch die Begeisterung für die unterschiedlichsten Sportarten, die den ganzen Abend in der Luft lag, sodass man am liebsten aufgestanden wäre und mitgetanzt, gekämpft oder geturnt hätte.

jt

Sensationeller Fund!

Naslinge  – eine bereits verschollen geglaubten Tierart aus der Gruppe der Rhinogradentia

Francoise Didier, eine junge Biologin, die sich auf Kleintierpopulationen städtischer Freiflächen und Brachen spezialisiert hat, macht zur Zeit vergleichende Untersuchungen in Berlin, Madrid, Paris und Rom. Die teilweise erstaunlichen Ergebnisse führen ab und zu nicht nur zum Auffinden bereits als verschollen geltender Arten sondern lassen auch Schlüsse auf die fortschreitenden Veränderungen im Rahmen der Klimaerwärmung zu.

Die von ihr hier aufgefundene, als verschollene geglaubte Art Nasobema lyricum (Naslinge), ursprünglich heimisch auf einem tropischem Archipel, wird nach ihren Aussagen nur noch der Vollständigkeit halber in den zoologischen Grundwerken als taxonomische Gruppe beschrieben.

330px-Musée_zoologique_de_Strasbourg-Rhinograde_(Rhinogradentia,_cropped)

 

Diese wohl nachtaktiven, sehr verborgenen Naslinge weisen eine Größe wie Spitzmäuse auf, ernähren sich von kleinen Insekten und sind nur unter schwierigsten Umständen zu beobachten. Auch Francoise Didier ist es nicht gelungen, ein brauchbares Foto zu schießen. Naslinge treten genauso schnell  in Erscheinung, wie sie wieder weg sind. Francoise Didier geht zur Zeit von drei Exemplaren direkt im Übergang zur S-Bahn aus, die sich durch Größe unterscheiden ließen. Es könnte sein, dass sich entlang der hier gut etablierten Biotopverbindungen eventuell doch eine überlebensfähige Population ansiedeln konnte. Dies wäre eine sensationelle heimischwerdende Art im Rahmen der Klimaerwärmung in Mitteleuropa. Mittels einer Wärmebildkamera gilt es den endgültigen Nachweis zu führen. Francoise Didier bittet um Mithilfe und Unterstützung, welche den sensationellen Fund belegen.

Rolf Siewing (Hrsg.): Lehrbuch der Zoologie. Systematik, Kapitel: Rhinogradentia. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Band 2, G. Fischer, Stuttgart 1985, ISBN 3-437-20299-5
 

Das Nasobēm

Auf seinen Nasen schreitet
einher das Nasobēm,
von seinem Kind begleitet.
Es steht noch nicht im Brehm.

Es steht noch nicht im Meyer.
Und auch im Brockhaus nicht.
Es trat aus meiner Leyer
zum ersten Mal ans Licht.

Auf seinen Nasen schreitet
(wie schon gesagt) seitdem,
von seinem Kind begleitet,
einher das Nasobēm.

(Christian Morgenstern)

 

 

 

Wenn der Stammplatz mal besetzt ist

Corinna Rupp über Backshop-Phänomene

Eine wunderschöne weiße Winterlandschaft lachte mich an, als ich das Haus verließ, um in meinem Lieblings-Backshop einen Milchkaffee »to go« zu trinken. Die Straßen waren rutschig und es war kalt – sehr kalt.
Nach der Schlitterpartie, die mich zum Glück vor der richtigen Tür absetzte, freute ich mich schon auf den süßen Genuss der sahnigen Milch auf dem kräftig-bitteren Kaffeegeschmack. Der Backshop war zum Glück nicht so voll, ich musste also nicht lange warten. Viel sagen brauchte ich auch nicht, da mich die Besitzerin schon kannte. Auf die Frage: »Wie immer?« folgte ein kurzes Nicken.
Während ich auf meinen Milchkaffee wartete, flog die Tür auf. Eine ältere Dame betrat mit ihrem Einkaufsziehwägelchen den Laden und brachte die leichte Winterbrise in die bis dahin noch angenehm warmen Räume. Sie blickte kurz zu den Tischen am Fenster und murmelte: »Mein Platz ist ja gar nicht frei.«
Ich musste unweigerlich lächeln, denn sie hatte wie ein kleines Kind geklungen, dem gerade sein Lolli weggenommen worden war.
Gerade wollte sie sich zum Gehen wenden, als die Besitzerin ihr versicherte, dass der Platz bestimmt gleich frei sei. Auf die Frage, ob sie sich solange nicht auf einen anderen Platz setzen wolle, antwortete sie nur: »Nein, das ist ja nicht mein Platz.« Doch es half nichts, die alte Dame stürzte sich mit ihrem Wägelchen zurück ins Wintergeschehen. Und wie gesagt, es war sehr, sehr kalt und sehr rutschig. Ich wunderte mich schon ein bisschen über den Auftritt der Dame, aber dachte mir nichts weiter dabei.
Die Besitzerin des Backshops schmunzelte. »Sie kommt fast jeden Tag und will immer nur auf dem einen Platz sitzen.«
Tatsächlich war der Platz, auf den sich die Dame unbedingt setzen wollte, ein paar Minuten später frei. Aber die Dame war nun mal weg. Auch ich musste schmunzeln, irgendwie lag ein Hauch Ironie in der Luft.
Vor ein paar Tagen bin ich wieder am Backshop vorbeigelaufen und habe beiläufig durch das Fens­ter gesehen. Ein einziger Platz war besetzt – die alte Dame saß mit ihrem Einkaufsziehwägelchen an ihrem Stammplatz  und lächelte zufrieden. Fast wie ein kleines Kind sah sie aus, als sie genüsslich von ihrem Stück Apfelkuchen aß. Und irgendwie gehört sie da auch hin.
Wer weiß, vielleicht bin ich irgendwann die alte Dame, die unbedingt auf dem Platz am Fenster sitzen will.

Mieten- und Wohnungspolitik in Neukölln

Mittel und Wege, um gegen Mietsteigerungen und Wohnraumverknappung vorzugehen

Die Mieten im Bezirk steigen, Wohnraum wird immer knapper. Das ist ein Thema, das vielen Menschen unter den Nägeln brennt.
Der DGB-Kreisverband Neukölln hatte daher am 21. Januar ins »Haus der Familie« in der Glasower Straße geladen, um über die Mieten- und Wohnungspolitik Neukölln zu diskutieren.
Die Situation auf dem Neuköllner Wohnungsmarkt sei äußerst angespannt, erläuterte Hermann Werle von der »Berliner Mietergemeinschaft«. Inzwischen seien nur noch 1,4 Prozent der Wohnungen nicht vermietet, das gleiche bereits einem Notstand. Ein Grund dafür sei der fehlende Wohnungsbau. Peter Kreibel von der »IG-BAU« meinte dazu, noch vor zweieinhalb Jahren habe der Senat verboten, über Neubau überhaupt nachzudenken. Stattdessen wurden tausende Häuser abgerissen.
Verschärft wird die Entwicklung aber auch durch den Verkauf landeseigener Wohnungsbaugesellschaften sowie durch die verstärkte Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.mieten

Das Podium informiert die Zuhörer .              Foto: mr

Neubau könne nur ein Teil eines umfassenden Handlungskonzepts sein, erklärte Willi Laumann vom »Bündnis Bezahlbare Mieten Neukölln/Berliner Mieterverein«. Auch die Steuerungsinstrumente, die das Bundesbaugesetz enthalte, könnten, richtig angewendet, hilfreich sein. Renditeorientierten Fonds könnte der Bezirk beispielsweise durch den Einsatz der Milieuschutzverordnung das Leben wenigstens etwas ungemütlicher machen.
Allerdings schützt die Milieuschutzverordnung zwar vor Luxusmodernisierung und Umwandlung in Eigentum. Gegen die normalen Mieterhöhungen, die viele Mieter bereits in Schwierigkeiten bringen, hilft sie nicht. »Besonders Geringverdiener müssen bereits bis zu 50 Prozent des verfügbaren Einkommens für die Kosten der Wohnung aufwenden«, sagte Werle, »und die können sich ihren Kiez dann nicht mehr leisten.« Außerdem ignoriere die Durchmischung, die von der Politik gerne gefordert werde, die bestehenden Strukturen eines Kiezes und verdränge vorhandene Netzwerke.
Jochen  Biedermann, Vorsitzender im Ausschuss für Stadtentwicklung und Bezirksverordneter der Grünen, kritisierte das vom Senat geplante Programm zur Förderung von 1.000 Wohnungen pro Jahr als Tropfen auf den heißen Stein. Das seien gerade einmal 83 Wohnungen pro Bezirk.
Grundsätzlich müsse bei Neubauvorhaben aber gründlich darüber nachgedacht werden, ob tatsächlich jede freie Fläche ausgenutzt werden müsse, oder ob nicht auch  Grünanlagen oder Kleingärten wichtige Voraussetzungen seien für die Qualität des Wohnumfelds.
Aber – und da waren sich alle Diskutanten einig – die Bürgerbeteiligung müsse dringend verbessert werden. Mit einer Anzeige in der Presse, dass der Bebauungsplan irgendwo ausliege, sei es nicht getan.

