Brutalarchitektur auf dem Tempelhofer Feld

See vernichtet Lebensraum der Feldlerchen

Der Senat möchte jährlich 300.000 Euro an Abwasserkosten für das Tempelhofer Feld sparen. Dafür soll jetzt ein neues Regenwasserauffangbecken für 20 Millionen Euro gebaut werden.
Von einem naturnahen Biotop, wie es bei den diversen Werbeveranstaltungen versprochen wurde, die »Grün Berlin« regelmäßig als Bürgerbeteiligung verkauft, ist dabei allerdings keine Rede mehr. Nach den Planungsunterlagen, die der »Bürgerinitiative 100% Tempelhof« vorliegen, ist eher mit Brutalarchitektur zu rechnen.
Der See soll 22.500 Quadratmeter Wasserfläche umfassen, bei einer Tiefe von bis zu sechs Metern. Das entspricht der Größe des Teufelssees im Grunewald. Der dabei anfallende Aushub wird zu einem bis zu 3,25 Meter hohen und bis zu 72 Meter breiten Damm aufgeschüttet, der sich dann in einem weiten Bogen vom See über die nördliche Rollbahn hinaus bis zur Tempelhofer Seite zieht.  Auf vier bis fünf Meter breiten Betonwegen sollen zukünftig Versorgungsfahrzeuge bis dicht an das Ufer fahren können, um bei Veranstaltungen »Boote und Pontons ohne Krananlage« zu Wasser lassen zu können. Diese Maßnahmen würden ein Drittel des gesamten Feldes nachhaltig verändern.

Geplanter See auf dem T-Feld.Quelle: thf100
Geplanter See auf dem T-Feld.Quelle: thf100

Aufgrund des Antrags der »Grün Berlin Stiftung« wurde vom Amt für Umwelt und Naturschutz des Bezirks Tempelhof-Schöneberg genehmigt, innerhalb des Walles 35 Brutplätze der Feldlerchen zu beseitigen. Das sind 25 Prozent der auf dem Tempelhofer Feld vorhandenen Habitate (Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Arten).
Begründet wird die Ausnahmeerlaubnis damit, dass zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorlägen. Ersatzhabitate sollen in Brandenburg geschaffen werden.

Riesenwall auf dem Tempelhofer Feld – »Grün Berlin« schafft Fakten

dungsgutachten kommt zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass über das Feld verstreut rund 20 Altlastenverdachtsflächen zu finden sind. Untersucht und zur Sanierung geraten wurde unter anderem auch im Bereich des alten Hafens, der direkt an den See angrenzt. Damit ist zu erwarten, dass auch der Abraum, der beim Bau anfällt, verseucht ist und saniert werden muss. Das wird die Kosten dann wohl noch weiter in die Höhe treiben.
Die Planer von »Grün Berlin« erwarten, dass die im Jahr durchschnittlich anfallenden   Regenwassermengen ausreichen, um die Wasserverdunstung auf der 22.500 Quadratmeter großen Wasserfläche auszugleichen. Ein Defizit soll mit Wasser aus den Tiefbrunnen ausgeglichen werden. Überschüsse dürfen in den zur Freifläche hin gelegenen Versickerungsstreifen eingeleitet oder zu Bewässerungszwecken verwendet werden.
Badewasserqualität ist ausdrücklich nicht zu erwarten. Trotzdem sind Sportveranstaltungen wie Triathlon oder die Nutzung durch Sportarten wie Kanufahren oder Rudern im Wasserbecken geplant.
Die »Bürgerinitiative 100% Tempelhof« befürchtet, dass das aufgefangene Regenwasser entgegen der Meinung der Verwaltung doch zu hoch belastet ist und deshalb auch im »Notfall« nicht auf dem Tempelhofer Feld versickert werden darf, weil dann die Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers möglich erscheint. Sie meldet deshalb Zweifel an, ob die wasserrechliche Genehmigung zu Recht erteilt wurde.
Derzeit laufen Ausschreibungen zur Einrichtung der Baustelle und zur Errichtung eines viereinhalb Kilometer langen Bauzauns. Im Oktober sollen die Bagger anrollen, ungeachtet dessen, dass ein Volksbegehren zum Erhalt des Tempelhofer Feldes läuft, für das die Unterschriftensammlung im September beginnen soll. Offensichtlich sind Senat und »Grün Berlin« wild entschlossen, Fakten zu schaffen, bevor die Bürger möglicherweise anders entscheiden könnten.