Rückkehr ins Plattenparadies

Schöner in Musik stöbern im wiedereröffneten »A&V«

Compact Discs, ein Medium vorm Aussterben? Jüngere Generationen machen sie jedenfalls nicht mehr an. Zu teuer, empfindlich und platzbeanspruchend. Im Netz ist doch alle Musik ständig verfügbar, auch unterwegs und für ein paar Cent am Tag. Das schwarze Gold, die Vinylplatte, setzt noch einen Gegenpol und erarbeitet sich ein wachsendes Tortenstück vom Markt – mit warmem, vollem Sound und kreativer Verpackungskunst. Wer trotz Streaming, Youtubing und Bluetoothing nicht auf das Haptisch-Rituelle beim Musikgenuss verzichten möchte, hat in unserem Kiez erfreulich viele Möglichkeiten, in Kisten zu stöbern und dabei ein meist günstiges Schnäppchen zu machen.

DIE Welt ist viele Scheiben.                                                                                                                                                 Foto: hlb

Im »A&V Records«, just zu »48h Neukölln« mit erneuertem Angebot und stabileren Stahltischen wiedereröffnet, kommt jede Menge heiße, mitunter obskur-kuriose, oft DJ-rettende Ware in die Kisten. Von alten Top-Schlager-Singles über LPs mit Gorki-Lesungen, Arbeiterliedern oder rumänischer Folklore bis zu CDs mit dem Feinsten aus Jazz, Blues, Country, Chanson, Reggae, HipHop, Wave, House, Disco, Italo, Metal, Klassik, Schlager, kurzum: von allem etwas, warten an die 6.000 Scheiben auf ihre Wiederentdeckung.
Inhaber Gerhard handelt seit fast 35 Jahren mit Platten und wohnt fast ebensolang gleich nebenan. Umso froher war er, dass er nach Recordstores in Mitte und Friedrichshain (sein »O-Ton« musste er dort nach zehn Jahren schließen) sich Ende 2013 diese Räumlichkeiten sichern und zu einem schmucken stuckverzierten Ladenlokal umbauen konnte. Hier zelebriert er – neben seinem Stand auf dem »Nowkölln Flowmarkt« – die Second-Hand-Faszination, gelassen kuratierend und mit stressfreiem Preiskonzept: Alle CDs und LPs kosten fünf, doppelte acht Euro, und draußen stehen noch mal Angebots-LPs für 3 Euro. Exquisite Spezialitäten sind insbesondere in der Jazz- und Rockecke und bei den DDR- und osteuropäischen Scheiben zu finden. Zudem sind Film- und Musik-DVDs im Programm, für die es lohnt, sich mal unter die Tische zu bücken.
Plattenspieler zum Reinhören sind natürlich auch vorhanden, und wer sich warum auch immer von seinen Schätzchen trennen muss: Gerhard kauft (»A&V« wie An- und Verkauf) auf. Also: Legt doch mal wieder was schönes Rundes auf!

hlb
A&V Recordstore,
Friedelstr. 7, Mo – Sa 12 – 20 Uhr, oton@gmx.de,
Tel. 624 7331