mr

Auf gute Zusammenarbeit

Das Quartiersmanagement Donaustraße-Nord verbessert den Zusammenhalt im Kiez

Gegenwärtig wird heiß diskutiert, welche politischen Instrumente und Maßnahmen am besten  geeignet sind, der zunehmenden Verschlechterung der sozialen Situation und der Lebensbedingungen in Neukölln entgegenzuwirken. Der Bezirk setzt dabei schon seit langem auf das Instrument des Quartiersmanagements (QM). Seit 1999 wurden insgesamt elf Quartiersmanagementbezirke in Neukölln eingerichtet. Diese Gebiete zeichnen sich durch einen besonderen Entwicklungsbedarf aus. Die Indikatoren dafür sind unter anderem hohe Arbeitslosigkeit, ein hoher Anteil an Familien, die von Transferleistungen abhängig sind, Kinderarmut, Bildungsferne sowie ein hoher Migrantenanteil. Ziel des Quartiersmanagements ist eine nachhaltige Verbesserung des Wohn- und Lebensumfelds in den jeweiligen Gebieten.

team280114Das Team des QM Donau-Nord.   Foto: rb

Das QM Donaustraße-Nord startete im Jahr 2009 und ist damit eines der jüngeren in Neukölln. Sein Gebiet wird im Westen durch die Karl-Marx-Straße, im Norden durch den Hermannplatz, im Osten durch die Sonnenallee und im Süden durch die Erkstraße begrenzt. Das QM unterstützt eine Vielzahl größerer und kleinerer Projekte im Kiez mit Fördermitteln aus dem Programm »Soziale Stadt«. Für kleinere Aktionen wie Hoffeste, Tanzveranstaltungen oder ähnliches kann auch kurzfristig Geld zur Verfügung gestellt werden. Für größere Projekte, die meist über mehrere Jahre angelegt sind, steht ein Projektfonds zur Verfügung. Zwei Drittel der Mittel fließen in Bildungsprojekte. Geförderte Projekte sind zum Beispiel der Jugendstadtteilladen Hobrechtstraße oder die Nachmittagsbetreuung an der Ernst-Abbe-Schule. Besonders stolz ist Juliane Willerbach, Mitarbeiterin im Team des QM Donaustraße-Nord auf das Elterncafé an der Rixdorfer Schule. Die ehemalige Hausmeis­terwohnung der Schule wurde zu einem vielfältig nutzbaren Treffpunkt umgestaltet und ist für verschiedene Kurse und Treffen für Bewohnergruppen aus der Nachbarschaft offen, unter anderem findet dort jeden letzten Freitag im Monat ab 9 Uhr ein Frauenfrühstück statt.
Juliane Willerbach will noch mehr Bewohner des Quartiers miteinander ins Gespräch bringen. Wichtigstes Gremium hierfür  ist der Quartiersrat. Er besteht mehrheitlich aus Bewohnern, die übrigen Mitglieder sind Vertreter aus Schulen, Vereinen, Kulturinstitutionen und Gewerbetreibende. Die Mitglieder des Quartiersrats nehmen Einfluss darauf, was schwerpunktmäßig im Gebiet verbessert werden soll. Die regelmäßigen Quartiersratssitzungen sind öffentlich. Juliane Willerbach ruft ausdrücklich zur Teilnahme auf: »Jeder ist herzlich eingeladen, an der Gestaltung des Quartiers mitzuwirken«. Die nächste Sitzung findet am 20. März um 19 Uhr im Quartiersbüro statt.

rb

QM Donaustraße-Nord, Donaustraße 7, 12043 Berlin, Tel.: 346200-69/-70, e-mail: info@qm-donaustrasse.de, Sprechzeiten: Di 16:00-18:00 und Do 10:00-12:00

Weihnachtstiere in Not

Die etwas andere Partnervermittlung

Alle Jahre wieder meldet das Tierheim am zweiten Weihnachtstag, wie viele Tiere über die Feiertage abgegeben wurden. Letztes Jahr waren es elf. Würde das Tierheim erst im neuen Jahr eine Pressemitteilung herausgeben, hätte sich die Zahl potenziert, denn die Silvesterknallerei animiert so manches Haustier, das Weite zu suchen. Wenn Katzen Glück haben, werden sie gefunden und im Kiez abgegeben, wo sich jemand um sie kümmert.
Da wäre zum Einen:
»Katzen in Not e.V.« mit einer Katzenwohnung in der Emser Straße. Seit 18 Jahren  kümmert sich Ingrid Claus-Noto um ausgesetzte, weggelaufene, herrenlose Stubentiger von klein bis groß und von sehr unterschiedlichen Rassen. Die Katzen und Kater werden dort erst einmal tierärztlich versorgt und kastriert. Wer ein Tier zu sich nehmen will, wird überprüft, um sicher zu gehen, dass das Tier in ein artgerechtes Zuhause kommt. Wer sich erst einmal ausprobieren möchte, ob er eine jahrelange Partnerschaft eingehen will, kann ehrenamtlich mitarbeiten oder eine Partnerschaft für ein Tier übernehmen.

Straßenkatze (6)Ein Plüschotherapeut wartet aus seinen Einsatz.Foto: mr

Claus-Noto steht auch für Beratungen bereit, wie mit Katzen umgegangen werden soll.
Zum Anderen gibt es »Samtpfoten e.V.«, der sich als Tierschutz- und Tierrechtsorganisation versteht. Der Laden in der Schudomastraße 9/10 ist ein Paradies für Katzen. Sie leben in verschiedenen Räumen, in der Eingewöhnungsphase in großen Volieren. »Samtpfoten e.V.« hat eine eigene Ernährungsphilosophie, nach der sie die Katzen umstellen. Ihnen ist es wichtig, dass Katzen möglichst nicht einzeln weggegeben werden, sondern ihren gesellschaftlichen Zusammenhalt behalten. Auch hier wird erst einmal dafür gesorgt, dass Neuankömmlinge tierärztlich behandelt und kastriert werden. Auch hier können Patenschaften übernommen werden.
In Neukölln gibt es auch Tierarztpraxen, die sich um Streuner, zurückgelassene oder ausgesetzte Tiere kümmern.
Wer sich erst einmal körperlich mit dem Gedanken anfreunden will, einen Plüschotherapeuten zu sich zu nehmen, kann bei einem Besuch des Katzencafés in der Thomasstraße 53 die Erfahrung machen, wie es ist, wenn das Kaffeetrinken und Zeitung­lesen von Vierbeinern begleitet wird, die darum buhlen, Streicheleinheiten zu bekommen. 

ew

Samtpfoten e.V.:
www.samtpfoten-neukoelln.com
Tel.: 684 08 270
Katzen in Not:
www.katzen-in-not-berlin.de

Händeschütteln und Glückwünsche

»Morus 14« startet ins neue Jahr

Wie jedes Jahr im Januar fand auch dieses Mal der Jahresempfang im »Morus 14« statt. Zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur geben sich hier die Hand und suchen das Gespräch.

