Für ein solidarisches Europa

DIE LINKE-Kandidatin Judith Benda im Gespräch mit Sylvia-Fee Wadehn

Judith Benda argumentiert.                                                                                                                                                   Foto: fh

Mit Sylvia-Fee Wadehn und Judith Benda trafen im Bierbaum 3 zwei erklärte Kämpferinnen für soziale Gerechtigkeit aufeinander. Wadehn, die Gründerin und Geschäftsführerin der MoRo-Senioren, die seit kurzem auch in der Neuköllner Seniorenvertretung sitzt, trug im Kneipengespräch der Kiez und Kneipe zur Bundestagswahl die Probleme aus ihrer alltäglichen Arbeit an die Neuköllner Direktkandidatin der LINKEN heran.
So nahm das Thema Rentengerechtigkeit einen großen Teil der Diskussion ein. Wadehn berichtete von zunehmender Altersarmut unter den von ihr betreuten Senioren und forderte, dass nicht immer nur an die Zukunft gedacht werden könne. Um dieses akute Problem zu lösen, sollte laut Benda der Mindestlohn auf zwölf Euro erhöht und außerdem alle, auch Beamte und Selbstständige, in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen – so würden direkt die Beitragszahlen steigen. Langfristig will sie das Renteneintrittsalter auf 65 festlegen und eine »solidarische Mindest­rente« von 1050 Euro einführen.
Besonders betroffen von Altersarmut sind Frauen, ein Phänomen, mit dem Wadehn in ihrer Arbeit konfrontiert ist. Berufe, die üblicherweise von Frauen ausgeführt werden, müssten daher gerechter entlohnt werden, und auch die unbezahlte Haus- und Pflegearbeit sollte mehr Anerkennung erfahren, sagte Benda. Es reiche nicht, nach neoliberalem Ansatz einfach mehr Frauen in Führungspositionen zu fordern (für eine Quote sprach sich die Politikerin dennoch aus), es müsse einen gesamtgesellschaftlichen Wandel der immer noch dominanten Geschlechterrollen geben. »Da befinden wir uns doch noch auf demselben Stand wie vor 50 Jahren« sagte Wadehn, und auch Benda hat das Gefühl, immer noch die Kämpfe ihrer Mutter und Großmutter auszutragen.
Als Sprecherin des Mieterbeirats Rollberg interessierte sich Wadehn auch für Wohnungspolitik. Benda plädierte dafür, Mieten einzufrieren wenn keine Wertsteigerung der Wohnung nachweisbar sei und sagte, »wir dürfen, egal wie platt das klingt, die Wohnungen nicht den Spekulanten überlassen«. Es sei möglich, Immobilienfonds die Zulassung zu entziehen, und Wohnen sei ohnehin ein Grundrecht und kein Wirtschaftsgut. Die Vorstellung, der freie Markt würde von selbst den Wohnungsbedarf ausreichend decken, halte sie für widerlegt. Ein Beispiel könnte man sich an Wien nehmen, wo traditionell Mieter viel stärker eingebunden sind und mehr Mitbestimmungsrechte haben.
Das persönliche Kernthema der 29-jährigen Benda ist durch ihre Arbeit im Verbindungsbüro des Bundestags in Brüssel die EU. Wadehn wünschte sich hier, dass das europäische Projekt positiver wahrgenommen werden sollte, etwa indem deutlicher gekennzeichnet werde, wo EU-Gelder einfließen. Auch Benda erklärte sich als überzeugte »Europäerin«, aber hatte einige Kritikpunkte gegenüber den europäischen Institutionen. Die Prozesse müssten demokratisiert werden und das Ziel der Union wegführen von einer neo­liberalen Kürzungspolitik hin zu einer solidarischen sozialpolitischen Union.
Ein Ziel in ihrem Wahlkampf sei es auch, die Wähler anzusprechen, zu denen der Kontakt verloren gegangen sei. Wadehn betonte ebenfalls, wie wichtig es sei, dass die Politiker den Menschen wieder zuhören. »70 Prozent der AfD-Wähler haben die AfD gewählt, um den etablierten Parteien einen Denkzettel zu verpassen«, sagte Benda. Sie will nun mit der LINKEN eine Partei in den Wahlkampf führen, die grundlegende Systemkritik äußert und so enttäuschten Nichtwählern eine Perspektive bietet.

jt