Zwischen Kavallerie und Coffeeshop

Politik diskutiert neue Wege zur Drogenbekämpfung

Die Gegend um den S-Bahnhof Neukölln hat sich seit geraumer Zeit zu einem Schwerpunkt des Drogenkonsums und -handels entwickelt. Anwohner und Ladenbesitzer beschweren sich über steigende Kriminalität, Konsumenten, die sich in aller Öffentlichkeit ihre Drogen spritzen und zunehmende Vermüllung.

Drogentor Neukölln.                                                                                                                                            Foto: mr

Wie mit diesem Problem umgegangen werden soll, war der Inhalt zweier großer Anfragen der Grünen und der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 10. Mai.
Bei den Drogenkonsumenten handle es sich überwiegend um Menschen aus dem osteuropäischen Raum, erklärte Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU). »Neben der Suchtproblematik sind die Menschen von Existenznot und Wohnungslosigkeit betroffen, die mit psychosozialen und gesundheitlichen Verelendungstendenzen einhergehen.« So seien viele von ihnen Opfer von Ausbeutung im Baugewerbe, wo sie kurze Zeit illegal beschäftigt wurden und keinen oder nur einen geringen Lohn erhielten. Ziel des Bezirksamts sei es, einerseits zusammen mit der Berliner Polizei den Kampf gegen die Drogendealer zu verstärken, andererseits den suchtkranken Menschen besser zu helfen.
Daher sei auch eine dauerhafte Einrichtung von Hilfsangeboten erforderlich. Neben der Intensivierung der Straßensozialarbeit werde voraussichtlich ab Juni ein Drogenberatungs und -konsummobil in der Kirchhofstraße aufgestellt. Dort können Süchtige unter Aufsicht ihre mitgebrachten Drogen einnehmen. Dafür arbeitet der Bezirk mit dem Verein »Fixpunkt« zusammen, dessen Mitarbeiter die Süchtigen zu Entzugsmöglichkeiten beraten, Bluttests anbieten, aber auch Drogenbestecke sicher entsorgen.
Für mehr Sicherheit der Anwohner solle eine stärkere Polizeipräsenz im und um den Bahnhof, härtere und konsequente Strafen für Drogendealer sowie Video­überwachung im gesamten Bahnhofsbereich sorgen.
Von der SPD kam in der anschließenden Diskussion Zustimmung für diese Art der Problembewältigung durch Hilfe und Strafen. »Wenn man nur die Kavallerie schickt, verlagert sich das Problem und ist dann irgendwann in Rudow«, meinte Fraktionsführer Martin Hikel.
Die Grünen sehen die Lösung des Problems eher in einer weitgehenden Legalisierung des Drogenkonsums. »Drogen allein machen weder kriminell noch krank. Die Krankheit kommt durch die fehlende Kontrolle der Sauberkeit, der Reinheit der Substanzen oder der Spritzen. Die Kriminalität entsteht durch den Schwarzmarkt«, sagte Karin Nadrowski. »Die Drogenpolitik ist krachend gescheitert«, sagte Bernd Szczepanski und schlug vor, sich ein Beispiel an Portugal zu nehmen. Dort wurde seit 2001 der Drogenbesitz weitgehend entkriminalisiert. Ein Eldorado für Süchtige wurde es trotzdem nicht. Im Gegenteil, der Drogenkonsum ging deutlich zurück.
mr