morus14Spender und Mitarbeiter.Foto: fh

So auch Erol Özkaraca, Neuköllner Abgeordneter von der SPD, der im Gespann mit Ralf Ehrlich von der »Berliner Aidshilfe e.V.« heftig mit  Netzwerken beschäftigt war. Fritz Felgentreu fand keine Ruhe. Seitdem er Abgeordneter für die SPD im Bundestag ist, freuen sich die Neuköllner darüber, dass er den Bezirk nicht vergessen hat und oft gesehen wird. Auch  Susanna Kahlefeld, Mitglied des Abgeordnetenhauses von den Grünen, fühlte sich in der Gemengelage wohl.
Es war keine Überraschung, dass die Polizei vom Abschnitt 55 da war, ohne sie würde dem »Morus 14« etwas fehlen. Sie sind gefragte Persönlichkeiten, die mit Rat und Tat den Neuköllnern zurseite stehen.
Die Vorstandsvorsitzende Marianne Johannsen brachte in ihrer Rede die große Zufriedenheit zum Ausdruck, mit der sie und der gesamte Vorstand das Jahr 2013 sahen: es gründete sich die »Big Band« aus Rollbergschülern, ein Gehörloser begann, Rollbergkindern das Schachspielen beizubringen und das zehnjährige Jubiläum wurde gefeiert. Zudem hatte das »Morus 14« im vergangenen Jahr keine finanziellen Sorgen. Die Zuversicht des Vorstands für das Jahr 2014 ist groß. Es sind bereits zwei Projekte angestoßen worden, die im Laufe des Jahres von sich hören lassen werden.
Der Geschäftsführer Gilles Duhem hielt in ungewöhnlich knappen Worten seine Rede, in der er besonders auf das Engagement der Mitarbeiter und aller Ehrenamtlicher, die hauptsächlich mit der Schülerhilfe den Rollbergkindern zu Lernerfolgen verhilft, einging. Nur mit ihnen allen ist diese hochwertige Arbeit zu leisten.
Bei dem internationalen Buffet kamen die Gäste leicht ins Gespräch und bei ausgelassener Stimmung wurde viel gelacht.

oj

Das Rollbergerwachen

Neues Engagement rückt das Seniorenhaus wieder ins öffentliche Interesse

Völlig unbekannt in Neukölln war bislang das Seniorenhaus im Rollbergkiez. Der Gebäudekomplex  von »Stadt und Land« mit 108 Wohneinheiten, der sich zwischen Morusstraße, Werbellin­straße, Rollbergstraße und Karl-Marx-Straße befindet,  ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Zu verdanken ist es Sylvia Fee, die 2011 in das Haus einzog. Zwei Jahre sollte es noch dauern, bis sie die Geschichte des Hauses aufgearbeitet hatte. Seit 2013 wirbt sie mit Tatendrang für das Haus.
Bis 2011 gab es im Hause nicht nur aktive Menschen, auch Fördergelder flossen – für ABM-Kräfte und für die Unterstützung der Aktivitäten des damaligen Seniorenbeirats, der Feiern und Ausflüge organisierte. Mit dem Verschwinden der aktiven Mitglieder wegen Krankheit oder Tod, für die sich keine Nachfolger fanden, fiel das Haus in eine Starre. Konflikte zwischen den neuen Mietern und den Alteingesessenen brachen aus. Das Klima wurde schlechter und der Seniorenbeirat löste sich auf. Jedoch blieben der Gemeinschaftsraum für Feste und die Waschküche erhalten. Im Gemeinschaftsraum hatten sich im Laufe der Zeit jede Menge Küchenutensilien angesammelt, die ungenutzt herumstanden.

Seniorenhaus_gemeinschaftsraumIm Gemeinschaftsraum ist Platz zum Feiern.         Foto:fh

Sylvia Fee konnte das an ihrem Wohnort, der nur von über 60-Jährigen gemietet werden kann, nicht mit ansehen. Sie suchte den Kontakt zu den Bewohnern und konnte einige dafür begeistern, sich wieder für einen Seniorenbeirat einzusetzen, der nun im Februar gewählt wird. Seine Aufgabe wird es sein, Fördergelder zu organisieren für das, was die Bewohner interessiert. Im Vordergrund steht dabei die Geselligkeit, aber auch ein Dienst für die Arztbegleitung ist geplant. Darüber hinaus sind Veranstaltungen in Vorbereitung, die sich mit den Themen der Senioren beschäftigen. In einer Zeit, in der Rentner immer ärmer werden, wollen diese Senioren nach Lösungen für ein würdevolles Leben suchen.Seniorenhaus_innenhof

   Innenhof des Seniorenhauses.       Foto: fh

Ein Anfang wurde bereits mit dem Besuch im »SchwuZ« in der Rollbergstraße gemacht, den Gilles Duhem vom »Morus 14«, Sylvia Fee und der Geschäftsführer des »SchwuZ« Marcel Weber für die Nachbarn organisiert hatten. Zahlreich erschienen die Senioren, und Vorbehalte gegen den Veranstaltungsort konnten abgebaut werden. Ein Mitarbeiter des »SchwuZ« war von den Besuchern hoch begeistert. »Ich wünschte, meine Omi würde mich hier besuchen«, sagte er, womit er im Sturm die Herzen der Besucher eroberte.

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Das Ende der Revolte

Nur noch ein Jahr »Freies Neukölln«

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 Noch gibt es das »Freie Neukölln«.      Foto: mr

Für einen der Wegbereiter des Ausgehbooms in Nordneukölln ist der Weg absehbar zu Ende. Seit 2006 ist die gemütliche Eckkneipe »Freies Neukölln« ein Fanal der unkonventionellen Kultur im Kiez. Latte Ma­cchiato gibt es hier aus Prinzip nicht, dafür Focaccia, Retsina und baye­risches Bier. Und mit dem Videoblog »Sender Freies Neukölln« und seinen charmant-gehässigen Filmchen und Reportagen gingen von dieser Institution sogar sanft revolutionäre Impulse aus. Mit zweifelnd-radikalem Blick auf das »alternativlos« wachstumsfixierte Weltgeschehen propagierte der Blog regelmäßig einen Systemwechsel hin zu echter Basisdemokratie.
In einem Interview in der »Berliner Zeitung« erklärt Matthias Merkle nun, dass seine Kneipe Ende 2014 schließen müsse – der Mietvertrag laufe ohne Chance auf Verlängerung aus. Der Hausbesitzer, eine GmbH in London, schotte sich ab und von der Hausverwaltung werden er und seine Mitbetreiberin Antje Borchardt seit zwei Jahren ohnehin schon mit monatlichen fristlosen Kündigungen drangsaliert.

Occupy-Unterstützer Merkle ist inzwischen schon nach Französisch-Buchholz gezogen und betreibt dort ein Selbstversorgerprojekt, fern von Wachstums-, Konkurrenz- und Ausverkaufskonzepten. Zudem arbeitet er an einem alternativen Wohnprojekt namens »Andere Welt« in Strausberg. Der Wandel und die Verdrängung im Kiez werden 2014 trotzdem noch ausgiebig im »Freien Neukölln« behandelt und diskutiert.
Wundersam waren die spontanen Reaktionen auf Merkles Interview: Ausgerechnet die »taz« schrieb,  Merkle sei einer, der die Gentrifizierung geschaffen habe, indem er einem jungen Publikum einen Ort zum »hip sein« schuf. Nun jammere er, obwohl die Entwicklung zu teureren Mieten »schlicht und ergreifend Stadtgeschichte« und Veränderung eine Herausforderung sei, »der man sich nur stellen muss«. Und in der Netzkolumne des blog.brash.de heißt es rüde, ein Hort der Unangepasstheit sei das »Freie Neukölln« nie gewesen, die Tragik vom Ende des Lokals sei eine rein nostalgische und der Protest der Szene-Konservativen nur ein Ressentiment.
Viele scheinen gern »mit der Zeit« zu gehen – bis sie selbst verdrängt werden.    

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Weihnachtsmann hat neuen Standort

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Schienenersatzverkehr . Foto: pr

Umzug vom Tempelhofer Feld in die U-Bahn

Im letzten Jahr berichtete die Kiez und Kneipe über die Produktionsstätte des Weihnachtsmanns auf dem Tempelhofer Feld. Er suchte sich das Gelände aus, um näher an den Menschen und deren Wünschen zu sein.

Mit der Entscheidung des Senats, einen See auf dem nordwestlichen Teil des Tempelhofer Feldes anzulegen, bekam nicht nur der Weihnachtsmann die Kündigung für seine Produktionsstätte, auch für die Feldlerchen wurden bereits neue Behausungen in Brandenburg geplant.

Für den Weihnachtsmann, der sich ausgesprochen wohl auf dem Feld fühlte, war das bitter. Er war nun in der Situation, von der mancher Neuköllner aus eigener Sicht berichten kann. Aus der Not heraus suchte er das Gespräch mit der BVG, die sich sehr von seiner Idee  geschmeichelt fühlte.

Er brauche nur zwei U-Bahnstationen, um seiner Arbeit nachzukommen, und die sollten in der unmittelbaren Nähe sein. Stolz verwies die BVG auf die Stationen der U8 von der Hermannstraße bis zur Boddinstraße. Hier stellte sie auch die zahlreichen Schutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg, die sich dort unter der Erde befinden, zur Verfügung. Damit war dann auch das Problem der Unterbringung der Rentiere gelöst. Ein nobler Stall wurde für sie eingerichtet.

Und damit Weihnachtsmann, Werkstattwichtel und Rentiere einfach aus dem Schacht in die Hermannstraße kommen, hat die BVG dem Einbau von Aufzügen an der Leine- und Boddinstraße zugestimmt. Seit dem Sommer nun produziert das Team des Weihnachtsmanns die Geschenke, die die Neuköllner am 24. Dezember bekommen.

»Es sind angenehme Arbeitsbedingungen hier«, so der Weihnachtsmann. »Mit unseren Befragungen in der Hermannstraße kommen wir gut voran, und wir hoffen, dass alle Beschenkten mit ihren Präsenten zufrieden sein werden.«

Die Geschichte der BVG hinsichtlich der Bauarbeiten am Tunnelschacht ist also lediglich erfunden worden, um den Weihnachtsmann ungestört arbeiten zu lassen.

Im nächsten Jahr, sobald der BUND mit seiner Klage gegen den Bau des Sees wahrscheinlich erfolgreich sein wird, wird auch der Weihnachtsmann wieder auf dem Tempelhofer Feld zu finden sein. Die U-Bahn wird wieder fahren und die Fahrgäste können an den Stationen einen Aufzug nutzen.

ro

Mieter sagen ihre Meinung

Wohnungsbaugesellschaft »Stadt und Land« trifft Rollbergbewohner im »Morus 14«

Die jährlich stattfindende Mieterversammlung im Rollbergkiez ist schon etwas Besonderes. Veranstaltet wird sie von der SPD, die auch im Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft »Stadt und Land« sitzt. Immerhin ist die städtische Wohnungsbaugesellschaft Vermieterin von ungefähr 2.000 Wohnungen, die sich zwischen Hermannstraße und Karl-Marx-Straße befinden.
Die SPD tritt bei dieser Veranstaltung als Vermittlerin im Konflikt zwischen den Mietern und der Geschäftsführung von »Stadt und Land« auf.
Im gut gefüllten Saal des Gemeinschaftshauses »Morus 14« in der Morusstraße trafen sich wie jedes Jahr am Buß- und Bettag, diesmal am 20. November, um die 50 Mieter.
Auf dem Podium befanden sich der SPD-Abgeordnete für Neukölln, Erol Özkaraca, der Geschäftsführer von »Stadt und Land«, Ingo Malter, seine Mitarbeiterin Cornelia Würz, das BVV-Mitglied Cordula Klein (SPD) und als Vertreter des Mieterbeirats Manfred Hassmer.

RollbergTypische Bebauung im Rollbergkiez.   Foto: fh

Im Jahresbericht wurde festgehalten, dass die Asbestsanierung bei einem Mieterwechsel durchgeführt wird. Es sei deshalb kein drängendes Problem, weil sich das Asbest unter dem Fußbodenbelag befindet, der es, so lange er nicht beschädigt ist, auch nicht freigibt. Das haben auch alle Messungen bestätigt.
Weiter sind Rauchmelder im Keller und eine Videoüberwachung eingerichtet worden. Das wurde notwendig, weil im vergangenen Jahr Brandstifter in Kellern Feuer gelegt hatten.
Bedauerlicherweise hat sich die Einrichtung einer Hausmeisterwohnung direkt im Gebäude nicht durchgesetzt. Dieses Projekt hat sich als zu teuer erwiesen. Jedoch versicherte Malter, dass die Hauswarte im Bezirk wohnen und damit die Wege kurz seien.
Die Mieter beklagten eine schlechte Kommunikation zur Geschäftsführung. Auf bauliche Mängel würde oftmals sehr spät und auch erst nach häufigen Nachfragen reagiert.
Bereits im vergangenen Jahr wünschten sich die Mieter, dass die schmale Morusstraße in eine Einbahnstraße umgewandelt wird oder dass Halteverbotsschilder aufgestellt werden. Tatsächlich herrscht dort ein tägliches Verkehrschaos, weil zwei Autos nicht aneinander vorbei kommen. Cordula Klein hat bereits mit dem Verkehrsausschuss in der BVV darüber geredet, bisher jedoch ohne Erfolg. Sie zeigte sich aber guter Hoffnung, dass der Ausschuss dieses Thema bald aufgreifen werde.

oj

Das »SchwuZ« steppt den Rollbergkiez

Konzerte und Ausstellungen finden nun in großzügigeren Räumlichkeiten auf dem Kindl-Gelände statt

Als es sich 1971 in der Schöneberger Kulmer Straße gründete, hat niemand damit gerechnet, dass das Schwulenzentrum, genannt »SchwuZ«, im Jahre 2013 in Neukölln ankommt.
Gefeiert wurde dieses Ereignis am 16. November in der Rollbergstraße 26. Im ehemaligen Flaschenlager auf dem Kindl-Gelände hat das »SchwuZ« nun seine Räumlichkeiten, in denen auch die Eröffnungsparty stattfand.

 schwuZ»SchwuZ« unter dem Rollberg.   Foto: fh

Natürlich zeigten sich alle wichtigen Neuköllner und queeren Menschen aus der Stadt. Egal, welche Farbe die Partei hat, von allen waren Vertreter gekommen. Selbst die Neuköllner Polizei aus dem Rollberg vom Abschnitt 55 zeigte sich und feierte mit.
So ganz freiwillig entschloss sich das »SchwuZ« nicht, vom alten Standort Mehring­­­­damm in Kreuzberg wegzuziehen.  Es wurde zu klein, die Besucherströme passten nicht mehr in die Räume. Hinzu kamen Beschwerden über Lärmbelästigung und zunehmende bauliche Mängel.
So schwer dieser Schritt gefallen ist, die Mitglieder des »SchwuZ« freuen sich heute über ihr neues Domizil in Neukölln. Sie können aufgrund der großzügigen Räumlichkeiten größere Konzerte als bisher veranstalten und planen, als neuen Programmpunkt auch Ausstellungen anzubieten.

schwuz2Politpromis lesen Kiez und Kneipe.    Foto: fh

Sonder- und Kulturveranstaltungen werden das Leben im Kiez bereichern und so sieht das »SchwuZ« auch seinen politischen Auftrag darin, den sich stark verändernden Rollbergkiez mitzugestalten. Hinzu kommt die zukünftige kulturelle Ausrichtung des Kindl-Geländes, das mit den Aktivitäten des »SchwuZ« sicher eine Bereicherung erfahren wird.

ro

Wärterwechsel im Leuchtturm

Die Bürgerstiftung Neukölln übernimmt die Regie im Creativ Centrum

Viele Jahre haben Karen-Kristina und Bernhard Bloch-Thieß mit ihrem Engagement für Leben im Neuköllner Leuchtturm gesorgt. Jetzt übertrugen sie die Regie an die Bürgerstiftung Neukölln. Aus diesem Anlass lud die Bürgerstiftung am 9. November zu einem unterhaltsamen Abend mit Musik und Buffet.
Auch in Zukunft soll der Leuchtturm ein Ort der Kunst und besonders der Fotografie bleiben. Davon zeugt die derzeit laufende Ausstellung von Halina und Ralph Hildebrand mit Fotografien von Menschen, die für das Engagement im Kiez stehen.

leuchtturmSammeln für den Leuchtturm.       Foto: mr

Die Patenprojekte zur Förderung von Kindern und Jugendlichen sollen ebenfalls weitergeführt werden. Darüber hinaus wird der Leuchtturm Raum bieten für Kiezinitiativen, für Begegnungen, Gespräche, Diskurse und Streitfragen. Kommunikation sei die Grundlage für das Gelingen eines funktionierenden Zusammenlebens zwischen Zuwanderern und Alteingesessenen, sagte Barbara John, ehemalige Ausländerbeauftragte des Senats. Neukölln sei ein Labor für das Leben im 21. Jahrhundert, und dazu gehörten Geschäftsleute ebenso wie Gangs. Ein Bürgermeister, der das nicht verstehe und das Leben ins 20. Jahrhundert zurückdrehen möchte, sei für die Entwicklung einer Stadt wie Neukölln nicht hilfreich.
»Wir müssen geben lernen, nicht nur Geld, sondern auch Zeit, ein Wort, ein Lächeln«, meinte Rayan Abdullah, Schöpfer des Logos der Bürgerstiftung »N+«. Die Menschen, die hierherkommen, kämen ja nicht nur mit Problemen, sondern auch mit Talenten. Insofern sei die Vielfalt der Mentalitäten und Nationalitäten auch eine Bereicherung für Neukölln.  Ganz ohne Geld geht es aber auch nicht. Charmant und temperamentvoll moderierte Bertil Wewer eine amerikanische Versteigerung. Der Erlös von etwa 1.000 Euro kommt den Projekten der Bürgerstiftung zugute. 

mr

Aus für die Parkgespräche

Wie schrecklich ist Neukölln?

Der »Talk im Körnerpark« war fünf Jahre lang ein Forum, in dem Bürger gemeinsam Themen diskutieren konnten, die den Bezirk Neukölln betreffen. Mit dem Parkgespräch am 29. November endete diese Veranstaltungsreihe jetzt.
»Wie schlimm oder schön ist Neukölln wirklich?« war das Thema der letzten Gesprächsrunde. Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU), Uli Lautenschläger vom Quartiersmanagement Körnerpark und Fritz Felgentreu, Mitglied des Bundestags (SPD), versuchten im Rückblick zu ergründen, wie stark sich Neukölln in den letzten fünf Jahren verändert hat.
Neukölln sei bunt und vielfältig, nur kümmere sich die Presse vorzugsweise um die schlechten Nachrichten, meinte Liecke. Es solle zwar nichts unter den Teppich gekehrt werden, aber es gebe doch viel Positives zu berichten. Die Kunst, die Kultur oder die Mode seien inzwischen zu Wirtschaftsfaktoren geworden. Wenn allerdings der Verwertungsdruck zu groß werde, drohe auch hier wieder Verdrängung. Der Ansicht war auch Uli Lautenschläger, der darauf hinwies, dass sich Neukölln gerade mit der Kunst einen Namen gemacht habe. Veranstaltungen wie die »48 Stunden Neukölln« oder Institutionen wie die »Neuköllner Oper« seien weit über den Bezirk hinaus bekannt. Fritz Felgentreu findet das Image des Bezirks eher schillernd. Da gebe es einmal den »Mythos Neukölln«, der die Kreativität beschwöre. Da gebe es aber auch die Parallelgesellschaften, in denen die Zuwanderer ihre Kultur und Riten eins zu eins übernehmen. Das schlage sich beispielsweise in einer Paralleljustiz nieder, bei der Imame die Beteiligten unter Druck setzen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen und damit ein rechtsstaatliches Verfahren unmöglich zu machen. Solche Verhaltensweisen ließen sich nur über Bildung aufbrechen, aber dazu bedürfe es guter Schulen. Schulen vor allem, in denen es eine gesunde Mischung von Kindern deutscher und migrantischer Herkunft gebe.

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Abschied mit Blumen.         Foto: mr

Insgesamt waren sich die Diskutanten einig, dass Neukölln auf einem guten Weg ist, es aber noch viel zu tun gibt.
Ob das nun wirklich der letzte Talk war oder ob es in einem anderen Format vielleicht doch weitergeht, war nicht ganz klar. Moderator Martin Steffens jedenfalls meinte, es gäbe noch sehr viele Themen, über die in Neukölln gesprochen werden müsste.

mr

Franziska Giffey putzt Stolpersteine

Erinnern an Deportationen

Die kleinen Messingplatten auf dem Bürgersteig sind im Laufe der Jahre stumpf geworden, die Inschriften nur noch schwer zu lesen. Es sind Stolpersteine, die vor den  letzten Wohn­adressen jüdischer Nachbarn und anderer Verfolgter und Ermordeter des Naziregimes liegen. Sie beginnen alle mit »HIER WOHNTE«, dazu kommen Namen, Geburtsjahr, Deportationsdatum und der Hinweis auf Todesort und Todesdatum des Opfers.
Anlässlich des 75. Jahrestages der Pogromnacht am 9. November veranstalteten die Berliner Stolperstein-Initiativen eine stadtweite Aktion zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Volker Banasiak, der Koordinator der Neuköllner Stolperstein-Initiative, hatte dazu einen Kiezrundgang zusammengestellt, der zu Orten rund um die Karl-Marx-Straße führte, an denen Stolpersteine verlegt sind. Verbunden war dieser Rundgang mit einer Putzaktion, bei der auch Kulturstadträtin Franziska Giffey zu Putzmittel und Lappen griff, um die Messingplatten wieder zum Glänzen zu bringen. In Zukunft würde er diese Aktion gern zweimal im Jahr durchführen, erklärte Volker Banasiak.

stolpersteine Putzen

Stolpersteine putzen.              Foto: mr

Etwa 50 Leute begleiteten ihn auf seinem Rundgang. An den einzelnen Stationen informierte er die Teilnehmer über die Hintergründe der Stolpersteinaktion und über die Geschichte der Menschen, die in diesen Häusern wohnten. In den meisten Fällen sei über das Leben der Opfer allerdings kaum mehr bekannt als die Daten aus den Akten der verschiedenen Behörden, erklärte er. So wurden von den Finanzbehörden penibel die Habseligkeiten registriert, die die Menschen bei ihrem Abtransport in die Vernichtungslager zurücklassen mussten. In der Innstraße 24 hatte er mehr zu erzählen. Dort wird an die Kommunistin Olga Benario erinnert, deren Geschichte gut dokumentiert ist.

 mr

Der Platz vor der Sparkasse

Als der Oberbürgermeister der Stadt Hof 1982 die Bitte an den Berliner Senat herantrug, einen Platz, eine Straße oder einen Weg nach der fränkischen Stadt Hof zu benennen, berief er sich auf den Leserbrief eines Hofers, der in Berlin lebte.
Dieser Leser brachte sein Anliegen so auf den Punkt: »Durch die Situation der deutschen Teilung ist Hof fast zu einem Vorort Berlins geworden.« Und weiter: »Hof ist darüber hinaus auch die zweite Heimat des RIAS.« Tatsächlich machten viele WestBerliner in der Gegend um Hof im Frankenwald Urlaub, ebenso im nördlicher gelegenen Helmstedt.
Eine Helmstedter Straße befindet sich in Charlottenburg. Dieser Name wird nicht in Frage gestellt.
Allerdings ist selbst der Name »Platz der Stadt Hof« nie von den Neuköllnern angenommen worden. Es war immer der »Platz vor der Sparkasse«.
Eigentlich kann sich die BVV daher die Umbenennung in »Alfred-Scholz-Platz« sparen. Petra Roß

Aufwertung für alle – geht das?

Der Versuch einer Diskussionsveranstaltung in der Genezarethkirche

Gut besucht war die Veranstaltung des Quartiersmanagements Schillerkiez in der Genezarethkirche am Herrfurthplatz, die am 22. Oktober unter dem Thema »Aufwertung für alle – geht das?« zur Diskussion aufforderte.

Auf dem Podium saßen der Neuköllner Baustadtrat Thomas Blesing, Ingo Malta, Geschäftsführer von »Stadt und Land«, Heike Thomas vom »Bündnis für bezahlbare Mieten«,  die Leiterin der Bürgerhilfe in der Allerstraße und zwei Mieter aus dem Kiez.

Zur Einführung in das Thema wurde zunächst ein Film über die Stimmung im Schillerkiez gezeigt. Er wurde vom Quartiersmanagement Schillerkiez in Auftrag gegeben. Interviews mit Bewohnern und Geschäftsleuten belegten die relativ hohe Zustimmung zur Entwicklung im Kiez. Dies wurde im Abspann des Films dokumentiert, in dem schlussfolgernd zu lesen war, dass die Kiezbewohner sich hier wohl fühlen und die Entwicklung der letzten Jahre begrüßen.

Baustadtrat Blesing hört zu.Foto: fh
Baustadtrat Blesing hört zu. Foto: fh

Im Publikum wurde das nicht ganz so gesehen. Es gab laute Wortbeiträge von den Neuköllner Anarchisten, die bedauerlicherweise aufgrund der kirchlichen Raumakustik vom Restpublikum nicht verstanden wurden. Nach dem geglückten Versuch, die Podiumsteilnehmer kurz vorzustellen, verordnetete der Moderator eine Pause, die zur Beruhigung der Gemüter führen sollte.

Bei dieser Gelegenheit entstand ein kurzes Gespräch mit dem Interviewer der Anwohner und Geschäftsleute, die im Film zu sehen waren.  Offenbar sind die kritischen Anmerkungen wohl aus dem Film geschnitten worden.

Nach der Pause ging es dann zwar immer noch turbulent, aber durch die Verwendung von Mikrofonen deutlich verständlicher zu. Während die Neuköllner Anarchisten jedwede Diskussion ablehnten, weil die Positionen ja doch klar seien, gab es vom weiteren Publikum schon Fragen nach der Wohnungspolitik von »Stadt und Land« und nach sozialer Verträglichkeit bei gleichzeitiger Aufwertung  im Stadtteil.

Insgesamt kam das Podium nur wenig zu Wort, die Nerven des Moderators lagen blank, und der Hausherrin, der Pfarrerin Elisabeth Kruse, war der Zorn ins Gesicht geschrieben.

ro

Viele Wohnungen und noch mehr Büros

Schwerer Stand für Senator Müller bei Vorstellung des Bebauungsplanes fürs Tempelhofer Feld

Die Stadt braucht dringend günstige Wohnungen. Damit begründet Bausenator Michael Müller seit Monaten die Pläne für eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes. 4.700 Wohnungen sollen hier entstehen. Bei einer »Erörterungsveranstaltung«, die am 15. Oktober im Hangar 2 des alten Flughafens stattfand, wurden die ersten Bebauungspläne für die Baufelder am Tempelhofer Damm und entlang des Stadtrings vorgestellt.
Bei näherem Hinsehen stellt sich allerdings heraus, dass lediglich rund 30 Prozent der gesamten Fläche für Wohnungen vorgesehen ist. Auf dem weitaus größeren Teil sind Bürogebäude und Gewerbeansiedlungen geplant. Die sollen sich als breiter Riegel sowohl entlang des Tempelhofer Damms als auch der Autobahn hinziehen.
Müller sagte, das Tempelhofer Feld würde gebraucht, um auch neue Wohnungen in der Innenstadt zu schaffen. Es sei »zutiefst unsozial« zu sagen, alles solle bleiben wie es ist und diejenigen, die neu in die Stadt kommen, könnten doch an den Rand ziehen. Privatisiert werden solle es nicht, daher habe er Vorverträge mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften »Degewo« und »Stadt und Land«, sowie der »Baugenossenschaft Ideal« abgeschlossen. Wer allerdings all die Bürogebäude errichten wird, das sagte er nicht.

Senator Müller und der Bürger protestiert! Foto: mr
Senator Müller und der Bürger protestiert!Foto: mr

 

 

Neben der Bebauung ist gegenüber dem Flughafengebäude ein 500 Meter langes und bis zu 120 Meter breites Regenwasserbecken geplant. Das soll zwar für Wassersportveranstaltungen genutzt werden können, geplanscht werden darf darin allerdings nicht. Dagegen soll hier ein neuer Lebensraum für Amphibien und Insekten entstehen.
Die beim Bau anfallenden Erdmassen werden zu einem 70 Meter breiten und bis zu drei Meter hohen Wall aufgeschüttet, der in einem weiten Halbkreis über das Feld durch derzeit geschützte Brutgebiete der Feldlerchen verlaufen soll. Die müssen dafür ins Brandenburgische umziehen. Wasserbecken und Wall gelten als Ausgleich für die durch die Bebauung verlorengehenden Flächen.
Aus dem Publikum hagelte es Kritik gegen diese Planungen. Die Kritiker warfen dem Senator vor, der Informationsabend sei eine reine Alibi-Veranstaltung, weil die Pläne ohnehin schon feststünden. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung sei für Politik und Verwaltung nur eine lästige Farce.
Müller wies die Vorwürfe zurück. »Es wird nicht eins zu eins etwas durchgezogen«, sagte er. Ein Beispiel dafür sei die Internationale Gartenausstellung 2017, die in die »Gärten der Welt« nach Marzahn verlegt wurde. Dabei vergaß er allerdings zu erwähnen, dass der eigentliche Grund für die Verlegung die Terminkollision mit der Modemesse »Bread and Butter« war.
Der Umweltverband »BUND« will gegen die Senatspläne für das Tempelhofer Feld vor Gericht ziehen. Weder Wasserbecken noch Damm seien ökologisch sinnvoll. Der Rundweg führe nicht zu einer Verbesserung der Zugänglichkeit des Feldes, da dadurch bestehende Wegeverbindungen abgeschnitten oder zurückgebaut werden müssten.
Auch die Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« setzt sich dafür ein, das Feld in seiner Gesamtheit als Erholungsfläche zu erhalten und sammelt deshalb Unterschriften für einen Volksentscheid. 174.000 Berliner müssen bis zum 13. Januar unterschrieben haben, damit die nächste Stufe des Volksbegehrens erreicht wird. Dann können die Berliner an der Wahlurne über die Zukunft des Feldes entscheiden.

mr

Ufa-Bäckerei kämpft ums Überleben

Traditionsreicher alternativer Betrieb ist ins Schlingern geraten

Im alten Westberlin vor 34 Jahren entstand durch die friedliche Besetzung des früheren Filmareals des alten UFA-Geländes in Tempelhof ein neuer Lebensraum für Menschen, die nach alternativen Lebensformen suchten. Der Name Juppy steht noch heute für ein Leben in der Kommune. In dieser kleinen Stadt in der Stadt entstanden Betriebe. Eines der ersten war die UFA-Bäckerei. Ausgerechnet dieser Betrieb, dessen Brot nicht nur gesund Sattwerden bedeutet, sondern auch eine Lebensform darstellt, droht nun das Aus.

Die Bäckerei befindet sich in der Insolvenz. Als im Jahr 2000 der Geschäftsführer der UFA-Bäckerei schwer krank wurde, konnte er sich nicht mehr so um die Bäckerei kümmern, wie es sein sollte. Die Folge war, dass er Kredite aufnahm. Nachdem er ein Jahr später starb, übernahm Elisabeth Karnasch den Betrieb mit immerhin 60 Mitarbeitern. Die Kredite konnten bedient werden bis im vergangenen Jahr die Verkettung unglücklicher Umstände den Betrieb ins Straucheln brachte.

Kleine Bioläden verschwanden, Bioladenketten nahmen ihren Platz ein und erhöhten den Preisdruck. Das Backen von Brot und Brötchen wurde für die UFA-Bäckerei immer unrentabler. Der lange und kalte Winter, der immerhin sechs Monate dauerte, ließ die Absätze auf den Märkten schwinden, die Kunden suchten bei frostigen Temperaturen doch lieber ein Geschäft auf. Wen wundert es, dass bei diesen Temperaturen auch noch der Krankenstand der Mitarbeiter in die Höhe schnellte. Das kostet. Jedoch nehmen Kredite keine Rücksicht auf Wetter und Krankenstand. Erschwerend kam hinzu, dass die Sommerferien sehr früh begannen und somit die Stammkundschaft in den Ferien war.

Unser täglich Brot soll erhalten bleiben.
Unser täglich Brot soll erhalten bleiben. Foto: fh

Die UFA-Bäckerei ist ein wahrlich traditioneller Handwerksbetrieb. In der kleinen Backstube wird noch alles von Hand gefertigt, Maschinen finden hier keinen Platz. Die hier arbeitenden Bäcker müssen also ihr Fach verstehen. Immerhin backen sie je nach Wochentag 1000 bis 1500 Brote und 2000 bis 4000 Brötchen. Selbst das Getreide wird in der hauseigenen Mühle zu Mehl gemahlen. Ab und zu, wenn der Wind genügend bläst, gibt die Bäckerei Getreide an die Britzer und Marzahner Mühle ab, wo ausgebildete Müller nach traditioneller Art Mehl mahlen. Gäste können dann unter fachlicher Führung das Handwerk besichtigen.

Selbst in der aktuellen kritischen Situation ist Karnasch zuversichtlich. Sie saniert den Betrieb, will aber keine Mitarbeiter entlassen. Märkte, auf denen die UFA-Bäckerei ihre Brote verkauft, kommen nun auf den Prüfstand. Sie versicherte allerdings, dass auf dem Schillermarkt und am Wochenmarkt Maybachufer das Brot weiterhin zu kaufen ist. Auch im „Liberda“ in der Pflügerstraße gibt es weiterhin UFA-Brot.

Es wäre schade, wenn die UFA-Bäckerei schließen müsste. Sie ist mehr als ein Biobäcker, sie ist auch Lebensgefühl. Deshalb sollten Brotesser gerade jetzt dieses Brot kaufen.

»Bündnis für Bezahlbare Mieten Neukölln«

Große Auftaktveranstaltung spiegelt die Wichtigkeit der Mietenpolitik wider

Das Thema »Mieten« ist eindeutig wichtig und bedrückt viele Menschen in Neukölln und Berlin. Kein Wunder also, dass das »Bündnis für Bezahlbare Mieten Neukölln« mit großem Erfolg am 12. August im Foyer der Quartiers-halle an der Rütlistraße gegründet wurde.  Etwa 160 Menschen aus unterschiedlichen Bereichen trafen sich. Der Initiator war der Quartiersrat Reuterplatz. Schon im Vorfeld waren etliche Mieterinitiativen an dem neuen Bündnis interessiert und strebten die Vernetzung der Kiezbündnisse an.
Nach den einführenden Worten des Quartiersrats Reuterkiez erzählte die von Sanierung betroffene Mieterin Heike Thomas in mitreißenden Worten ihre Geschichte. Sie hat einen dreijährigen Kampf gegen massive Mietsteigerung durch Modernisierung erfolgreich hinter sich gebracht. Ihre Erfahrungen, auf die sich auch ihre Hausgemeinschaft gestützt hat, machten den Veranstaltungsteilnehmern Mut, sich zu wehren.
In mehreren Arbeitsgruppen erfolgte dann unter professioneller Moderation eine Bestandsaufnahme der persönlichen Erfahrungen und Handlungsoptionen, Forderungen an die Politik wurden diskutiert und entwickelt. Mit dabei waren Politiker aller Parteien aus der Bezirksverordnetenversammlung und dem Abgeordnetenhaus. Sie hörten aufmerksam zu und waren zum Teil höchst erstaunt, welche  Handlungsmöglichkeiten an den Tischen entwickelt wurden.
Die Veranstaltung wird mit Sicherheit die Wirkung bei der Politik haben, dass die Vertreter, die sich nicht um die Mietenproblematik kümmern, auch nicht wiedergewählt werden.

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Bestandsaufnahme und Forderungen

Mieter kämpfen um bezahlbaren Wohnraum

Die Bestandsaufnahme bei der Auftaktveranstaltung »Bündnis für Bezahlbare Mieten Neukölln« war dann auch keine große Überraschung, jedoch verdeutlichten die Teilnehmer die Probleme. Beklagt wurde die Höhe der Mieten bei Neuvermietungen. Im Schillerkiez wurde für eine nicht luxusmodernisierte Wohnung ein Quadratmeterpreis von 13 Euro nettokalt gefordert. Das hat zur Folge, dass der Anteil der Miete am Einkommen weiter steigt.
Menschen in prekären Lebenssituationen haben beim besten Willen keine Chance mehr, eine Wohnung zu finden, die vom Jobcenter bezahlt wird. Selbst die städtischen Wohnungsbaugesellschaften fordern inzwischen Mieten, die deutlich über dem Satz liegen, den das Jobcenter übernimmt.
Die Feststellung, dass Mietwohnungen an Touristen als Ferienwohnungen vermietet werden, ist auch nicht neu. Jedoch besteht die berechtigte Befürchtung, dass Verdrängung von Menschen aus dem Kiez genau auf diesem Wege passiert. An dieser Stelle musste auch die Frage gestellt werden, ob das alles legal sei, was die Neuköllner in ihren Häusern erleben.
Ebenso vielfältig wie die Bestandsaufnahme waren dann auch die möglichen Handlungsoptionen. Angefangen von Mieterversammlungen, der Gründung von weiteren Mieterinitiativen und Genossenschaftsprojekten bis hin zur Erstellung eines Regis­ters für »Heuschrecken«, staunten einige unbeteiligte Besucher doch über den Einfallsreichtum der Neuköllner.
Aber auch die Politik wurde gefordert: Kein Verkauf von Wohnungen im öffentlichen Besitz, Leerstand erfassen, Kappungsgrenze bei Neuvermietungen, Schutz bei Modernisierung, Ferienwohnungen beschränken, um  nur einige Punkte zu nennen.
Insgesamt hat dieser Mut machende Abend einen Eindruck bei den gewählten Volksvertretern hinterlassen. Sie haben feststellen müssen, dass hier Handlungsbedarf besteht. ro

Brutalarchitektur auf dem Tempelhofer Feld

See vernichtet Lebensraum der Feldlerchen

Der Senat möchte jährlich 300.000 Euro an Abwasserkosten für das Tempelhofer Feld sparen. Dafür soll jetzt ein neues Regenwasserauffangbecken für 20 Millionen Euro gebaut werden.
Von einem naturnahen Biotop, wie es bei den diversen Werbeveranstaltungen versprochen wurde, die »Grün Berlin« regelmäßig als Bürgerbeteiligung verkauft, ist dabei allerdings keine Rede mehr. Nach den Planungsunterlagen, die der »Bürgerinitiative 100% Tempelhof« vorliegen, ist eher mit Brutalarchitektur zu rechnen.
Der See soll 22.500 Quadratmeter Wasserfläche umfassen, bei einer Tiefe von bis zu sechs Metern. Das entspricht der Größe des Teufelssees im Grunewald. Der dabei anfallende Aushub wird zu einem bis zu 3,25 Meter hohen und bis zu 72 Meter breiten Damm aufgeschüttet, der sich dann in einem weiten Bogen vom See über die nördliche Rollbahn hinaus bis zur Tempelhofer Seite zieht.  Auf vier bis fünf Meter breiten Betonwegen sollen zukünftig Versorgungsfahrzeuge bis dicht an das Ufer fahren können, um bei Veranstaltungen »Boote und Pontons ohne Krananlage« zu Wasser lassen zu können. Diese Maßnahmen würden ein Drittel des gesamten Feldes nachhaltig verändern.

Geplanter See auf dem T-Feld.Quelle: thf100
Geplanter See auf dem T-Feld.Quelle: thf100

Aufgrund des Antrags der »Grün Berlin Stiftung« wurde vom Amt für Umwelt und Naturschutz des Bezirks Tempelhof-Schöneberg genehmigt, innerhalb des Walles 35 Brutplätze der Feldlerchen zu beseitigen. Das sind 25 Prozent der auf dem Tempelhofer Feld vorhandenen Habitate (Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Arten).
Begründet wird die Ausnahmeerlaubnis damit, dass zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorlägen. Ersatzhabitate sollen in Brandenburg geschaffen werden.

Riesenwall auf dem Tempelhofer Feld – »Grün Berlin« schafft Fakten

dungsgutachten kommt zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass über das Feld verstreut rund 20 Altlastenverdachtsflächen zu finden sind. Untersucht und zur Sanierung geraten wurde unter anderem auch im Bereich des alten Hafens, der direkt an den See angrenzt. Damit ist zu erwarten, dass auch der Abraum, der beim Bau anfällt, verseucht ist und saniert werden muss. Das wird die Kosten dann wohl noch weiter in die Höhe treiben.
Die Planer von »Grün Berlin« erwarten, dass die im Jahr durchschnittlich anfallenden   Regenwassermengen ausreichen, um die Wasserverdunstung auf der 22.500 Quadratmeter großen Wasserfläche auszugleichen. Ein Defizit soll mit Wasser aus den Tiefbrunnen ausgeglichen werden. Überschüsse dürfen in den zur Freifläche hin gelegenen Versickerungsstreifen eingeleitet oder zu Bewässerungszwecken verwendet werden.
Badewasserqualität ist ausdrücklich nicht zu erwarten. Trotzdem sind Sportveranstaltungen wie Triathlon oder die Nutzung durch Sportarten wie Kanufahren oder Rudern im Wasserbecken geplant.
Die »Bürgerinitiative 100% Tempelhof« befürchtet, dass das aufgefangene Regenwasser entgegen der Meinung der Verwaltung doch zu hoch belastet ist und deshalb auch im »Notfall« nicht auf dem Tempelhofer Feld versickert werden darf, weil dann die Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers möglich erscheint. Sie meldet deshalb Zweifel an, ob die wasserrechliche Genehmigung zu Recht erteilt wurde.
Derzeit laufen Ausschreibungen zur Einrichtung der Baustelle und zur Errichtung eines viereinhalb Kilometer langen Bauzauns. Im Oktober sollen die Bagger anrollen, ungeachtet dessen, dass ein Volksbegehren zum Erhalt des Tempelhofer Feldes läuft, für das die Unterschriftensammlung im September beginnen soll. Offensichtlich sind Senat und »Grün Berlin« wild entschlossen, Fakten zu schaffen, bevor die Bürger möglicherweise anders entscheiden könnten.

Türkei im Protestfieber

Einfallsreiche Aktivisten verblüffen den türkischen Ministerpräsidenten

 

Es ist wie seinerzeit, als die Weltöffentlichkeit auf den Tahrir-Platz in Kairo schaute. Heute sind es der Istanbuler Gezi-Park und der benachbarte Taksim-Platz.
Der Gezi-Park ist nicht irgendein Park. Ursprünglich war hier ein armenischer Friedhof. 15 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern wurde der Friedhof 1930 völlig zerstört. Die Marmorgrabsteine wurden verkauft, einige wurden für den Bau der Fontäne und der Stufen des Parks verwendet.
Aus dem Widerstand von Umweltaktivisten, die Bäume im Gezi-Park retten wollten, weil dort ein Einkaufszentrum entstehen soll, entstand eine politische Bewegung gegen Ministerpräsident Racep Tayyip Erdoğan.
Seit zehn Jahren beschränkt Erdoğan die Bürgerrechte der Türken. So setzt er sich für die Wiedereinführung der Todesstrafe ein. Das seit 30 Jahren liberale Abtreibungsrecht hat er abgeschafft und bezeichnet Schwangerschaftsabbrüche als Mord. Alkoholkonsum, in der Türkei ohnehin eher unüblich, hat er überflüssigerweise   ab 22 Uhr verboten.
Nachdem der Ministerpräsident seinen Innenminister veranlasste, mit Polizeieinsätzen massiv gegen die Demonstranten vorzugehen, löste er eine Welle des Protests im ganzen Land aus. Bis heute wird in ungefähr 80 Städten demonstriert. Dank Facebook und Twitter vernetzen sich die Demonstranten und lassen sich immer wieder neue Aktivitäten einfallen. Mit dem stillen Prostest, bei dem die Demonstranten standen und schwiegen, konnte der Polizeieinsatz verhindert werden. Mit regelmäßigen Diskussionsveranstaltungen an  brisanten Orten schaffen sie Sensibilität für ihre politischen Anliegen.

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Unterstützung aus Neukölln für die Protestbewegung in der Türkei.

 

Besonders unglücklich erwies sich der Aufruf des türkischen Ministerpräsidenten an die Mütter, dass sie doch ihre Kinder von den Demonstrationen nach Hause holen mögen. Die Mütter packten die Picknickkörbe, gingen zu den Demonstrationen, suchten ihre Sprösslinge und blieben. Erdoğan  hätte wissen müssen, dass es gefährlich ist, sich mit Müttern anzulegen.
Es passt in das Gesamtbild, dass die türkische Presse falsche oder gar keine Informationen publiziert. Gegen die sozialen Netzwerke hat sie allerdings keine Handhabe, so dass die Weltöffentlichkeit sehr wohl einen realen Eindruck von den Geschehnissen bekommt.
Die Türkin Hülya Karci ist die Regisseurin der Neuköllner Theatergruppe »Sultaninen«. Sie besucht regelmäßig die Demonstrationen in Istanbul. Karci freut sich über den kreativen Widerstand und setzt den stillen Protest mit der Theatergruppe spontan auch in Berlin um.
Sie setzt große Hoffnungen in die Bewegung: »In meinem Land wird nichts so bleiben wie es ist«.  So sehen das offensichtlich auch etliche Abgeordnete des Berliner Senats. Auch sie besuchen die Demonstranten und unterstützen das Anliegen nach mehr Demokratie.

Widerstand lohnt sich

Rezept gegen die Vertreibung aus der Mietwohnung

Klaus E. sieht aus, als komme er aus der avantgardistischen Kunstszene Berlins. Mit seinen vielen Ringen und Ketten könnte er auch zum Karl Lagerfeld der Emser Straße erklärt werden. Vor ungefähr 17 Jahren ist Klaus nach Neukölln gezogen, in einer Zeit, als viele Vermieter noch mit »Frei« Mieten lockten.

Die Geschichte von Klaus beginnt allerdings in Moabit. Damals wohnte er zur Untermiete in einer Wohngemeinschaft. Von heute auf morgen wurde ihm gekündigt. Mit einer schizoaffektiven Störung stand Klaus damals hilflos auf der Straße. Untergekommen ist er im »Weglaufhaus«, einer antipsychiatrisch orientierten Kriseneinrichtung in Berlin. Nach neun Monaten bot ihm das zuständige Amt eine Wohnung in der Emser Straße 71 an. Ein Zimmer auf 40 qm ohne Heizung und Warmwasser, dafür äußerst günstig. Klaus griff sofort zu. Der ehemalige Betriebswirt und Koch lebt von seiner kleinen Rente, die aufgestockt wird. Im Mai ist Klaus 71 Jahre alt geworden. Vor zwei Jahren dann der große Schreck. Klaus bekommt ein Kündigungsschreiben der Immobilien Firma »TARSAP Immobilienberatung Berlin Brandenburg GmbH«.

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In dem Schreiben heißt es, dass seine Miete nach der Sanierung erhöht wird.

Doch langfristiges Ziel der Firma sei es, die Wohnungen an Privatkäufer zu verkaufen. Das ganze Haus wird einer Generalrenovierung unterzogen.

Auch von einem Fahrstuhl ist die Rede. Klaus findet das alles toll, nur wie soll er in Zukunft die Miete bezahlen? Um eine neue Sozialwohnung zu bekommen, müsste er etwa eineinhalb Jahre warten. So wie Klaus geht es gerade vielen Neuköllnern. Die Nachfrage nach Wohnungen im Berliner Trendbezirk Neukölln steigt stetig. Trotz seiner vielen sozialen Brennpunkte und der hohen Arbeitslosigkeit punktet der Bezirk weiter. Immobilienbesitzer freuen sich über die große Nachfrage und renovieren in Rekordzeit. Alte Mieter, die nicht zu den Zahlungskräftigen gehören, werden durch eine Mieterhöhung rausgemobbt. Doch Klaus will sich das nicht gefallen lassen. Als erstes versucht er, bei den Behörden und Ämtern Hilfe zu holen. Hier fühlt sich keiner verantwortlich. Dann nimmt sich Klaus einen Anwalt. Nun wird ein Gegenvorschlag der »TARSAP GmbH« eingereicht. Klaus willigt einer Mieterhöhung zu, wenn diese auch mit seinem Status bezahlbar bleibt. Noch ist unklar, ob Klaus in seiner Wohnung bleiben darf.

»Buschkowsky interessiert sich doch nicht für die Vertreibung der Bewohner in Neukölln, doch Widerstand lohnt sich. Mein Anwalt hat mir gute Chancen versichert«, so Klaus.tz

»Morus14« gerettet

Weihnachtsfeier mit Spendenpräsentation

Es war kein leichtes Jahr für das »Morus 14«. Nach einem optimistischen Beginn 2012 ging dem Verein im Laufe des Jahres fast das Geld aus.

Das »Morus 14« finanziert sich ausschließlich über Spenden und zeichnet sich durch seine Schülerhilfe aus. Ungefähr 100 Kinder aus dem Rollbergkiez erhalten hier von ehrenamtlichen Helfern Nachhilfeunterricht mit großem Erfolg.

»Morus 14«.Foto: fh
»Morus 14«.                                                             Foto: fh

Mit einem großen Knall musste sich der Geschäftsführer des »Fördervereins Morus 14 e.V.«, Gilles Duhem, im Herbst von seinem Job verabschieden, es war kein Geld mehr für sein Honorar da. Das Projekt stand auf der Kippe. Mit einer spektakulären Medienkampagne machte Duhem auf den finanziellen Notstand des Vereins aufmerksam – mit Erfolg. Stolz konnte er das Ergebnis im Dezember präsentieren. Neben vielen kleinen Spenden rettete die Firma »Wall« den Verein mit einem fünfstelligen Betrag. Die Arbeit ist damit für 2013 gesichert.

Gebührend war dann auch der festliche Akt, bei dem die SPD-Abgeordneten Raed Saleh und Erol Özkaraca für die Gäste kochten. Beide Politiker haben keine deutschen Wurzeln und überraschten mit traditionell deutscher Küche. Bei Ente, Klößen und Rotkohl fand die Feier einen krönenden Abschluss.        ro